„Karriere besteht nicht nur aus Nougat und Marzipan“
Der dänische Opernsänger Boje Skovhus erzählt aus seinem Leben - Eltern hofften auf Medizinstudium
TROSSINGEN – Zwei Tage lang werden die 30 Teilnehmer des SommerKurses „Romantic Lied in Germany“von dem bekannten Sänger Boje Skovhus in einer Meisterklasse unterrichtet. Wie vielseitig aktiv der 56-jährige Däne ist, ergab sich aus einer Gesprächsrunde am Dienstag in der kleinen Aula.
„Nicht viele große Opernsänger befassen sich mit Liedrezitation“, sagte der Trossinger Professor Peter Nelson, der für das „SummerArts“-Programm der California State University zuständig ist. Skovhus ist da eine Ausnahme.
Als der Däne aus der Kleinstadt Ikast kurz vor Weihnachten 1987 einen deutschsprachigen Anruf erhielt, legte er gleich wieder auf. Er hielt das für einen Scherz seiner Freunde. „Vehement“sei er beim zweiten Anruf darauf hingewiesen worden, dass man ihn nach Wien einlade, wo er für die Rolle des Don Giovanni vorsingen solle. Eberhard Waechter, seit dem Vorjahr Direktor der Wiener Volksoper, suche einen „jungen, unverbrauchten“Sänger. Das war Skovhus, steckte er doch noch mitten in der Ausbildung an der Königlichen Opernakademie in Kopenhagen. Er ließ das Studium sausen, setzte sich mit dem „harten, fast bayerischen Dialekt“der Donaumetropole auseinander und blieb dort fünf Jahre lang, um ganz unterschiedliche Rollen zu singen.
Einen wichtigen Einfluss auf seine Karriere habe Oren Brown gehabt, der 2004 hochbetagt verstorbene Sprachund Gesangslehrer aus New York, sagte Skovhus. Der habe besonders an seinen hohen Tönen gefeilt. „Denn dafür werden Baritone bezahlt“, meinte der Däne schmunzelnd.
Apropos Gagen: „Leider kann man von Lied-Rezitationen nicht leben“. Während im Süden des deutschsprachigen Raums noch Interesse an dieser Kunstform bestehe, es in Wien sogar zwei immer gut besuchte Häuser dafür gebe, würde das Lied in Richtung Norden stark an Bedeutung verlieren. In Latein durchgefallen Seine Eltern hatten wohl gehofft, er würde Medizin studieren. „Doch ich bin in Latein durchgefallen. Dafür geht meine Tochter nun in diese Richtung“. Ursprünglich hatte sich sein Interesse an der Musik eher auf Heavy metal konzentriert, gestand der 56Jährige. Doch als er in der Schallplattensammlung der Eltern eine Opernaufzeichnung mit Nicolai Gedda und dem amerikanischen Bariton Leonard Warren entdeckte, stand sein Berufswunsch fest. Es sei nicht leicht gewesen, die Eltern zu überzeugen -„Davon kann man doch nicht leben. Nicht doch lieber Banker?“- , doch nun seien sie stolz auf ihn.
Auch über seine Erfahrungen mit Neuer Musik plauderte Skovhus mit viel Gestik. „Total atonal! Und dann diese Rhythmik!“Anstrengend aber auch interessant sei die Zusammenarbeit mit Komponisten, die durchaus auch mal was umschreiben würden, wenn er sie überzeuge, dass eine Passage stimmlich nicht möglich sei.
„Durchhalten!“rief er den amerikanischen Studierenden zu, „eine Karriere besteht nicht nur aus Nougat und Marzipan“. Und auch von Konzertkritiken sollten sie sich nicht zu sehr beeinflussen lassen.
An dem Gespräch mit Fragerunde nahmen auch die Dozentinnen Celine Dutilly (Klavierbegleitung), Susan Mohini Kane, Sopranistin und Buchautorin, sowie die Mezzosopranistin Gabriele Erhard vom Innsbrucker Konservatorium teil.