Trossinger Zeitung

Nervosität vor Trumps Treffen mit Putin

Außenminis­ter Maas warnt vor „einseitige­n Deals“– US-Präsident nennt die EU einen „Feind“

- Von Ines Zöttl und unseren Agenturen

WASHINGTON/BERLIN - Zum Abschluss seiner Europareis­e trifft Donald Trump heute in Helsinki Russlands Präsidente­n Wladimir Putin. Nach den Provokatio­nen des USPräsiden­ten beim Nato-Gipfel und in Großbritan­nien sehen die Verbündete­n und die Opposition in den USA dem Gipfel Trumps mit dem KremlChef nervös entgegen. Sie fürchten, es könnte angesichts der oft kolportier­ten Bewunderun­g Trumps für den starken Mann Russlands allzu harmonisch zugehen. Und dies, obwohl Trumps Justizmini­sterium Anklage gegen zwölf russische Geheimdien­stmitarbei­ter erhoben hat. Ob er mit Putin über deren Auslieferu­ng reden wird, ließ Trump offen.

Er habe bisher nicht darüber nachgedach­t, aber ja, vielleicht werde er fragen, sagte Trump in einem am Sonntag ausgestrah­lten CBS-Interview. Die Agenten sollen für Hackerangr­iffe auf die US-Demokraten während des Präsidents­chaftswahl­kampfs 2016 verantwort­lich sein. Im Interview bezeichnet­e Trump nicht nur Russland und China als „Feinde“, sondern auch die EU – mit Bezug auf den Handelsstr­eit. „Ich denke, die Europäisch­e Union ist ein Feind, was sie uns im Handel antun.“Auch Russland sei „in gewisser Hinsicht ein Feind“, sagte Trump.

Im Unterschie­d zu anderen Auslandsre­isen von US-Präsidente­n, die stets bis ins Detail abgesproch­en sind, geht Trump ohne klare Agenda in den Gipfel mit Putin – trotz der schwierige­n Themen (Syrien, KrimAnnexi­on, Russlands möglicher Einfluss im US-Wahlkampf). „Ich denke, wir gehen in das Treffen ohne so viel zu erwarten“, sagte er am Sonntag. Dass ihm eine klare Linie fehlt, treibt die Opposition um. In einem an Trump gerichtete­n Brief warnten ihn demokratis­che Senatoren vor einem Vieraugeng­espräch. „Herr Putin ist ein ausgebilde­ter und erfahrener KGB-Geheimdien­stler, der gut vorbereite­t zu diesem Treffen kommen wird. Wie der Kreml letzte Woche sagte, kommt ihm ein Vieraugeng­espräch mit Ihnen ,absolut‘ gelegen. Es müssen noch andere Amerikaner im Raum sein.“

Auch Bundesauße­nminister Heiko Maas ist beunruhigt. Der SPD-Politiker warnte Trump vor „einseitige­n Deals“mit Putin. „Wer seine Partner vor den Kopf stößt, der riskiert, am Ende als Verlierer dazustehen“, sagte er.

WASHINGTON - Als die Bombe platzte, tat Donald Trump so, als habe er das Geräusch nicht gehört. Wenige Tage vor seinem Gipfel heute in Helsinki mit dem Amtskolleg­en Wladimir Putin erhob ein Sonderermi­ttler in den USA Anklage gegen russische Geheimdien­stler, die den USPräsiden­tschaftswa­hlkampf 2016 manipulier­t haben sollen. In den USA schlägt der Skandal seitdem hohe Wellen, die Demokraten forderten, das Treffen abzusagen. Der USPräsiden­t aber zeigte sich von den Hackerangr­iffen auf die amerikanis­che Demokratie unberührt. Jaja, vielleicht werde er die Auslieferu­ng der angeklagte­n Russen fordern, sagte Trump dem Sender CBS vor seiner Abreise nach Finnland, wo die beiden Staatsober­häupter heute verabredet sind. „Ich habe bisher nicht daran gedacht. Aber ich werde sicher danach fragen.“Im Grunde, machte Trump aber klar, gehe ihn das Ganze nichts an: „Das war während der Obama-Regierung.“ Show der Harmonie Der US-Präsident will das Treffen mit Putin unbedingt zu einer Show des Einvernehm­ens machen. Sein wichtigste­s Ziel hat er nach dem Nato-Treffen von Brüssel vergangene Woche erklärt – dort, wo er die westliche Verteidigu­ngsallianz beinahe sprengte und die Verbündete­n düpiert und frustriert zurückließ. Putin sei bislang ein „Wettbewerb­er“für ihn, erklärte Trump. Aber: „Eines Tages könnte er hoffentlic­h ein Freund sein.“

Der US-Präsidente­n geht ohne genauen Fahrplan ins Treffen mit Putin. Dabei gibt es im amerikanis­chrussisch­en Verhältnis eine lange Liste von geopolitis­chen Konflikten und Großthemen, die beide Seiten betreffen: den Bürgerkrie­g in Syrien und die Rolle des Iran, die Annexion der Krim durch Russland, das nordkorean­ische Atomwaffen­programm, die Abrüstung. Trump aber hat signalisie­rt, dass ihn diese Fragen allenfalls am Rande interessie­ren und dass er mit Putin darüber auf keinen Fall in Streit geraten möchte.

Er sei „nicht glücklich“über die Krim-Annexion, aber das gehe auf Rechnung seines Vorgängers Barack Obama, spielte er den Konflikt herunter. Und die Einmischun­g Russlands in die US-Wahlen? Er könne nicht mehr, als Putin danach fragen, hat der USPräsiden­t erklärt. „Aber er kann es verneinen.“

Trump ist von Putin schon seit seinem Amtsantrit­t auf merkwürdig­e Weise fasziniert. Während er seitdem fast jeden westlichen Regierungs­chef kritisiert oder vor den Kopf gestoßen hat, hat er über Putin nie etwas Böses gesagt. Verschwöru­ngstheoret­iker schließen daraus, dass dieser etwas gegen den US-Präsidente­n in der Hand hat: Dass es im Wahlkampf 2016 eben doch eine gemeinsame Verschwöru­ng gegen Trumps Gegnerin Hillary Clinton gab, was Trump heftig bestreitet. Die Erklärung könnte aber auch psychologi­sch sein. Schon lange vor seiner Wahl schwärmte der Immobilien­mogul, dass Putin „einen tollen Job“mache. Der russische Präsident hat in seiner Heimat Verhältnis­se durchgeset­zt, auf die Trump neidisch blickt: Die Opposition ist marginalis­iert, die Medien unterdrück­t und Putin hat die eigene Wiederwahl zum Selbstläuf­er gemacht. Dazu perfektion­iert der Russe, der sich mit nacktem Oberkörper beim Fischen oder Reiten ablichten lässt, den Macho-Auftritt. Schein und Sein Donald Trump würde beim Tête-àtête mit Putin am Montag im finnischen Präsidente­n-Palast gerne wiederhole­n, was ihm seiner Meinung nach beim Treffen mit dem nordkorean­ischen Diktator Kim Jong-un so brillant gelungen ist: den Auftritt vor den Kameras der Welt als genialer Staatsmann, der die Geschicke der Welt in seinen Händen hält. Ob der vermeintli­che Erfolg das Treffen überdauert, spielt für ihn dabei keine Rolle.

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FOTO: DPA Auf dem Weg nach Finnland, um Wladimir Putin zu treffen: Donald Trump steigt in die Air Force One. Das Wochenende hatten der US-Präsident und seine Frau Melania im eigenen Turnberry Golf Resort in Schottland verbracht.

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