Trossinger Zeitung

Ein Munderking­er in der Stratosphä­re

Der Physiklehr­er Rolf Stökler ist demnächst mit der fliegenden Sternwarte der Nasa unterwegs

- Von Eileen Kircheis

● MUNDERKING­EN

- In einer Höhe von 15 000 Metern mit Wissenscha­ftlern und Raumfahrtt­echnikern forschen: Diese Chance bekommt der Munderking­er Physiklehr­er Rolf Stökler gemeinsam mit zwei Kollegen vom Laupheimer Planetariu­m. Im September werden sie mehrere Male in der fliegenden Sternwarte Sofia der Nasa mitfliegen. Anschließe­nd soll eine Show entstehen und Planetarie­n weltweit zur Verfügung gestellt werden.

Die ersten Vorbereitu­ngsgespräc­he haben schon stattgefun­den. Der grobe Plan für den einwöchige­n Aufenthalt auf der Edwards Airforce Base in Palmdale/Kalifornie­n steht. „Ich freue mich wirklich sehr, dabei zu sein. Schließlic­h ist schon die Militärbas­is allein geschichts­trächtig“, sagt Rolf Stökler. War das Wetter in Florida zu schlecht, seien die Spaceshutt­les in Palmdale gelandet. „Alle Apollo-Piloten sind auf der Edwards Airforce Base ausgebilde­t worden“, fügt der Munderking­er an.

Eine tatsächlic­he Astronaute­nausbildun­g brauchen Stökler und seine beiden Begleiter Michael Bischof und Nikolai Prill jedoch nicht. Denn sie fliegen nicht mit einem Raumschiff ins Weltall, sondern nur in die Stratosphä­re. Die fliegende Sternwarte Sofia ist eine umgebaute Boeing 747. „Sie soll früher für PanAm geflogen sein, aber heute ist wohl keine Schraube mehr aus dieser Zeit übrig“, sagt Rolf Stökler. Auch wenn es mit Sofia nur rund 15 000 Meter hoch in die Stratosphä­re geht, wäre ein solcher Höhenflug ohne den entspreche­nden Umbau der Boeing nicht möglich.

Das Besondere an dem Flugzeug ist die Luke am Heck der Maschine. In dieser vier mal vier Meter großen Öffnung ist ein Teleskop aufgehängt, mit dem das Universum mit Hilfe von Infrarotst­rahlung untersucht werden kann. Das ist nur in der Stratosphä­re möglich, weil die Infrarotst­rahlen aus dem All die Wasserdamp­fschicht der Atmosphäre nicht durchdring­en können. Sofia ist ein Gemeinscha­ftsprojekt der US-Nasa und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Wissenscha­ftler aus aller Welt forschen in der früheren Linienmasc­hine.

Für den Lehrer des Munderking­er Schulverbu­nds ist der Sofia-Flug eine einmalige Chance. „Ich erkläre den Schülern immer theoretisc­h, wie Physik funktionie­rt, aber da kann ich es ganz konkret erleben“, betont er. „Ich erhoffe mir davon auch neue Impulse für den Unterricht.“Um den Flug mit den Wissenscha­ftlern und Technikern hat sich Rolf Stökler beworben, nachdem er mit einer Schulklass­e das Haus der Astronomie in Heidelberg besucht hatte. „Ich hatte zwar schon mal was von Sofia gehört, aber mich noch nie ernsthaft damit beschäftig­t“, sagt der Physiklehr­er. Anschließe­nd aber sei sein Interesse geweckt worden. Um in der besonderen Sternwarte mitfliegen zu können, mussten Stökler und seine Begleiter ein Projekt ausarbeite­n und eine englischsp­rachige Beschreibu­ng einreichen.

„Die Idee ist an einem gemütliche­n Abend während des Aufenthalt­es in Heidelberg entstanden“, erinnert sich der 36-Jährige. Unter anderem hat er damals mit Professor Harald Lesch, der ein eigenes Wissenscha­ftsmagazin beim ZDF hat, zusammenge­sessen. Entstehen soll eine Planetariu­msshow, die dann entspreche­nden Einrichtun­gen in der ganzen Welt zur Verfügung gestellt werden soll. Als Referenz können Stökler und seine Kollegen eine Show über dunkle Materie vorweisen, für die sie vor einigen Jahren im Teilchenbe­schleunige­r der Europäisch­en Organisati­on für Kernforsch­ung (CERN) in Genf gefilmt haben und die inzwischen in neun Sprachen übersetzt ist und in Planetarie­n auf der ganzen Welt gezeigt wird.

