Nur in der falschen Liga
Im Fußball-Unterhaus bahnt sich ein einsames Duell zwischen dem HSV und Köln an
HAMBURG (SID/dpa) - Zwei Schwergewichte, ein Ziel: Vor dem Start der 45. Zweitliga-Saison am Freitag (20.30 Uhr) mit der Partie des einstigen Bundesligadinos HSV gegen Holstein Kiel sorgen der 1. FC Köln und die Hamburger für eine klare Rollenverteilung. „Der Aufstieg ist unsere einzige Option“, weiß der Kölner Torhüter Timo Horn. „Wir werden immer die Gejagten sein, jedes Spiel wird einen PokalCharakter haben“, betont HSV-Coach Christian Titz.
„Der HSV und Köln kommen um die Bürde des Aufstiegsfavoriten nicht herum“, sagt Robin Dutt. „Beide Vereine haben einen mehr als doppelt so hohen Etat wie der dritthöchste der Liga.“Das Personalbudget der Kölner wird auf 31 Millionen Euro geschätzt. Ähnlich hoch dürfte der des HSV sein. „Diese 2. Liga ist finanziell eine ZweiKlassen-Gesellschaft“, kommentierte Peter Neururer, der das Unterhaus aus seiner Zeit als Trainer so gut wie kaum ein anderer kennen dürfte, angesichts der großen Kluft zwischen den zwei Absteigern und dem großen Rest.
Nach dem rasanten Absturz vom Europa-League-Teilnehmer zum Zweitligisten sind vor allem die Rheinländer willens, den Betriebsunfall der vergangenen Saison schnellstmöglich zu korrigieren. Dazu stellte Manager Armin Veh dem neuen Trainer Markus Anfang einen starken Kader zur Verfügung: Rund zwölf Millionen Euro gab er für neues Personal aus. Kölns Neue sind Versprechen und Verpflichtung zugleich Auch die Neuen versprechen einiges. Dem österreichischen Nationalspieler Louis Schaub wird seit Jahren eine steile Karriere vorhergesagt. Die beiden Verteidiger Benno Schmitz und Lasse Sobiech sammelten bereits Bundesliga-Erfahrung, Offensivspieler Dominick Drexler und Innenverteidiger Rafael Czichos waren Schützlinge von Anfang in Kiel. Zudem schworen der neue Kapitän und Nationalspieler Jonas Hector, Torhüter Horn, Marco Höger und Marcel Risse im Angesicht des Abstiegs ja bereits vor Monaten die Treue. Die vier genießen bei Club und Fans fast Heldenstatus. „Köln ist eine einmalige Stadt, der FC ein einmaliger Verein“, sagte Horn, für den nur der direkte Wiederaufstieg zählt: „Wir werden spielerisch in keiner Partie unterlegen sein.“Am Samstag (13 Uhr/Sky) im Auswärtsspiel beim VfL Bochum will der FC die ersten drei Punkte holen.
„Wir sind top aufgestellt, nur in der falschen Liga“, sagt Präsident Werner Spinner: „Ich gehe davon aus, dass wir das schnell reparieren und aufsteigen.“Nach der schlechtesten Bundesligasaison der Vereinsgeschichte muss der FC in der 2. Bundesliga Wiedergutmachung betreiben. Die Fans „haben uns mit Würde absteigen lassen. Es wird nicht einfach, aber wir sind gut aufgestellt“, sagte Manager Armin Veh: „Ich glaube, dass die Mannschaft stärker als in der vergangenen Saison ist.“Auch Neuzugang Schaub weiß: „Als ich geholt worden bin, hörte man schon raus, dass man direkt wieder aufsteigen will.“
Bei der Saisoneröffnung stimmten sich Mannschaft und Vorstand gemeinsam mit 50 000 Fans auf das aus ihrer Sicht einjährige Intermezzo in der zweiten Liga ein. Die Trainer der Liga sind sich t einig: Alle sehen den FC und den HSV als Aufsteiger. Respekt vor der neuen Liga beim HSV spürbar Der HSV betritt nach 55 Jahren im Oberhaus Neuland. Die langfristigen Knieverletzungen von Gideon Jung und Kyriakos Papadopoulos, die sich die Abwehrspieler in der Vorbereitung zuzogen, stimmten Trainer Christian Titz nachdenklich. Schließlich benötigt der HSV in der 2. Liga nach seiner Einschätzung vor allem solch kampfstarke Profis: „Jeder wird den Verein schlagen wollen, der so lange in der Bundesliga gewesen ist.“
Der Respekt beim HSV ist spürbar. „Die größte Herausforderung wird sein“, sagt Titz, „dass wir mit Köln die großen Favoriten sind.“Er könne nur den Ratschlag geben, keine Mannschaft „zu unterschätzen und zu denken, es wäre eine einfache Liga, nur weil man aus der ersten Liga runter ist – ganz im Gegenteil.“In Lewis Holtby, Aaron Hunt und Gotoku Sakai konnte auch der HSV einige Leistungsträger halten. „Es wird keine leichte Aufgabe. Wir gehen in die Saison mit der Zielsetzung rein, dass wir uns oben festbeißen wollen“, sagt Titz dennoch.
Ein Grund für die Skepsis dürfte auch ein Blick zurück auf vergangene Spielzeiten sein, in denen vermeintliche Favoriten regelmäßig ins Straucheln gerieten. Hinter den Aufstiegsrängen kämpfte zuletzt die ganze Liga gegen den Abstieg. Am Ende trennten Platz neun und 16 nur fünf Punkte.