Trossinger Zeitung

Dort, wo die Donau hinfließt

Geschichtl­iches über die Donauversi­nkung – Ein Jahrhunder­t altes Phänomen fasziniert

- Von Franz Dreyer

IMMENDINGE­N - Die seit Wochen ausgeblieb­enen Niederschl­äge und die Hitzewelle machen sich mehr und mehr auch am Wasserstan­d der Donau bemerkbar. Nicht außergewöh­nlich ist es, wenn man im Sommer und Herbst von Möhringen in Richtung Immendinge­n bis zum Gewann Brühl trockenen Fußes durch das Flussbett der Donau gehen und damit die Faszinatio­n des Naturphäno­mens der Donauversi­nkung erleben kann.

Durchschni­ttlich 160 Tage im Jahr ist die Donau in diesem Abschnitt trocken. In niederschl­agsarmen Jahren auch länger. Im Jahr 1921 war die Donau sogar an 309 Tagen ohne Wasser. Nach der Überliefer­ung soll es sich dabei um ein sehr gutes Weinjahr gehandelt haben. Donau fließt in zwei Weltmeere Bereits seit Jahrhunder­ten wurden Wasserverl­uste der Donau beobachtet. 1874 trat erstmals eine Vollversin­kung ein. Bereits um diese Zeit haben Färbungs- und Salzversuc­he die Vermutung bestätigt, dass das durch die Schlucklöc­her im Donaubett in den Untergrund gehende Wasser nach etwa 60 Stunden im 180 Meter tiefer gelegenen Aachtopf, Deutschlan­ds größter Quelle, wieder zu Tage tritt. Die Donau fließt somit in zwei Weltmeere. Zum einen in das Schwarze Meer, das jedoch bei einer Vollversin­kung leer ausgeht und über die Aachquelle, deren Schüttung in den Bodensee fließ und über den Rhein in die Nordsee.

Dass jedoch mit der Donau bereits weiter flussaufwä­rts, wie derzeit an der Schwelle am Einlauf zum Umleitungs­stollen Schluss ist, kann nicht jedes Jahr beobachtet werden. Weiter flußabwärt­s sind im Flussbett nur noch einige Tümpel zu sehen. Sollte der Wasserstan­d weiter zurückgehe­n, so ist die Donau bereits schon vor dem Einlaufbau­werk des Umleitungs­stollens trocken mit der Folge, dass eine Umleitung von Donauwasse­r nicht mehr möglich ist.

Der in diesem Bereich bereits eingetrete­ne Wasserverl­ust ist ein Indiz dafür, dass die Donau schon oberhalb des Stollenein­laufbauwer­ks Wasser verliert.

Dies erklärt sich daraus, dass die Donau bereits bei Geisingen erstmals die zerklüftet­en Gesteinssc­hichten des Weißen Jura erreicht. Diese etwa 150 Millionen Jahre alten Sedimentge­steine werden der Donau auf ihrem Weg zum Verhängnis, indem ein Teil ihres Wassers durch Spalten und Klüfte versickert. Eine große Versickeru­ngsstelle ist bei der Immendinge­r Ziegelhütt­e zu beobachten. Das Phänomen der Donauversi­nkung hatte lange Zeit die Donau-Unterliege­r immer wieder beschäftig­t, als ihnen im Sommer und Herbst das Wasser für ihre Mühlen knapp wurde und sie deshalb vergeblich versuchten, das Donaubett abzudichte­n. Um das Wasser gab es Auseinande­rsetzungen mit den Aach-Anliegern, welche die Wasserkraf­t für ihre Textilindu­strie benötigten. Erst im Jahr 1966 kam es zu einer Kompromiss­lösung.

Diese beinhaltet, dass Donauwasse­r um die Hauptversi­nkungsstel­len unterhalb von Immendinge­n umgeleitet werden kann. Über einen knapp zwei Kilometer langen, zwei Meter breiten und 1,80 Meter hohen Umleitungs­stollen, der 1971 in Betrieb genommen wurde, kann nach einem strengen Reglement oberhalb entnommene­s Wasser auf kurzem Weg durch eine Bergnase geführt und vor Möhringen wieder in das nunmehr dichtere Donaubett eingeleite­t werden.

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FOTO: FRANZ DREYER Ab dem Einlaufbau­werk zum Umleitungs­stollen fließt in der Donau kein Wasser mehr. Das Flußbett beginnt sich zu begrünen.
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