Zankapfel Ankerzentren
Nur Bayern richtet sie ein, Baden-Württemberg setzt auf eine andere Lösung für Asylsuchende – ein Überblick
MÜNCHEN (AFP/epd/dpa) - Bayern hat am Mittwoch als erstes Bundesland die von der Großen Koalition vereinbarten sogenannten Ankerzentren für Flüchtlinge gestartet. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte, damit werde für mehr „Ordnung und Sicherheit“im Asylverfahren gesorgt. Trotz der Zurückhaltung in anderen Bundesländern zeigte sich Seehofer zuversichtlich, dass es bald auch außerhalb Bayerns Ankerzentren gibt. Die Opposition kritisierte die Einrichtungen. Die Grünen-Migrationspolitikerin Filiz Polat warf der CSU vor, „ihre inhumane Politik gegenüber Schutzsuchenden“mit den Ankerzentren fortzusetzen. Seit Wochen werden in der politischen Diskussion unterschiedliche Begriffe verwendet. Eine Definition der Begriffe:
Erstaufnahmeeinrichtung: Asylsuchende wurden nach ihrer Ankunft bundesweit für sechs Wochen, maximal aber für drei Monate, in Erstaufnahmeeinrichtungen (EAE) untergebracht. Dort gibt es in der Regel jeweils eine Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf), um Asylanträge zu bearbeiten. Die EAEs in Bayern wurden zum 1. August alle zu Ankerzentren.
Gemeinschaftsunterkunft: Nach ihrer Zeit in der EAE oder einem Transit- beziehungsweise Ankerzentrum werden Geflüchtete, deren Asylverfahren noch läuft, in Gemeinschaftsunterkünften oder dezentralen Unterkünften untergebracht.
Aufnahme- und Rückführungszentren: Die bayerische Staatsregierung hatte nach dem starken Anstieg der Flüchtlingszahlen vor allem aus den Westbalkan-Ländern beschlossen, Aufnahme- und Rückführungszentren (AREs) einzurichten. Dort sollten vornehmlich „neuankommende Asylbewerber mit geringer Bleibeperspektive“untergebracht werden. Die AREs wurden vor einem Jahr zu Transitzentren umgewidmet.
Transitzentren: Mitte 2017 wurden in Bayern die Transitzentren eröffnet – laut bayerischem Innenministerium eine „Fortentwicklung des erfolgreichen Konzepts der AREs“. Flüchtlingsaktivisten sind davon überzeugt, dass mit der Unterbringung in diesen Zentren jene Flüchtlinge, „denen eine schlechte Bleibeperspektive unterstellt wird“, zu einer schnellen freiwillige Ausreise gedrängt werden sollen. Alle EAEs und Transitzentren in Bayern sind seit August nun Ankerzentren.
Ankerzentren: Schwerpunkt der Ankerzentren sei „die Zusammenarbeit aller Behörden vor Ort“, also der Bezirksregierungen, des Bamfs, der Arbeitsagentur, der Gesundheitsämter und der Verwaltungsgerichte. Die Erstaufnahme von neuen Flüchtlingen in Bayern läuft komplett über die Ankereinrichtungen. Nur wer eine Bleibeperspektive hat, soll die Ankerzentren verlassen dürfen und in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden, so lange das Asylverfahren noch läuft.
Ankunftszentrum: Baden-Württemberg wird Flüchtlinge nicht wie Bayern in Ankerzentren aufnehmen. „Es ist nicht beabsichtigt, dass man aus dem Ankunftszentrum in Heidelberg ein Ankerzentrum macht“, sagte ein Sprecher von Innenminister Thomas Strobl (CDU) in Stuttgart. Das Ankunftszentrum durchlaufen in der Regel alle Asylbewerber, die nach Baden-Württemberg kommen, bevor sie auf die vier Landeserstaufnahmestellen verteilt werden. Seit 2015 werden Flüchtlinge dort registriert und können vor Ort auch einen Asylantrag stellen. Anders als bei Ankerzentren werden nach Angaben des Regierungspräsidiums Karlsruhe die Flüchtlinge auch bei negativem Bescheid nicht direkt von dort abgeschoben, sondern auf die Erstaufnahmestellen verteilt. Die 2000 Plätze in Heidelberg sind mit 1300 Menschen belegt.