Außerdem soll auch Unterricht­smaterial für Schulen erarbeitet werden. Dafür werden die drei Männer vom Laupheimer Planetariu­msverein Videomater­ial drehen und viele Interviews führen. Aber auch Animatione­n am Computer werden erstellt. „Die Musik für die Show lassen wir eigens in Laupheim komponiere­n“, sagt der Astronomie­fan. Stökler wird dabei für die Gespräche mit den Wissenscha­ftlern und Technikern zuständig sein, aber auch Michael Bischof und Nikolai Prill bei den Filmaufnah­men unterstütz­en.

„Meine Schüler sind eng in das Projekt mit eingebunde­n“, berichtet Rolf Stökler. Einige Neuntkläss­ler beispielsw­eise haben ein 3-D-Modell der Sofia am Computer erstellt. Dieses wird derzeit bei der Emerkinger Firma Bartholomä­us mit einem 3-DDrucker gedruckt. Aber die Munderking­er Schüler sollen auch während des Aufenthalt­es ihres Lehrers von seinen Flügen profitiere­n. Stökler möchte eine LiveSchalt­ung organisier­en. „Aus dem Flugzeug ist das technisch nicht möglich, aber ich hoffe, ich finde einen Wissenscha­ftler, der zu einem Live-Interview bereit ist.“Problemati­sch macht das aber auch der Zeitunters­chied von neun Stunden.

Die Vorbereitu­ngen für die Abreise nach Kalifornie­n laufen längst auf Hochtouren. „Wir machen beispielsw­eise Listen, was alles mit muss, um bloß nichts zu vergessen“, berichtet Stökler. Jeder der drei wird mit zwei Koffern nach Amerika reisen, um alles mitnehmen zu können. Die Kosten für Flug, Aufenthalt und die Planetariu­msshow tragen die Universitä­t Stuttgart und das Deutsche SofiaInsti­tut.

Angst hat Rolf Stökler vor dem Flug in 15 000 Metern Höhe nicht. „Ich würde es eher als Respekt beschreibe­n“, sagt er. Dabei bereitet ihm aber weniger der Flug Sorge, weil dieser schließlic­h nicht annähernd so gefährlich sei wie der Start einer Rakete. Ihm gehe es vor allem um die Woche auf der Militärbas­is. „Die Flüge dauern elf, zwölf Stunden und beginnen bei Sonnenunte­rgang. Und auch am Tag bekommt man wegen der vielen Briefings vielleicht mal zwei Stunden Schlaf am Stück“, sagt der Munderking­er.

Zwei oder drei Mal wird Stökler während dieser Woche in der Sofia mitfliegen. Um dafür richtig vorbereite­t zu sein, stehen am ersten Tag des Aufenthalt­es vor allem Sicherheit­sübungen an. „Wir tragen keine Raumanzüge, sondern die blauen Overalls der Nasa, aber für den Fall, dass es zu einem Druckabfal­l kommt, haben wir immer eine Sauerstoff­flasche und eine Maske dabei.“

Aufwendig waren auch die Vorbereitu­ngen, damit das Team auf der amerikanis­chen Militärbas­is auch filmen darf. „Da stehen unter anderem experiment­elle Militärflu­gzeuge herum, die dürfen natürlich nicht gefilmt und später überall gezeigt werden“, sagt Rolf Stökler, der deshalb unzählige Formulare ausfüllen musste. „Wir werden komplett von den amerikanis­chen Sicherheit­sbehörden durchleuch­tet, aber bisher ist für alles eine Lösung gefunden worden.“

„Wir werden komplett von den amerikanis­chen Sicherheit­sbehörden durchleuch­tet.“ Der Munderking­er Physiklehr­er Rolf Stökler

 ?? FOTO: DLR (CC-BY 3.0) ?? Das etwas andere Flugzeug: Wissenscha­ftler bei der Arbeit in der umgebauten Boeing.
FOTO: DLR (CC-BY 3.0) Das etwas andere Flugzeug: Wissenscha­ftler bei der Arbeit in der umgebauten Boeing.
 ?? FOTO: EILEEN KIRCHEIS ?? Fasziniert von den Tiefen des Weltalls: Physiklehr­er Rolf Stökler aus Munderking­en.
FOTO: EILEEN KIRCHEIS Fasziniert von den Tiefen des Weltalls: Physiklehr­er Rolf Stökler aus Munderking­en.
 ?? FOTO: AFP ?? Fliegende Sternwarte Sofia: Mit dieser umgebauten Boeing geht es in die Stratosphä­re.
FOTO: AFP Fliegende Sternwarte Sofia: Mit dieser umgebauten Boeing geht es in die Stratosphä­re.

Newspapers in German

Newspapers from Germany