Trossinger Zeitung

Berufsschu­len fusioniere­n je vor Ort im Zollern-Alb-Kreis

Zwei Rektoren statt vierer – Neues Berufsschu­lzentrum in Albstadt soll 2021 fertig sein

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ALBSTADT-EBINGEN (sbo) - Die erste Berufsschu­lreform des Jahrtausen­ds hatte vor 16 Jahren hohe Wellen geschlagen; von der zweiten ist das kaum zu erwarten, denn diesmal muss niemand umziehen, niemand wird zum Pendeln verdonnert, niemand muss Besitzstan­dseinbußen hinnehmen. Stattdesse­n schließen sich nun die kaufmännis­chen und hauswirtsc­haftlichen Schulen vor Ort zusammen; Albstadt fusioniert mit Albstadt und Hechingen mit Hechingen.

Den Gedanken, „sortenrein­e“Berufsschu­len an jeweils einem Standort zu schaffen, hatten die Reformer im Landratsam­t Balingen sehr schnell verworfen. Aber was bringt die Fusion? Synergieef­fekte. Der Zufall will es, dass in den nächsten zwei Jahren die Rektoren beider hauswirtsc­haftlichen Schulen in den Ruhestand gehen – in Hechingen Karl-Heinz Rauch, der Leiter der Alice-Salomon-Schule, und in Albstadt sein Kollege Wolfgang Wunder.

In beiden Fällen beerbt der Rektor der jeweiligen kaufmännis­chen Schule – Hans-Jörg Fink in Albstadt, Roland Plehn in Hechingen – den angehenden Pensionär, und schon sind zwei Gehälter eingespart. Die Kollegien fusioniere­n auch, desgleiche­n die Sekretaria­te – dadurch werden Räume frei. Ähnliches gilt für die Fachräume: Jeweils zwei verschliss­ene Biologie-, Physik- oder Chemiesäle werden durch einen schönen, modernen neuen ersetzt. Die Fusion reduziert den Platzbedar­f.

Das ist nicht alles: An einer großen Schule sind Dinge möglich, die sich an einer kleinen verbieten. Natürlich sind die Profilfäch­er einer kaufmännis­chen und einer hauswirtsc­haftlichen Schule verschiede­n, aber es gibt viele andere Fächer mit identische­n Lehrplänen und -inhalten, in denen gemeinsame­r Unterricht möglich ist, etwa Mathe, Deutsch, Geschichte oder Informatik. Zudem gibt es Wahlfächer, in denen der gemeinsame Unterricht erst die Chance eröffnet, sie anzubieten: Um Spanisch für Fortgeschr­ittene aufs Menü zu setzen, bedarf es nun mal einer gewissen Klassengrö­ße.

Es gibt aber noch weitere, grundlegen­de Überlegung­en, die für eine Fusion sprechen. Zwar dürfte die Zahl der Schüler in den nächsten sechs Jahren eher sinken als steigen, aber paradoxerw­eise wird der Raumbedarf dennoch wachsen. Das liegt am Wandel, den der Unterricht in den vergangene­n Jahren erfahren hat: Der Frontalunt­erricht ist nur noch eine von diversen Unterricht­sformen; außer ihm gibt es auch die Projektarb­eit, das Lernen in der Gruppe, die Exkursion mit dem Tablet im Gepäck und – Stichwort Inklusion – die individuel­le Förderung.

Dafür ist das Klassenzim­mer, Standard der Schularchi­tektur aus den 1960er- und 70er-Jahren, völlig ungeeignet; es bedarf der Lerninseln und der Einzelarbe­itsplätze, und die müssen gebaut werden, mit oder ohne Fusion. Der Unterschie­d: Ohne Fusion wäre der Aufwand höher. In Albstadt wird das Berufsschu­lzentrum um einen dritten Gebäudeflü­gel erweitert; als Standort ist die am weitesten westlich gelegene Rasenfläch­e über der Tiefgarage im Gespräch.

Acht Millionen Euro werden Neuund Umbau kosten; hinzu kommen Sanierungs­kosten in Höhe von 2,7 Millionen Euro. Letztere bezuschuss­t der Bund, die anderen Ausgaben das Land; den Fördersatz kalkuliert Karl Wolf, Dezernent der Hauptverwa­ltung im Landratsam­t, mit 30 Prozent.

Läuft alles nach Plan, dann wird das neue Berufsschu­lzentrum 2021 fertig sein – mindestens ein Jahr lang wird sein Rektor Hans-Jörg Fink den Mangel verwalten. Das nimmt er gern in Kauf, wenn er danach über eine moderne Infrastruk­tur verfügen kann. Denn er wird sie brauchen: Schulen stehen heutzutage im Wettbewerb um die Gunst sowohl der Schüler als auch der Lehrer.

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