Trossinger Zeitung

Liebe aus der Distanz

„Grenzenlos“– Wim Wenders Liebesthri­ller weiß nicht so recht, wo er hin will

- Von Stefan Rother

rischverli­ebte, die vom Schicksal nach kurzer Zeit wieder getrennt werden – für ein romantisch­es Drama ist das geradezu eine Idealvorau­ssetzung. „Grenzenlos“, der neue Film von Wim Wenders, treibt das Szenario seinem Titel entspreche­nd aber auf die Spitze, denn hier taucht eine der Liebenden auf den tiefsten Meeresgrun­d ab, während der andere in der Hölle eines Terroriste­ncamps landet.

In „Submergenc­e“der Romanvorla­ge des schottisch­en Autors J. M. Ledgard, mag die dramatisch­e Liebesgesc­hichte über ihre ganze Strecke hinweg funktionie­ren, in der Verfilmung überzeugt vor allem die Kennenlern-Phase. In einem edlen Hotel an der wildromant­ischen französisc­hen Atlantikkü­ste begegnen sich die Biomathema­tikerin Danielle Flinders (Alicia Vikander) und James More (James McAvoy), der sich als Wasser-Ingenieur vorstellt. Danielle bemerkt bald, dass James ausgesproc­hen gut zuhören und Fragen stellen kann – Fähigkeite­n, die er in seiner tatsächlic­hen Profession bestens gebrauchen kann. Denn der Schotte arbeitet für den britischen Geheimdien­st MI-5. Seine nächste Mission steht in Somalia an, wo er eine Dschihadis­ten-Zelle infiltrier­en soll.

Davon darf er Danielle natürlich nichts erzählen, und so drehen sich die Gespräche der beiden zunächst um den bevorstehe­nden Einsatz der Professori­n. Mit einem Forschungs­U-Boot plant sie, in bislang unerforsch­te Meerestief­en abzusteige­n, um dort Proben entnehmen zu können. Der Einsatz birgt erhebliche Risiken, verspricht aber auch wichtige Erkenntnis­se, um Herausford­erungen wie dem Klimawande­l zu begegnen.

Intellektu­ell finden die beiden schnell zueinander, aber es bleibt nicht lange nur bei der geistigen Verbundenh­eit: Eine für beide unerwartet­e Romanze beginnt, und Vikander und McAvoy vermitteln glaubhaft die stimmige Chemie das Paares. Allerdings sorgt bereits hier der arg schwelgeri­sche Geigen-Soundtrack für eine Überdosis Pathos. Nachdem der Film schon zu Beginn in einigen Zeitsprüng­en angedeutet hat, was den Charaktere­n bevorsteht, machen die getrennten Schicksale von Danielle und James nach dem Kennenlern­en in der Normandie den restlichen und überwiegen­den Teil der Handlung aus.

Dabei stellt sich die Frage, welche Zuschauerg­ruppen vom weiteren Verlauf angesproch­en werden sollen. Die Gefangenna­hme von James und seine Erlebnisse mit den Terroriste­n dürften nicht zuletzt aufgrund einiger drastische­r Szenen jene verstören, denen vor allem der romantisch­e Aspekt am Herzen liegt. Freunde härterer Actionkost wird hier wiederum zu wenig geboten, zumal sich das Geschehen recht klischeeha­ft entfaltet.

Danielle wird dagegen vor allem als Wartende gezeigt, die darunter leidet, dass sich ihr neugefunde­ner Traummann nicht mehr meldet – schließlic­h weiß sie ja nichts von James’ Einsatz. Als sie dann schließlic­h doch in ihr U-Boot steigt, führt dies zu enttäusche­nd unspektaku­lären Bildern. Zwar versucht Wenders immer wieder, Parallelen zwischen den Welten aufzuzeige­n. Aber trotz des unbestreit­baren Könnens aller Beteiligte­n – insbesonde­re bei Kameramann Benoît Debie – wird man den Eindruck nicht los, dass ein Film nicht das beste Medium für diesen Ansatz ist und man mit der Buchvorlag­e wohl doch besser bedient ist. Grenzenlos. Regie: Wim Wenders. Mit James McAvoy, Alicia Vikander, Alexander Siddig, Reda Kateb. Großbritan­nien/Frankreich/Spanien. 112 Minuten. FSK ab 12.

 ?? FOTO: WARNER BROS. ?? Die Wissenscha­ftlerin Danny Flinders (Alicia Vikander) bewegt sich in bislang unerforsch­ten Meerestief­en. Ihr neuer Geliebter wird unterdesse­n von Terroriste­n festgehalt­en.
FOTO: WARNER BROS. Die Wissenscha­ftlerin Danny Flinders (Alicia Vikander) bewegt sich in bislang unerforsch­ten Meerestief­en. Ihr neuer Geliebter wird unterdesse­n von Terroriste­n festgehalt­en.

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