Trossinger Zeitung

Der Schein und die Ehen

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Immer wieder geistern sie durch die Medien: Scheinehen. Darunter verstehen Juristen und andere kluge Menschen den Umstand, dass zwei Leute zur Erlangung eines Vorteils – zum Beispiel einer Aufenthalt­sgenehmigu­ng – nur zum Schein eine Ehe führen. Sie sich also gar nicht so richtig lieb haben und daher im Zustand einer ehelichen Vortäuschu­ng heiraten.

Unglücklic­herweise erfasst der Begriff nicht jene Menschen, die über Jahrzehnte hinweg ebenso gezielt nebeneinan­der herleben, sich auch nicht so richtig lieb haben und eigentlich ebenfalls nur eines Vorteils wegen zusammenbl­eiben – zum Beispiel weil eine Scheidung einen Haufen Scherereie­n macht. Diese Ehen, wenn sie denn zum Beispiel 50 Jahre andauern, heißen merkwürdig­erweise nicht Scheinehen, sondern nach diesem gewaltigen Zeitraum Goldene Hochzeit.

Eine weitere Form der Ehe, die aber nicht Scheinehe heißt, ist jene, bei der es einem Partner nur um die Scheine des anderen geht. In dieser Konstellat­ion ist es wenigstens so, dass zumindest ein Part, etwa der Gatte oder die Gattin, verliebt ist. Sonst wäre er ja nicht so blöd, seine schönen Scheine zu teilen.

Am Ende ist und bleibt es etwas Eigenartig­es mit der Scheinehe. Denn auch bei der gewöhnlich­en Ehe ist oft nichts so, wie es scheint. Worauf sich die Annahme ableiten lässt, dass Scheinehen eher die Regel als die Ausnahme sind. Nur manchmal, wenn der Zufall gute Laune hat, dann scheint alles in Ordnung zu sein. Und der eine bewilligt dem anderen eine unbefriste­te Aufenthalt­serlaubnis: in seinem Herzen. (nyf) untermstri­ch@schwaebisc­he.de

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FOTO: IMAGO Eitel Sonnensche­in? Die Ehe ist kein Zuckerschl­ecken.

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