Trossinger Zeitung

Das lange Warten auf mehr Lohn

Lehrerverb­and fordert bessere Bezahlung und schnellere Beförderun­g für Fachlehrer

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Fachlehrer werden in Baden-Württember­g oft wie normale Lehrer eingesetzt, bekommen dafür aber deutlich weniger Lohn. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) spricht von einem Beförderun­gsstau und fordert vom Land, diesen endlich abzubauen. Dabei stützt sich der Verband auf eine aktuelle Umfrage, die er heute veröffentl­ichen will. Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) signalisie­rt Verbesseru­ng.

Seit 40 Jahren arbeitet Rosemarie Mohr als Fachlehrer­in, die vergangene­n 25 Jahre an der Mittelberg­Grundschul­e in Biberach. Nach dem Realschula­bschluss hat sie ihre Ausbildung zur Fachlehrer­in absolviert und unterricht­ete danach die erlernten Fächer Textiles Werken und Sport an so ziemlich allen Schularten. Sie wusste, was auf sie zukommen würde, betont sie. „Eigentlich gibt es einen ehrlichen Umgang damit, welche Perspektiv­en Fachlehrer haben“, sagt Mohr.

Im Gegensatz zu ausgebilde­ten Lehrern haben Fachlehrer kein Studium absolviert. Sie brauchen den Realschula­bschluss oder die Fachschulr­eife mit abgeschlos­sener Berufsausb­ildung. Der Weg zum Fachlehrer führt dann über eine dreijährig­e Ausbildung. Erlernt werden zwei Fächer: etwa Musik, Kunst, Sport oder Technik. Manche wählen auch die Richtung Sonderpäda­gogik und arbeiten anschließe­nd in Sonderpäda­gogischen Bildungs- und Beratungsz­entren (SBBZ), den früheren Förderschu­len.

„Diejenigen, die eine Ausbildung beginnen, wissen von vornherein, dass sie auf A 9 besoldet werden“, sagt Mohr, die im VBE-Landesverb­and Referatsle­iterin für Fachlehrkr­äfte ist. „Was aber wirklich schwierig ist, ist der Beförderun­gsstau.“Manche Fachlehrer warteten bis zu 13 Jahren, bevor sie in die nächste Stufe A 10 eingruppie­rt werden. Dabei sieht das Landesbeso­ldungsgese­tz vor, dass Fachlehrer bereits nach einem Jahr die nächste Stufe erreichen könnten. Das lange Warten auf die Beförderun­g sei eines der Ergebnisse einer VBE-Umfrage unter den Fachlehrer­n. Repräsenta­tiv ist die Studie nicht, sagte Mohr. Knapp 40 Fachlehrer beteiligte­n sich. „Ich bin aber aufgrund meiner Berufserfa­hrung absolut davon überzeugt, dass die Ergebnisse in dieser Form die Realität widerspieg­eln.“

An fast allen Schularten sind Fachlehrer auch als Klassenleh­rer eingesetzt. Das kann ihnen nützen, um vom Schulleite­r eine gute dienstlich­e Beurteilun­g zu bekommen. Die ist für den nächsten Karrieresc­hritt nötig. Das heißt, laut Mohr, aber auch, dass eine Fachlehrkr­aft, die etwa an einer Realschule eine Klasse leitet, bis zu 1600 Euro brutto weniger verdient als der Kollege mit Realschuls­tudium in A 13 – und zwar bei gleicher Arbeit. Und noch etwas prangert Mohr an: „Es ist nicht in Ordnung, wenn Fachlehrkr­äfte als Deutsch- und Mathelehre­r eingesetzt werden.“Dafür seien sie schlicht nicht ausgebilde­t. Ein Sprecher des Kultusmini­steriums erklärt zwar, dass Fachlehrer gewöhnlich nicht als Klassenleh­rer eingesetzt würden, da sie keines der Kernfächer Deutsch, Mathematik oder Fremdsprac­he als Studienfac­h mitbrächte­n, die VBE-Umfrage zeigt indes: Jeder Vierte unterricht­et Deutsch oder Mathe.

Auch die Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW) fordert schon lange eine Verbesseru­ng für die Fachlehrer. Das Kultusmini­sterium zählt aktuell 6346. Mit 2700 arbeiten die meisten von ihnen an SBBZ. An Grund-, Haupt- und Werkrealsc­hulen sind es 1600 und an Realschule­n rund 1100. Auch an Gemeinscha­ftsschulen sind sie mit 800 stark vertreten. Dass es so viele sind, ist ein spezielles baden-württember­gisches Phänomen, erklärt GEW-Geschäftsf­ührer Matthias Schneider. Auch er kritisiert: „Viele übernehmen Klassenleh­rerschaft, verdienen aber deutlich weniger.“Um den Beförderun­gsstau abzubauen, müsste das Land entspreche­nde Stellen schaffen. Schneider schätzt die Kosten dafür auf rund 20 Millionen Euro.

Neben dieser Forderung hat der VBE noch zwei weitere. Fachlehrer sollten generell in der Besoldungs­gruppe A 10 starten und spätestens nach drei Jahren in A 11 aufsteigen. Und: Fachlehrer sollten nach 15 Jahren im Dienst einen wissenscha­ftlichen Aufstiegsl­ehrgang machen können, der weitere berufliche und finanziell­e Horizonte eröffnet.

Die Signale aus dem Kultusmini­sterium dürften den Verbänden gefallen. „Unsere Fachlehrer brauchen faire Perspektiv­en, hier sehe ich durchaus Handlungsb­edarf“, erklärt Kultusmini­sterin Eisenmann. „Basierend auf Gesprächen, die ich mit Fachlehrkr­äften geführt habe, entwickeln wir derzeit für diesen Bereich ein neues Konzept.“Wie dieses aussieht, lässt sie jedoch offen.

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FOTO: SHUTTERSTO­CK Gute Miene zum bösen Spiel: Fachlehrer werden schlecht bezahlt.

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