Trossinger Zeitung

Kerber triumphier­t in Wimbledon

Angelique Kerber rückt durch ihren Triumph in Wimbledon in den Kreis der deutschen Tennis-Legenden

-

LONDON (dpa) - Angelique Kerber auf Steffi Grafs Spuren: Mit einem klaren 6:3, 6:3 gegen die US-Amerikaner­in Serena Williams gewann die Kielerin am Samstag als erste Deutsche seit 22 Jahren das traditions­reiche Tennisturn­ier von Wimbledon. Nach ihrem dritten Grand-Slam-Titel klettert die 30-Jährige unter die besten Fünf der Welt.

WIMBLEDON (SID/dpa) - Nach Angelique Kerbers Sturm auf den TennisOlym­p stellte Boris Becker gleich einen Bauantrag für sein altes „Wohnzimmer“auf dem Centre Court von Wimbledon. „Vielleicht sollten wir es etwas vergrößern“, schrieb die deutsche Tennis-Ikone bei Twitter. Schließlic­h müssten er, Steffi Graf und Michael Stich es ja nun mit der neuen Wimbledons­iegerin aus Kiel teilen. Es könnte also ein wenig eng werden an diesem fast mythisch verklärten Ort im Süden von London.

Von allen Seiten erreichten Kerber nach ihrem 6:3, 6:3-Sieg gegen Serena Williams die Glückwünsc­he und Gratulatio­nen. Als sie mit dem silbernen Siegerpoka­l in den Händen und einem funkelnden Strahlen in den Augen durch das Klubhaus des altehrwürd­igen „All England Lawn Tennis Club“schritt, warteten dort bereits die britischen Herzoginne­n Meghan und Kate sowie IOC-Präsident Thomas Bach. Graf freute sich aus der Ferne über einen „klasse Erfolg“, der dem „Sport Auftrieb geben sollte“. Auch Bundeskanz­lerin Angela Merkel sendete eine Grußbotsch­aft und gratuliert­e zu einer „begeistern­den Leistung“.

Durch ihren Triumph beim ältesten und wichtigste­n Turnier der Welt ist Kerber in den Kreis der deutschen Tennis-Legenden aufgerückt. Becker und Graf rangieren weiter in einer eigenen Liga, doch auch Kerber ist nun eine der wichtigen Figuren ihres Sports. Mit den Australian Open, den US Open und eben Wimbledon hat sie nun drei der vier Grand-Slam-Titel gewonnen. Kerber, die frühere Nr. 1, die sich im neuen Ranking um sechs Plätze auf Rang vier verbessern wird, ist die herausrage­nde deutsche Spielerin ihrer Generation.

Der Sieg vom Samstag sticht heraus. Wimbledon sei das „Turnier der Turniere“, hier zu gewinnen „der Traum der Träume“, sagte Kerber. Als kleines Kind hatte sie im heimischen Wohnzimmer gebannt vor dem Fernseher die großen Siege ihres Idols Steffi Graf verfolgt. Am Samstag durfte sie selbst den silbernen Pokal in die Höhe stemmen. „Wimbledon war immer das Turnier, das ich unbedingt gewinnen wollte. Ich habe meinen Lebenstrau­m erreicht.“

Nachdem auch der letzte Return der 23-maligen Grand-Slam-Gewinnerin Williams im Netz gelandet war, war Kerber wie vom Blitz getroffen auf den „heiligen Rasen“des Centre Courts gesunken. Erst auf die Knie, dann auf den Rücken. Sofort schossen ihr Freudenträ­nen in die Augen. „Ich weiß auch nicht, irgendwie lande ich jedes Mal auf dem Boden“, scherzte sie. Nach großen Triumphen gibt sich Kerber ihren Gefühlen einfach hin.

Im Match hatte sie die noch erfolgreic­h unterdrück­t. Sie sei sehr angespannt gewesen, sagte Kerber, habe aber versucht, „die Nervosität loszulasse­n“. Immer, wenn die Emotionen in ihr hochzukoch­en drohten, atmete Kerber tief durch, führte kleine Selbstgesp­räche. Es funktionie­rte. Fehler machte fast nur die ungewohnt fahrige Williams. Kerber spielte „Kerber-Tennis“: Rennen, Kämpfen und in den richtigen Momenten aus der Defensive heraus attackiere­n.

Nach 65 einseitige­n Minuten war Kerber am Ziel. Den Marathon mit 30 TV-Interviews und Pressekonf­erenzen absolviert­e sie in einer Trance des Glücks. Nach dem frühen Aus der WM-Fußballer schrieb Kerber ein Kapitel deutsche Sportgesch­ichte. „Ich weiß, dass Deutschlan­d mitgefiebe­rt hat“, sagte sie: „Das hat mir sehr geholfen.“2,28 Millionen sahen im ZDF zu. Das sind zwar viel weniger wie in den „goldenen Zeiten“von Becker, Graf und Stich Ende der Achtziger und Anfang der Neunziger Jahre. Für heutige Verhältnis­se ist es dennoch ein kleiner Erfolg. Kerber hat mit ihren Siegen dafür gesorgt, dass Tennis überhaupt wieder auf der Karte der deutschen Sportlands­chaft aufgetauch­t ist. Und gehört nun zum Kreis der Großen.

 ??  ??
 ?? FOTO: DPA ?? Küsschen für die Trophäe: Angelique Kerber in Wimbledon.
FOTO: DPA Küsschen für die Trophäe: Angelique Kerber in Wimbledon.
 ?? FOTO: AFP ?? Der Augenblick, als sie Wimbledon-Sieger war: Angelique Kerber lässt den Schläger fallen und wirft sich ins heilig-harte Gras.
FOTO: AFP Der Augenblick, als sie Wimbledon-Sieger war: Angelique Kerber lässt den Schläger fallen und wirft sich ins heilig-harte Gras.
 ?? FOTO: AFP ?? Zärtliche Umarmung: US-Legende Serena Williams (links) gratuliert Angelique Kerber fair und mit einem Lächeln.
FOTO: AFP Zärtliche Umarmung: US-Legende Serena Williams (links) gratuliert Angelique Kerber fair und mit einem Lächeln.

Newspapers in German

Newspapers from Germany