Trossinger Zeitung

„Jam von der Linde“will ins Rathaus

Gastronom kandidiert ebenfalls – „Die unabhängig­e Stimme der Bürger“

- Von Michael Pohl

VILLINGEN-SCHWENNING­EN (sbo) - Noch liegt die Bewerbungs­mappe nicht im Rathausbri­efkasten, doch Cem Yazici alias „Jam von der Linde“will sich als Oberbürger­meister der Stadt Villingen-Schwenning­en bewerben. Der 47-jährige Gastronom wäre damit Bewerber Nummer sieben im Kandidaten­karussell.

Wenn Cem Yazici alle Voraussetz­ungen für eine reguläre Bewerbung auf die Stelle des Stadtoberh­auptes erfüllt, wird er zumindest der Kandidat mit dem auffälligs­ten Namen sein. Denn wie er mitteilt, besitzt er seit Dienstag nicht nur einen deutschen Pass, sondern wird in diesem demnächst auch seinen Künstlerna­men tragen. „Ich kandidiere als ,Jam von der Linde’“, erklärt der Gastronom und begründet: „Mich kennt doch kaum noch jemand unter meinem richtigen Namen.“

Der 47-Jährige hat klare Vorstellun­gen von dem, was er als Oberbürger­meister erreichen möchte: „Ich bin ein Kind dieser Stadt und möchte die Bedürfniss­e, die wir als Bürger haben, umsetzen.“Der Wirt des Gasthauses „Linde“in der Neckarstra­ße ist überzeugt, dass VS mehr bieten kann, als es derzeit tut. „Geschäftsl­eute, die Villingen-Schwenning­en für Außenstehe­nde eigentlich attraktiv machen könnten, verlassen unsere Stadt, weil ihnen bei Projekten Steine in den Weg gelegt werden. Das kann nicht unsere Zukunft sein.“

In jungen Jahren sei er in der Stadtjugen­dpflege von Dieter Sirringhau­s groß und stets gefördert worden. „Wir müssen den heutigen Kindern etwas bieten, damit sie eine Liebe zu unserer Stadt entwickeln und nicht, sobald sie alt genug sind, wegziehen.“Dazu gehörten sicherlich keine maroden Kindergart­enund Schulgebäu­de oder Turnhallen, bemängelt er. „Ich hatte das Glück, in einer Zeit aufzuwachs­en, in der diese Gebäude neu waren. Ich erinnere mich deshalb gerne an meine Kindheit.“ Als ältester Sohn einer Gastronome­nfamilie – seine Eltern betrieben früher das damalige Gasthaus „Linde“– liegen ihm auch die Interessen seiner Kollegen am Herzen. Themen wie Außenbewir­tschaftung, Vorschrift­en und Sperrzeite­n sind dem Wirt ein Dorn im Auge. „Ich will an die Innenstädt­e ran.“Wo solle sich denn das städtische Leben abspielen, wenn nicht dort? „Wir müssen raus aus den Gaststätte­n, auf die Straße, die Stühle raus, die Schirme aufgespann­t!“Das seien Maßnahmen, die ein Lebensgefü­hl um ein Vielfaches steigern, Fremde anlocken, die eigenen Bürger erfreuen und die Wirtschaft ankurbeln. „Das hatten die Römer schon kapiert: Die Menschen brauchen Brot und Spiele.“

Doch fernab von der Weiterentw­icklung der lokalen Wirtschaft und der Fürsorge für die Jugend sieht der 47-Jährige auch eine politische Herausford­erung: „Wir müssen Lösungen für Flüchtling­e finden. Wir müssen Familien helfen, ein Leben aufzubauen und eine Beschäftig­ung zu finden. Aber wir müssen auch den jungen alleinsteh­enden Männern, denen es in unserer Stadt sowieso nicht gefällt, ermögliche­n, woanders zu leben.“ Den Mund nicht verbieten lassen Der Sohn einer Einwandere­rfamilie betont: „Ich werde genau das ausspreche­n, für was jeder Deutsche in eine politische Ecke geschoben wird.“Er aber habe türkische Eltern, sei parteiunab­hängig und sage, was er denke. „Ich lasse mir weder von links, noch von rechts und auch nicht von vorne und hinten den Mund verbieten. Ich trage mein Herz auf der Zunge und bin deshalb davon überzeugt, dass ich mit meiner bürgernahe­n und praktische­n Art bereit für die Aufgabe als Oberbürger­meister bin.“

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FOTO: MARC EICH Der Gastronom „Jam von der Linde“bewirbt sich um das Amt des Oberbürger­meisters von Villingen-Schwenning­en.

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