„Für mich ist Rainer der Größte“
Rainer Schulz hat große Verdienste um den Fußball in Tuttlingen und ist nun im Ruhestand
TUTTLINGEN - Seit einer halben Ewigkeit ist Rainer Schulz beim SC 04 Tuttlingen als Fußballtrainer aktiv gewesen. In den vergangenen 36 Jahren hat er den Fußball in Tuttlingen im Jugend-, Herren- und Damenbereich geprägt wie kaum ein Zweiter. Nun hat sich der 64-Jährige in den Ruhestand verabschiedet.
Als Augustine Dacosta davon erfuhr, dass Schulz ab Juli nicht mehr die zweite Mannschaft des SC 04 Tuttlingen betreuen wird, sei das für ihn ein Schock gewesen. „Für mich ist Rainer der Größte“, berichtet Dacosta. „Er hat mir bei so vielen Dingen in meinem Leben geholfen: Nicht nur beim Fußball, auch privat oder in Asylfragen. Ich kann ihm nicht dankbar genug sein.“Der 21jährige Gambianer ist einer von etwa 30 Flüchtlingen, die seit 2015 in der von Schulz gegründeten und betreuten Flüchtlingsmannschaft aufliefen. Anfangs als lockeres Angebot für die in der Stockacher Straße untergebrachten Flüchtlinge angedacht, meldete der Verein das Flüchtlingsteam dank der großen Nachfrage als dritte Mannschaft für den Spielbetrieb an. Fortan trainierte Schulz eine Mannschaft mit Spielern aus unterschiedlichen Nationen wie Gambia, Kamerun oder Eritrea. „Ich bin mit allen Spielern gut klar gekommen“, erinnert sich Schulz zurück. „Nach so vielen Jahren wieder Englisch sprechen zu müssen, war eine tolle Herausforderung.“ Tränen nach Spielabbruch gegen Fatihspor Spaichingen II Neben dem Aufbau der Damenmannschaft beim SC 04 Tuttlingen und den zwei aufeinanderfolgenden Aufstiegen bis in die Landesliga zählt Schulz vor allem die Gründung der Flüchtlingsmannschaft zu seinen größten Erfolgen. Doch auch seine bitterste Stunde als Fußballtrainer sollte er mit der Flüchtlingsauswahl erleben: Am 16. Oktober 2016 kommt es in der Partie zwischen der von Schulz betreuten Mannschaft und dem FV Fatihspor Spaichingen II zu einer heftigen körperlichen Auseinandersetzung. Nach einem harten Foul in der Nachspielzeit eskaliert die Situation und mehrere Spieler gehen mit geballten Fäusten aufeinander los. Das Spiel wird vom Schiedsrichter abgebrochen und einige Fatihspor-Spieler müssen anschließend zur Behandlung ins Krankenhaus. Stirnrunzelnd erinnert sich Schulz an die schweren Stunden und Tage nach der Begegnung. Am Spieltag sei er noch lange am Spielfeldrand gesessen, habe vor Enttäuschung und Wut bittere Tränen vergossen. Auch wie in der Presse über den Vorfall berichtet wurde, ärgert ihn noch heute. Schnell waren seine Spieler als Übeltäter ausgemacht worden, ohne die Provokationen zu erwähnen, denen seine Schützlinge das gesamte Spiel über ausgesetzt waren. Rückblickend ist Rainer Schulz froh, damals nicht alles hingeschmissen zu haben. Schulz freut sich auf Frau, Enkel und das Tennisspielen Zu Beginn der Spielzeit 2017/18 ist die reine Flüchtlingsmannschaft aufgelöst worden und die meisten Spieler sind in die von Schulz betreute zweite Mannschaft aufgerückt. „Das wurde auch deshalb nötig, weil viele Spieler aus der damaligen dritten Mannschaft mittlerweile durch berufliche Verpflichtungen keine Zeit mehr für Fußball haben.“Stolz erzählt Schulz davon, dass es dank seiner und der Verbindungen des Vereins zu verschiedenen Firmen gelungen sei, vielen Flüchtlingen Arbeitsstellen zu vermitteln.
Nach all den Jahren sei er zuletzt ein wenig amtsmüde geworden und hätte sich auch mehr Unterstützung des Vereins für die zweite Mannschaft gewünscht. Daran, dass Spieler teilweise Trainingstermine via WhatsApp absagen, wolle er sich nicht mehr gewöhnen. Rainer Schulz freut sich darauf, in Zukunft wieder mehr Zeit für seine Frau und seine Enkel zu haben. Auch zum Tennisschläger wolle er nun wieder häufiger greifen. Ganz aus der Fußballwelt verabschiedet er sich aber nicht. Alleine durch seine Tätigkeit als Staffelleiter im Juniorinnenbereich des Fußballbezirks Schwarzwald werde er sicher oft im Donaustadion anzutreffen sein. Und seinen Schützlingen aus der einstigen Flüchtlingsmannschaft wird er weiterhin mit Rat und Tat zur Seite stehen.