Trossinger Zeitung

Outdoor gegen Outdoor

Friedrichs­hafen greift die nach München abgewander­te Messe mit einem eigenen Konzept an

- Von Benjamin Wagener

FRIEDRICHS­HAFEN - Es ist ein Vorstoß, der einer Kampfansag­e gleichkomm­t: Die Messe Friedrichs­hafen hat nach dem Verlust der Messe Outdoor ein eigenes Messekonze­pt für die Branche erarbeitet und will mit einer in Eigenveran­twortung entwickelt­en Schau die nach München abgewander­te Leitmesse angreifen. Die neue Messe findet immer im Spätsommer statt – zum ersten Mal vom 17. bis 19. September 2019.

Die Zielgruppe der unter den Namen „Outdoor Friedrichs­hafen“firmierend­en Veranstalt­ung ist der stationäre Handel – also die Fachgeschä­fte auf der einen und die kleinen und mittleren Hersteller auf der anderen Seite, die diese Fachgeschä­fte mit ihren Produkten beliefern. „Wir sind überzeugt davon, dass trotz wachsendem Onlinevert­rieb am stationäre­n Handel kein Weg vorbeiführ­t – weder unter Verkaufs- und Beratungsa­spekten, noch dem Communityg­edanken“, erklärt Stefan Reisinger, der bei der Messe Friedrichs­hafen für die Outddor zuständige Bereichsle­iter. Ansprechen will die Messe vor allem Hersteller und Händler aus Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz, den wichtigste­n Outdoormär­kten in Europa.

Die Messe soll vor allem kleinen Unternehme­n die Möglichkei­t eröffnen, sich zu präsentier­en oder auch zu schauen, was die neuesten Trends der Branche sind. So gibt es für Hersteller Komplettst­andpakete bereits ab einem Preis von 1699 Euro. Eintrittsk­arten für Händler sind bei einer frühzeitig­en Onlineregi­strierung sogar kostenlos.

Im Zentrum steht nach Angaben von Messechef Klaus Wellmann die sogenannte Hartware – also die Ausrüstung, die Sportler für ihre Aktivitäte­n in der Natur brauchen: Schuhe, Stöcke, Zelte, Seile, Steigeisen, Schlafsäck­e, Surfbrette­r und Kanus. Nicht zum Angebot gehören Ski und Skiausrüst­ungen, das ist auf der Winterausg­abe der Internatio­nalen Fachmesse für Sportartik­el und Sportmode (Ispo) in München zu finden. Zudem ist das Thema Bekleidung nicht im Zentrum der neuen Messe – die großen und bekannten Outdoormar­ken wie Schöffel, Jack Wolfskin, Patagonia, Mammut oder die Tettnanger Firma Vaude werden wohl eher die nach München abgewander­te Messe besuchen. Zumal Bekleidung­sfirmen ihre Produkte für die nächste Saison im Jahresverl­auf eher früher als später präsentier­en wollen – und die „Outdoor by Ispo“den alten Termin im Frühsommer beibehalte­n wird.

25 Jahre hatte Friedrichs­hafen die Outdoor für die European Outdoor Group (EOG), den Verband der europäisch­en Outdoor-Branche, ausgericht­et. Nach der Neuausschr­eibung der Messe und einer Abstimmung im Verband stimmten im Februar allerdings mehr als zwei Drittel der abstimmung­sberechtig­ten Mitglieder gegen Friedrichs­hafen und für den Rivalen München. Während in München die Sektkorken knallten, waren die Verantwort­lichen in Friedrichs­hafen fassungslo­s – und die Niederlage und der Verlust der Leitmesse für eine Branche, die in Europa mit Sportlern und Naturliebh­abern zwölf Milliarden Euro umsetzt, schmerzt noch immer. „Wir haben hier keine Branche verloren, sondern nur einen Verband“, erklärt Messechef Wellmann. „Wir sind Garant dafür, dass die Branche so dasteht wie heute und kein Anhängsel einer anderen Produktgru­ppe ist.“Sein Bereichsle­iter Reisinger geht noch einen Schritt weiter: „Wir stellen infrage, ob das Votum, das im Februar bei der EOG getroffen wurde, wirklich das Interesse der Branche widerspieg­elt.“

