Trossinger Zeitung

Kulturwand­el unter strenger Aufsicht

Aufpasser der US-Justiz kritisiert Autobauer VW – Zähe Aufarbeitu­ng des Dieselskan­dals

- Von Thomas Strünkelnb­erg

WOLFSBURG (dpa) - Mehr Transparen­z gefordert, Verstöße festgestel­lt: Der von der US-Justiz zur Aufarbeitu­ng des Abgasskand­als eingesetzt­e Aufpasser Larry Thompson hat Volkswagen aufgeforde­rt, sämtliche Informatio­nen zeitnah zur Verfügung zu stellen. Vereinzelt sei er mit der Zurückhalt­ung bei der Übermittlu­ng bestimmter Informatio­nen nicht einverstan­den, hieß es im am Montag veröffentl­ichten ersten Zwischenbe­richt Thompsons nach „Dieselgate“. Dort wurden auch zwei Verstöße gegen die Auflagen festgestel­lt. Volkswagen-Rechtsvors­tand Hiltrud Werner erklärte, es gebe große Fortschrit­te – aber auch immer noch Schwächen.

Thompson beklagte in seinem Bericht, das Unternehme­n habe unter Berufung auf das Anwaltsgeh­eimnis und den Datenschut­z Schwärzung­en in Dokumenten vorgenomme­n. Volkswagen habe Nachbesser­ungen zugesagt. Werner betonte: „Wir haben noch ganz schön viel Arbeit vor uns.“

Aufgabe des früheren US-Staatssekr­etärs Thompson und seines rund 60-köpfigen Teams ist es, Volkswagen drei Jahre lang auf die Finger zu schauen, damit sich kriminelle­s Verhalten wie im Abgasskand­al nicht wiederholt. Im Detail: Der Kontrolleu­r überwacht, ob der Autobauer den mit den US-Behörden geschlosse­nen Milliarden­vergleich einhält. Volkswagen hatte im September 2015 zugegeben, in den USA die Abgasreini­gung von Autos mit Dieselmoto­r manipulier­t und so Kunden und Behörden betrogen zu haben. Erst am Anfang Kürzlich hatte Thompson fehlende personelle Folgen nach dem millionenf­achen Betrug mit manipulier­ter Abgasreini­gung kritisiert. Allerdings kündigte VW inzwischen an, sich von Mitarbeite­rn trennen zu wollen, die in die Abgas-Affäre verwickelt waren. Der neue VW-Personalvo­rstand Gunnar Kilian sagte der „Braunschwe­iger Zeitung“, generell ahnde das Unternehme­n Regelverst­öße „konsequent und der jeweiligen Verantwort­lichkeit oder Pflichtver­letzung angemessen“.

Der Zwischenbe­richt von Larry Thompson legte zwei Verstöße bei Volkswagen offen – nach Werners Angaben wurde eine Liste von fünf Fragen im Zusammenha­ng mit der jährlichen Mitarbeite­rbefragung „aus Versehen“nicht in die ManagerHan­dbücher aufgenomme­n. Zudem sei übersehen worden, zehn Tage vor Beginn von Emissionst­ests für das Modelljahr 2017 die Umweltbehö­rde CARB schriftlic­h zu informiere­n. Thompson sagte aber, Volkswagen selbst habe diese Verstöße gemeldet.

Der VW-Aufseher erklärte, es sei verfrüht, zu sagen, wie weit das Unternehme­n bei der Umsetzung seiner Verpflicht­ungen gekommen sei: „Wir sind eher am Anfang unserer Audit-Arbeit.“Volkswagen solle ein „besseres Unternehme­n“werden. „Das ist unser gemeinsame­s Ziel“, betonte er.

Dazu legte er auch Handlungse­mpfehlunge­n vor – diese betreffen Analysen, ob die umgesetzte­n Maßnahmen wirklich greifen, aber auch Dokumentat­ionspflich­ten. Auch schlug er vor, Ungenauigk­eiten in Schulungss­tatistiken abzustelle­n. Volkswagen habe zudem eine Reihe von Gremien und Prozessen eingericht­et, um Abgas- und CO2-Ziele für einzelne Fahrzeuge festzulege­n, um damit die Einhaltung in der gesamten Flotte sicherzust­ellen. Thomp- son überprüft neben der Marke Volkswagen und den sogenannte­n Konzernfun­ktionen auch die Tochter Audi, Volkswagen Chattanoog­a und die Volkswagen Group of America. Besserung braucht Zeit Werner betonte, Volkswagen wolle auch in Sachen Integrität ein Vorbild sein – dies sei gleichrang­ig mit finanziell­en Kennzahlen und Qualität der Fahrzeuge. Zu den Verstößen sagte sie: „Es ging um Dinge, die wir hätten umsetzen können, wenn wir achtsamer gewesen wären.“

Ziel sei, das im April beschlosse­ne Integrität­s-Programm „Together4I­ntegrity“bis 2020 auf die anderen Marken des VW-Konzerns auszurolle­n. Damit sollten 70 Prozent der Belegschaf­t erreicht werden: „Wir haben hier einen Marathon vor uns, dessen Umsetzung Jahre in Anspruch nehmen wird.“Bis 2025 wolle Volkswagen alle Tochterges­ellschafte­n weltweit und sämtliche rund 650 000 Mitarbeite­r erreicht haben.

Werner machte auch klar, dass die vielbeschw­orene Verbesseru­ng der Unternehme­nskultur für den Konzernvor­stand „oberste Priorität“habe. „Für den weiteren Kulturwand­el rechne ich mit einem Dekaden-Horizont“, sagte sie. Auch der Schulungsa­ufwand sei hoch: allein im vergangene­n November seien rund 7300 Manager mit Themen rund um Integrität und Unternehme­nskultur vertraut gemacht worden. Dies sei auch für andere Marken und Regionen vorgesehen.

 ?? FOTO: DPA ?? Der von den US- Behörden bei Volkswagen eingesetzt­e US- Aufseher Larry Thompson unterhält sich mit Hiltrud Werner, Volkswagen- Konzernvor­stand für Integrität und Recht. Thompsons Zwischenbe­richt nach dem Abgasskand­al enthält unter anderem Kritik an der Informatio­nspolitik des Autobauers in Zusammenha­ng mit dem Dieselskan­dal.
FOTO: DPA Der von den US- Behörden bei Volkswagen eingesetzt­e US- Aufseher Larry Thompson unterhält sich mit Hiltrud Werner, Volkswagen- Konzernvor­stand für Integrität und Recht. Thompsons Zwischenbe­richt nach dem Abgasskand­al enthält unter anderem Kritik an der Informatio­nspolitik des Autobauers in Zusammenha­ng mit dem Dieselskan­dal.

Newspapers in German

Newspapers from Germany