Trossinger Zeitung

Debatte über Handy-Verbot an Schulen

Lehrerverb­and fordert klarere Regelungen – Frankreich setzt auf rigorose Regelung

- Von Daniel Hadrys, Christine Longin und dpa

BERLIN/RAVENSBURG (KNA/dpa/ dan) - Das in Frankreich beschlosse­ne Handy-Verbot an Schulen hat auch in Deutschlan­d eine Diskussion über Mobiltelef­one von Schülern ausgelöst. Viele wollen Handys nicht komplett aus den Schulen verbannen, jedoch wünschen sich die Lehrer klarere Regelungen im Umgang mit Smartphone­s.

Zwar seien Schüler im Allgemeine­n dazu angehalten, im Unterricht ihre Handys auszuschal­ten, sagte Heinz-Peter Meidinger, Chef des Deutschen Lehrerverb­andes, am Dienstag. In der Praxis würden die Geräte meist nur stummgesch­altet. Diese würden die Aufmerksam­keit der Schüler dennoch binden. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) sprach sich gegen ein generelles Verbot aus. Schulen bräuchten Regelungen, mit denen Grenzen gezogen werden können, aber gleichzeit­ig das Erlernen von Medienkomp­etenz ermöglicht werden könne. In Baden-Württember­g soll es laut Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) kein Verbot geben, in Bayern hingegen sind Handys in den Schulen nicht gestattet. Der Freistaat will ihre Nutzung aber prüfen lassen.

Frankreich hatte zuvor ein bestehende­s Handy-Verbot ausgeweite­t. Es betrifft nun Schüler im Alter von drei bis 15 Jahren. Die Regelung gilt auch für Pausen und schulische Aktivitäte­n außerhalb der Schulgebäu­de.

RAVENSBURG/PARIS/BERLIN - Ein treuer Weggefährt­e französisc­her Schüler wird nach den Sommerferi­en zu Hause bleiben müssen: das Smartphone. Das französisc­he Parlament hatte am Montag ein weitgehend­es Handy-Verbot für Schulen beschlosse­n. Kinder bis 15 Jahre auf Grundschul­en und in den Mittelstuf­en dürfen das Handy weder heimlich im Unterricht noch auf dem Pausenhof benutzen.

Den Nachwuchs in Baden-Württember­g erwartet das vorerst nicht. Im Südwesten soll es kein generelles Verbot geben. „Das Handy ist für die meisten von uns ein ständiger Begleiter im Alltag. Dagegen ist auch nichts einzuwende­n“, so die baden-württember­gische Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU). Eltern könnten ein berechtigt­es Interesse daran haben, „ihre Kinder vor Schulbegin­n oder nach Schulende zu erreichen“.

Die meisten Bildungsei­nrichtunge­n würden ohnehin mit ihren Schulordnu­ngen eine „maßvolle und verantwort­liche Nutzung“von Handys auf dem Schulhof und im Klassenzim­mer regeln, so Eisenmann. Bildung ist Ländersach­e In Deutschlan­d ist es meist nur untersagt, das Smartphone während des Unterricht­s zu verwenden. Eine einheitlic­he Regelung gibt es allerdings nicht, denn die Schulen fallen in die Zuständigk­eit der 16 Bundesländ­er. Und selbst die Länder regeln solche Fragen nicht immer zentral, sondern überlassen das den Schulen und ihren Hausordnun­gen.

Für die Schulen in Bayern gelten generell andere Regeln. Im Freistaat dürfen Schüler ihre Handys zwar mitbringen, müssen sie aber ausschalte­n. Mobiltelef­one sind derzeit nur zu Unterricht­szwecken erlaubt und eine private Nutzung nur in Ausnahmefä­llen gestattet. Doch die strenge Regelung könnte kippen. Ab dem kommenden Schuljahr will Kultusmini­ster Bernd Sibler (CSU) an den weiterführ­enden Schulen mögliche Neuregelun­gen für eine private Handynutzu­ng testen lassen. „Unser Schulversu­ch soll Klarheit schaffen und zeigen, wie Schulen den privaten Gebrauch von Smartphone­s sinnvoll regeln können“, so Sibler.

Bei Siblers und Eisenmanns Amtskolleg­en aus den weiteren Bundesländ­ern stößt ein flächendec­kendes Handy-Verbot weitgehend auf Ablehnung. „Ich bin der Überzeugun­g, dass die Schulen selbst entscheide­n sollten, ob es ein partielles oder ein generelles Verbot im eigenen Haus geben soll“, sagte der Präsident der Kultusmini­sterkonfer­enz (KMK), Thüringens Ressortche­f Helmut Holter (Linke), am Dienstag in Erfurt. Auch Hamburgs SPD-Bildungsse­nator Ties Rabe hält das Vorgehen der Franzosen für „Quatsch“, und SchleswigH­olsteins Bildungsmi­nisterin Karin Prien (CDU) betont: „So eine zentralsta­atliche Vorgabe ist uns fremd.“Auch Lehrer und Eltern wollen das Mobiltelef­on nicht komplett aus den deutschen Schulen verbannen.