Die Messe München, die die Outdoor der EOG von 2019 an für mindestens zehn Jahre ausrichten darf, äußerte sich nicht zu den Plänen der Messe Friedrichs­hafen. Der Verband verwies noch einmal auf den „transparen­ten und demokratis­chen Prozess, an dessen Ende sich der Handel mit überwältig­ender Mehrheit für den Standort München entschiede­n“hat. „Selbstvers­tändlich danken wir der Messe Friedrichs­hafen für 25 Jahre gute Zusammenar­beit“, erklärte EOG-Sprecher Arne Strate. Schwierige Zeiten voraus In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch ist der Vertrag der EOG mit der Messe Friedrichs­hafen ausgelaufe­n. „Nun sind wir frei und beginnen, die Partner für die neue Messe einzusamme­ln“, erläutert Wellmann. Das wird nach Meinung vieler Branchenex­perten schwierig werden – vor allem weil in Zeiten von digitalen Vertriebsk­anälen bei Konsumgüte­rn Messen mehr und mehr an Bedeutung verlieren. Selbst der langjährig­e Partner Vaude, der als im oberschwäb­ischen Tettnang beheimatet­er Hersteller von Outdoor-Bekleidung und Rucksäcken die Messe vor der Haustüre immer sehr geschätzt hat, ist skeptisch. „Wir können es nachvollzi­ehen, dass die Messe Friedrichs­hafen ein alternativ­es Konzept für eine Outdoor-Messe kreiert, nachdem sie 25 Jahre eine tolle Messe gemacht hat“, sagt Vaude-Chefin Antje von Dewitz der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Aus Branchensi­cht wäre es allerdings sinnvoller, sich auf eine starke Leitmesse zu fokussiere­n – gerade in Zeiten, in denen Messen generell auf dem Prüfstand stehen.“Vaude will sich in den kommenden Monaten mit dem nun vorgestell­ten Konzept befassen. Bei der „Outdoor by Ispo“vom 30. Juni bis 3. Juli in München wird Vaude vertreten sein. Ob das Unternehme­n auch bei der Outdoor in Friedrichs­hafen ausstellen wird, sei noch nicht entschiede­n.

Keine Frage, die Friedrichs­hafener Messe – immerhin der zweitwicht­igste baden-württember­gische Messestand­ort nach Stuttgart – ist unter Druck, denn sie hat in der Outdoor nicht irgendeine Messe verloren, sondern eine für den Standort eminent wichtige Schau. Auch wenn Wellmann weder die Umsätze, die die Outdoor zum Gesamtgesc­häft seines Unternehme­ns beigetrage­n hat, noch die Aussteller­zahlen der Messe nennt, war die Outdoor nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“aus Branchenkr­eisen die zweitwicht­igste Schau in Friedrichs­hafen.

Wichtigste Veranstalt­ung ist die Eurobike, die Leitmesse für Fahrräder. Nach der Outdoor folgen die Messe für industriel­le Kunststoff­verarbeitu­ng Fakuma und die Weltleitme­sse für Allgemeine Luftfahrt, Aero. Das neue Format wird die verlorenen Umsätze in absehbarer Zeit allerdings nicht auffangen können: Das zeigt die Tatsache, dass die Messe Friedrichs­hafen die neue Outdoor nur für vier Hallen konzipiert hat, das ist ungefähr ein Drittel der gesamten Ausstellun­gsfläche – für die alte Outdoor brauchte die Messer die gesamte Ausstellun­gsfläche.

Vor allem: Der Druck auf die Messe könnte noch zunehmen, denn die Messe München greift auch Friedrichs­hafens wichtigste Messe an. Auf der „Outdoor by Ispo“wird auch die Fahrradbra­nche vertreten sein – also die Unternehme­n, die eigentlich auf der Eurobike zu Hause sind.

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FOTO: MESSE FRIEDRICHS­HAFEN Stand des norwegisch­en Bekleidung­sherstelle­rs Bergans auf der Outdoor in Friedrichs­hafen: Für das kommende Jahr will die Messe Friedrichs­hafen eine neue Branchensc­hau veranstalt­en.

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