Trossinger Zeitung

Industriet­radition in der Idylle

Die Trossinger Traditions­firma Michael Birk stellt pharmazeut­ische Kartonagen her

- Von Siegrid Bruch

Die Kartonagen­fabrik Birk produziert seit 139 Jahren in Trossingen.

TROSSINGEN - Die Kartonagen­fabrik Michael Birk hat in ihrer 139-jährigen Geschichte erfolgreic­he Zeiten erlebt. Fast verwunsche­n liegt das mächtige Fabrikgebä­ude an der Ecke Löhrstraße/Bohnengass­e, umgeben von einem großen Garten. Die Produktion von Packmittel­n aus Papier und Karton läuft nach wie vor – jedoch im kleineren Umfang. Es begann mit Mundharfen­schächtele Im Jahr 1879 wurde sie von Michael Birk und seiner Ehefrau Maria, geb. Messner gegründet. Dort wurden die ersten Mundharfen­schächtele produziert. Birks waren Alleinlief­eranten für die renommiert­e Mundharmon­ikafabrik Christian Messner & Cie. Nach und nach ließ man die Abhängigke­it von der Harmonikai­ndustrie hinter sich und man ging zur Kartonagen-Eigenferti­gung für den Apothekerb­edarf über.

Die Söhne Hans und Andreas traten 1899 beziehungs­weise 1900 in die Kartonagen­fabrik ein. 1911 übergaben die Gründer Michael und Maria Birk ihren Söhnen das Geschäft. Damit begann die internatio­nale Ausdehnung des Unternehme­ns.

Die Produktion wurde auf Kartonagen und Papierware­n für den Apothekeng­ebrauch und Drogeriebe­darf, für die Tabak-, Parfüm-, zahntechni­sche und Süßwarenbr­anche ausgedehnt. Daneben wurden medizinisc­he und pharmazeut­ische Utensilien exportiert. Tuttlingen wurde der Hauptsitz der Firma in den ehemaligen Fabrikanla­gen von Jetter und Scherer (heute Aesculap).

Der Ausbruch des Ersten Weltkriege­s brachte zunächst Rückschläg­e, doch die 1920-Jahre brachten den größten Aufstieg in der Firmengesc­hichte. Kontakte mit Südamerika und in den Orient wurden wieder aufgenomme­n und die Produktion ständig erweitert. Weil in den 1920erJahr­en großer Rohstoffma­ngel herrschte, kam man bei Birk auf die Idee, Ersatzware­n für Glas und Blechgefäß­e dann Produkte wie Pappsalben­töpfe, Pappstreud­osen oder Tablettenz­ylinder herzustell­en. Auch Zigaretten­kisten aus Pappe entwickelt­en sich zu Verkaufssc­hlagern. Spielwaren aus Pappe hergestell­t Der Trossinger Zweigbetri­eb führte die neuen „Birkola“-Spielwaren aus Pappe ein, die erst durch das 1950 aufkommend­e Kunststoff­spielzeug verdrängt wurden. Unter dem Dach der Mich. Birk AG waren damals nicht weniger als 1200 Personen beschäftig­t. Den Zweiten Weltkrieg überstand die Firma relativ gut, auch hier wurde wie in fast allen Fabriken Deutschlan­ds für die Wehrmacht beziehungs­weise den Kriegsbeda­rf produziert.

Mit dem Neubeginn nach 1945 wuchs der Bedarf an pharmazeut­ischen Kartonagen wieder und Mitte der 50er-Jahr und danach wurde begonnen, innovative Verpackung­en für die Ampullen herzustell­en. In Tuttlingen und Trossingen beschäftig­te Mich. Birk um 1950 noch über 500 Mitarbeite­r, davon 200 allein in Trossingen. Doch als Hans Birk, Gründersoh­n und Leiter der Trossinger Fabrik, 1959 starb, waren die ganz großen Zeiten vorbei. Im Jahr 1961 wurde die formale Trennung beschlosse­n. Die Firmenleit­er und Vettern Rudolf Birk (Trossingen) und Günter Birk (Tuttlingen) betraten jeweils eigene Wege. Die Geschäfte gingen sukzessive zurück, Pappe war zeitweise nicht mehr sehr gefragt. 1991 verstarb Rudolf Birk, seither leitet sein Sohn Frank bis heute den Betrieb.

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FOTO: SIEGRID BRUCH
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FOTOS: SIEGRID BRUCH Ein Mitarbeite­r beim Einrichten der Klebemasch­ine.
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Geschäftsf­ührer Frank Birk: „Die umweltfreu­ndlichen Verpackung­en werden gerne von Hersteller­n homöopathi­scher Arzneimitt­el benutzt.“

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