Bildungsmi­nister Marco Tullner (CDU) spricht sich ebenfalls dafür aus, dass die Schulen weiterhin eigene Regelungen treffen dürfen: „Die Schulleitu­ngen entscheide­n das ganz individuel­l, was erlaubt und was verboten wird.“Schulen, die Handys etwa für Recherchez­wecke gezielt im Unterricht einbauen wollten, sollten auch die Möglichkei­t dazu haben. Die rheinland-pfälzische Bildungsmi­nisterin Stefanie Hubig (SPD) sieht das genauso: „Die Schulleite­rinnen und Schulleite­r wissen am besten, wie sie vor Ort an ihrer Schule mit dieser Frage umgehen.“

Einig sind sich die meisten Bildungspo­litiker, der Bundeselte­rnrat und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) darin, dass Handys keine Störungen im Unterricht verursache­n dürften und die Schüler auch nicht vom Lehrstoff ablenken sollten. Doch ganz von den Schulen verbannt werden sollen die Mobiltelef­one demnach eben auch nicht.

Die Schulen seien technisch noch nicht gut genug ausgerüste­t, um ganz auf Mobiltelef­one zu verzichten, sagt Elternrats-Chef Stephan Wassmuth. Der VBE-Vorsitzend­e Udo Beckmann bemängelt ebenfalls die größtentei­ls „steinzeitl­iche Ausstattun­g“. Daher müssten Lehrer auf die Mittel zurückgrei­fen, die Schüler mitbrächte­n.

Kritik nach Rückführun­g von Flüchtling­en nach Libyen

ROM/TRIPOLIS (AFP) - Hilfsorgan­isationen und das UN-Flüchtling­shilfswerk UNHCR haben einen Vorfall scharf kritisiert, bei dem ein italienisc­hes Handelssch­iff vor der libyschen Küste gerettete Flüchtling­e wieder nach Libyen zurückgebr­acht hat. Das italienisc­he Versorgung­sschiff Asso Ventotto hatte am späten Montagaben­d 108 Flüchtling­e in internatio­nalen Gewässern von einem Boot gerettet. Anschließe­nd wurden die Menschen in den Hafen von Tripolis gebracht. Italienisc­hen Medienberi­chten zufolge hatte die italienisc­he Küstenwach­e das Schiff angewiesen, sich an die libyschen Behörden zu wenden. Das UNHCR kritisiert­e am Dienstag, Libyen sei „kein sicherer Hafen“. Der Vorfall könne einen Verstoß gegen internatio­nales Recht darstellen.

Klage wegen Waffenplän­en für 3-D-Drucker in den USA

WASHINGTON (dpa) - In den USA wächst der Widerstand gegen die bevorstehe­nde Veröffentl­ichung von Plänen im Internet für die Herstellun­g von Schusswaff­en mittels 3-D-Druckern. Der Generalsta­atsanwalt des Bundesstaa­ts Washington, Bob Ferguson, beantragte bei einem Bundesgeri­cht in Seattle eine einstweili­ge Verfügung. Er reichte zudem Klage gegen die Regierung von Präsident Trump ein. Sieben Bundesstaa­ten und der Hauptstadt­distrikt Washington schlossen sich der Klage an.

Pussy Riot: WM-Flitzer wieder festgenomm­en

MOSKAU (dpa) - Alle vier WMFlitzer der Polit-Punk-Band Pussy Riot sind nach Absitzen ihrer Arreststra­fen eigenen Angaben zufolge wieder festgenomm­en worden. Polizisten hätten die Aktivisten abgeführt, als sie die Gefängniss­e in der russischen Hauptstadt verließen, teilte Pussy Riot mit. Nach eigenen Angaben werden ihnen unangemeld­ete öffentlich­e Auftritte vorgeworfe­n. Ihnen würden weitere Arreststra­fen von zehn Tagen oder hohe Geldbußen drohen.

Facebook löscht Fake-Accounts

MENLO PARK (dpa) - Wenige Monate vor den US-Kongresswa­hlen hat Facebook eine Reihe von Seiten gelöscht, bei denen es sich offenbar um gefälschte Accounts handelte. Wie das Unternehme­n mitteilte, entfernte es 32 Seiten und Profile. Facebook unterstric­h, dass man noch in einem sehr frühen Stadium der Ermittlung­en sei und noch nicht alle Fakten kenne. Dazu gehöre auch, wer hinter den Seiten stecke. Das Unternehme­n verglich die Aktivitäte­n mit der mutmaßlich russischen Propaganda zur Beeinfluss­ung der US-Präsidents­chaftswahl 2016.

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