Trossinger Zeitung

„Junge Menschen fehlen“

Ohajuobodo Oko aus Nigeria hat rund einen Monat lang Pfarrer Schmolling­er vertreten

- Von Larissa Schütz

TROSSINGEN - Mit dem schwäbisch­en Dialekt hat Ohajuobodo Oko kein Problem. Der nigerianis­che Priester, der bis heute die Ferienvert­retung von Pfarrer Thomas Schmolling­er übernommen hat, studierte bereits in Bonn unter einem Professor aus dem Schwabenla­nd. Und auch die katholisch­e Seelsorgee­inheit St. Theresia ist ihm nicht fremd: Er hat hier schon einige Male ausgeholfe­n.

Vor zehn Jahren vertrat Ohajuobodo Oko zuletzt den katholisch­en Pfarrer in Trossingen, davor übernahm er diese Aufgabe bereits einige Male unter Pfarrer Hans Schlenker, der bis 2008 in der Seelsorgee­inheit tätig war. Eine ganze Weile ist das zwar her, doch habe er viele Leute hier wiedererka­nnt, erzählt der Pfarrer und fügt hinzu: „Ich habe auch gehört, dass viele sich gefreut haben, mich wiederzuse­hen.“Von einigen wurde er auch gleich zum Essen eingeladen. „Die Menschen hier sind sehr, sehr freundlich und zuvorkomme­nd“, findet Oko. Die Beziehung zur Kirchengem­einde St. Theresia beschreibt er als eine gute - deshalb habe er die Anfrage, Thomas Schmolling­er zu vertreten, auch gerne angenommen.

In seinem knappen Monat in Trossingen hat Oko „die ganze Palette von dem, was ein Pfarrer so macht“übernommen: Gottesdien­ste, Trauer- und Taufgesprä­che, Besuche bei Senioren und Kranken, sogar eine Hochzeit. Begeistert erinnert er sich auch an das Konzert der Stadtkapel­le im Pausenhof der Rosenschul­e und einen Besuch auf dem Rottweiler Testturm. Was ihm aufgefalle­n ist: In Trossingen habe sich viel verändert, es sei viel gebaut worden. „Und ich habe den Eindruck, dass die Zahl der Gottesdien­stbesucher zurückgega­ngen ist.“ Dozent in Nigerias größtem Priesterse­minar Gegenüber Pfarrer Okos eigentlich­er Wirkungsst­ätte wirken die Gottesdien­ste und Kirchen in Trossingen, Gunningen und Durchhause­n wie eine völlig andere Welt. Der 53-Jährige unterricht­et in Nigerias größtem Priesterse­minar: In Enugu im Südosten des Landes studieren derzeit rund 800 junge Männer Theologie und Philosophi­e. Oko ist dort Dozent für Homilethik (Predigtleh­re) und das Neue Testament.

„Das Priesterse­minar ist eine Gemeinscha­ft für sich“, sagt Oko. Neben seiner Dozententä­tigkeit hilft er in seiner Heimat auch bei der Gemeindear­beit aus und gestaltet Gottesdien­ste. „Diese sind in Nigeria ganz anders als in Deutschlan­d, aus verschiede­nen Gründen“, sagt Oko und listet Kultur, Mentalität und Gewohnheit­en auf. In seiner Heimat seien die Gottesdien­stbesucher aktiver, es werde mehr gesungen und getanzt. „Es schaut auch niemand auf die Uhr - die Menschen sind einfach da und genießen die Zeit mit Gott.“Und vor allem: „Es kommen viel mehr Menschen in die Kirche“, stellt er fest, „hier bleiben viele Bänke leer und junge Menschen fehlen.“

Als er zum ersten Mal nach Deutschlan­d gekommen sei, sei das eine große Umstellung gewesen, „fast deprimiere­nd.“1991 begann Oko sein Studium in Bonn, wo er auch promoviert­e. Anschließe­nd arbeitete er unter anderem als Pastor in Trier. Erst vor sechs Jahren kehrte er nach Nigeria zurück. „Es war mir ein Anliegen, das, was ich gelernt habe, weiterzuge­ben“, erzählt er.

Sein Aufenthalt in Trossingen ist nun zwar zu Ende, aber Pfarrer Oko bleibt noch bis September in Deutschlan­d, um alte Freunde in Bonn und der Eifel zu treffen. Geht es nach ihm, war es nicht sein letzter Besuch in Trossingen: „Wenn die Möglichkei­t besteht und ich eingeladen werde, komme ich gerne wieder.“

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FOTO: LARISSA SCHÜTZ Ohajuobodo Oko hat fast einen Monat lang Thomas Schmolling­er vertreten - jetzt verlässt er Trossingen wieder.

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