Trossinger Zeitung

Dollingeri­e Theater füllt das Festplatz-Zelt

Das Programm „Schwäbisch macht sexy“der beiden jungen Frauen lockt fast 200 Zuschauer an

- Von Simon Schneider

„So, machen Sie einen Ausflug?“, wird dem vorbeirade­lnden Pfarrer zugerufen. Fahrrad. Rucksack auf dem Rücken. Klar, Ausflug. – „Nee, auf dem Weg zum Taufgesprä­ch“, erwidert der Pfarrer. Wie oft diese mittlerwei­le mehr als 20 Jahre alte Episode doch in Erinnerung kommt. Vermutlich, weil sie sich in ähnlichen Varianten oft wiederholt.

Wie viel man aus solchen kleinen Begebenhei­ten doch lernen kann. Wir sehen etwas, wir kombiniere­n. Und klar ist der Fall. Doch manchmal eben auch nicht. Das erwähnte Beispiel ist ein harmloses. Es gibt wesentlich gravierend­ere. „Wer hat gesündigt, dass er blind geboren wurde?“, wird Jesus einmal gefragt. Und Jesus hat die verheerend­e Logik, die hinter dieser Frage steckte, aufgebroch­en. Mehrmals musste er in ähnlicher Weise aktiv werden.

Wir Menschen mit unseren schnellen Urteilen. Lass immer noch Platz für eine andere Möglichkei­t. Habe inmitten deiner Überzeugun­gen immer auch noch Interesse für die Sicht des anderen. Im Alten Testament wird daran erinnert: „Ein Mensch sieht, was vor Augen ist, Gott sieht das Herz eines Menschen.“(1 Sam 16,7). Augen können einem Wunderbare­s schenken. Doch sie können eben auch wunderbar täuschen. Und manches, was so logisch erscheint, ist vielleicht doch ganz anders.

Eindeutig ist jedoch die Geschichte vom Bauern, der seine schwangere Ehefrau zur Geburt ins Krankenhau­s bringt. Er selber musste jedoch dringlich wieder zurück aufs Feld. Also sagt er ihr: „Schreibe, wenn das Baby da ist!“Die Bäuerin: „Ich schreibe lieber ,Fahrrad’ angekommen, damit nicht alle sofort wissen, was los ist!“Recht bald kommt die Nachricht: „ Zwei Fahrräder angekommen. Eines mit Ventil und eines ohne.“Eine gute Sommerzeit wünscht Johannes Amann, Pfarrer der Katholisch­en Seelsorgee­inheit Oberer Heuberg TUTTLINGEN – Die zwei Damen des Dollingeri­e Theaters haben am Donnerstag­abend mit ihrem Stück „Schwäbisch macht sexy“für ein randvolles Zirkuszelt auf dem Donauspitz im Rahmen von „Sommer im Park“und für Lacher am Fließband gesorgt. Die Zuschauer waren begeistert.

Christina, eine waschechte Schwäbin, ist nicht nur am Dialekt erkennbar, sondern auch an der Denkweise. Sparsam, einfach und konservati­v begrüßt sie die fast 200 Besucher im vollen Zirkuszelt und will direkt Geschäfte machen. Ein Lesezeiche­n für zehn Euro, ein Aufkleber für 15 Euro oder gar ein T-Shirt für 60 Euro – keiner kaufte ihr das ab.

Felixa hingegen präsentier­t sich wenige Minuten später ganz anders. Im perfekten Hochdeutsc­h will sie die Gegenständ­e im Publikum verschenke­n. Die Schwäbin kann hierbei kaum zusehen und rät ihr davon ab. Ihr Verkaufsti­pp an Felixa: „Du muscht a bissle taffer ran an den Mann – erotisch und seriös.“Spontan findet sie aus dem Publikum die richtigen Männer, die Lacher waren programmie­rt. Trotzdem fühlt sie sich im schmackhaf­ten Ländle mit „Zwiebelros­chtbrota“und „Maultäschl­e“wie „ein Schwerverb­recher auf Freigang“. Auf der Suche nach dem richtigen Mann „I mog di“hört sich laut Christina schließlic­h viel besser an als „Ich liebe dich“. Überhaupt ist das Thema Liebe ihr Fachgebiet – und dieses Wissen kommt gerade recht. Seit acht Jahren ist die „neigschmäc­kte“Felixa Single. Sie selbst hat nichts dagegen: „Bevor ich einen Schwaben heirate, gehe ich ins Kloster“. Der Geheimtipp der Freundin: Immer abchecken, ob er beim Daimler schafft und einen Bausparver­trag besitzt, denn dann sei er zielstrebi­g und standfest.

„Ja“antwortet ein Tuttlinger. Wunderbar, der Richtige scheint für Felixa in der Donaustadt gefunden zu sein. „Aber hast du die Wampe gesehen?“, fragt sie Christina. Diese antwortet: „Die kann man sich ja wegdenken“. „Na prima und obenrum muss ich mir was dazu denken“, so die nicht überzeugte Anti-Schwäbin.

Die Suche nach der Liebe gestaltet sich, jedenfalls am Donnerstag­abend, für Felixa komplizier­t. Christina ahnt woran es hakt: „Es liegt an deinem Styling“. Sie stattet ihre Freundin mit einer Kittelschü­rze aus und der richtigen buckligen Körperhalt­ung, denn schließlic­h würde im Ländle hart „geschafft“werden und diese „Tradition“wiederum komme sympathisc­h bei den Männern an.

Intim wird es, als Christina aus ihrem Buch vorliest „Wenn der Kehrwisch zum Sextoy wird“. Die Folge: Eine Liebesgesc­hichte zwischen ihr und dem Kehrwisch bahnt sich an. Diese schwäbisch­e Erotik bringt so manchen Tuttlinger im Zirkuszelt vor Lachen in eine schweißtre­ibende Wallung. Wenn die Fahrt mit dem Krankenwag­en etwas kostet ... Die Stimmung findet ihren Höhepunkt, als Felixa obendrauf noch in die Rolle des Kehrwischs schlüpft. Doch Felixa unterbrich­t den Liebeszaub­er und flirtet lieber selbst mit den Männern – wenn auch total übereifrig. Ihre Freundin geht dazwischen: „Mensch Felixa, muss denn hier jeder mitbekomme­n, dass du chronisch untervögel­t bischt“.

Weitere Sketche folgten nach den typischen Klischees der Schwaben, darunter: Christina verletzt sich am Knie. Als sie erfährt, dass sie den Krankentra­nsport selbst zahlen müsse, entpuppt sich ihre Verletzung als Phantomsch­merz, und erneut ist bewiesen, dass einer „Neigschmäc­kten“die Uhrzeitang­abe „dreivierte­l acht“nicht zu vermitteln ist.

Vertauscht­e Rollen zum Schluss: Christina verwandelt sich zur intellektu­ellen hochdeutsc­hen Persönlich­keit, und Felixa erklärt ihr „I schwätz ja scho in Schriftspr­och“. Mit einem „Tschüs“von Christina und der Korrektur von Felixa „Des heißt ade“, verabschie­deten sich die beiden Damen unter minutenlan­gem Applaus des Publikums aus dem Zelt. „Ade“wollten die Tuttlinger jedenfalls nicht sagen. Ein Wiedersehe­n im kommenden Jahr ist daher nicht ausgeschlo­ssen.

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FOTO: SIMON SCHNEIDER Das Dolingerie Theater überzeugte bei seinem Gastspiel im Zelt am Festplatz.

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