„Jam von der Linde“will ins Rathaus
Gastronom kandidiert ebenfalls – „Die unabhängige Stimme der Bürger“
VILLINGEN-SCHWENNINGEN (sbo) - Noch liegt die Bewerbungsmappe nicht im Rathausbriefkasten, doch Cem Yazici alias „Jam von der Linde“will sich als Oberbürgermeister der Stadt Villingen-Schwenningen bewerben. Der 47-jährige Gastronom wäre damit Bewerber Nummer sieben im Kandidatenkarussell.
Wenn Cem Yazici alle Voraussetzungen für eine reguläre Bewerbung auf die Stelle des Stadtoberhauptes erfüllt, wird er zumindest der Kandidat mit dem auffälligsten Namen sein. Denn wie er mitteilt, besitzt er seit Dienstag nicht nur einen deutschen Pass, sondern wird in diesem demnächst auch seinen Künstlernamen tragen. „Ich kandidiere als ,Jam von der Linde’“, erklärt der Gastronom und begründet: „Mich kennt doch kaum noch jemand unter meinem richtigen Namen.“
Der 47-Jährige hat klare Vorstellungen von dem, was er als Oberbürgermeister erreichen möchte: „Ich bin ein Kind dieser Stadt und möchte die Bedürfnisse, die wir als Bürger haben, umsetzen.“Der Wirt des Gasthauses „Linde“in der Neckarstraße ist überzeugt, dass VS mehr bieten kann, als es derzeit tut. „Geschäftsleute, die Villingen-Schwenningen für Außenstehende eigentlich attraktiv machen könnten, verlassen unsere Stadt, weil ihnen bei Projekten Steine in den Weg gelegt werden. Das kann nicht unsere Zukunft sein.“
In jungen Jahren sei er in der Stadtjugendpflege von Dieter Sirringhaus groß und stets gefördert worden. „Wir müssen den heutigen Kindern etwas bieten, damit sie eine Liebe zu unserer Stadt entwickeln und nicht, sobald sie alt genug sind, wegziehen.“Dazu gehörten sicherlich keine maroden Kindergartenund Schulgebäude oder Turnhallen, bemängelt er. „Ich hatte das Glück, in einer Zeit aufzuwachsen, in der diese Gebäude neu waren. Ich erinnere mich deshalb gerne an meine Kindheit.“ Als ältester Sohn einer Gastronomenfamilie – seine Eltern betrieben früher das damalige Gasthaus „Linde“– liegen ihm auch die Interessen seiner Kollegen am Herzen. Themen wie Außenbewirtschaftung, Vorschriften und Sperrzeiten sind dem Wirt ein Dorn im Auge. „Ich will an die Innenstädte ran.“Wo solle sich denn das städtische Leben abspielen, wenn nicht dort? „Wir müssen raus aus den Gaststätten, auf die Straße, die Stühle raus, die Schirme aufgespannt!“Das seien Maßnahmen, die ein Lebensgefühl um ein Vielfaches steigern, Fremde anlocken, die eigenen Bürger erfreuen und die Wirtschaft ankurbeln. „Das hatten die Römer schon kapiert: Die Menschen brauchen Brot und Spiele.“
Doch fernab von der Weiterentwicklung der lokalen Wirtschaft und der Fürsorge für die Jugend sieht der 47-Jährige auch eine politische Herausforderung: „Wir müssen Lösungen für Flüchtlinge finden. Wir müssen Familien helfen, ein Leben aufzubauen und eine Beschäftigung zu finden. Aber wir müssen auch den jungen alleinstehenden Männern, denen es in unserer Stadt sowieso nicht gefällt, ermöglichen, woanders zu leben.“ Den Mund nicht verbieten lassen Der Sohn einer Einwandererfamilie betont: „Ich werde genau das aussprechen, für was jeder Deutsche in eine politische Ecke geschoben wird.“Er aber habe türkische Eltern, sei parteiunabhängig und sage, was er denke. „Ich lasse mir weder von links, noch von rechts und auch nicht von vorne und hinten den Mund verbieten. Ich trage mein Herz auf der Zunge und bin deshalb davon überzeugt, dass ich mit meiner bürgernahen und praktischen Art bereit für die Aufgabe als Oberbürgermeister bin.“