Trossinger Zeitung

Farbintens­iv und besonders aromatisch

Hohe Erwartunge­n an deutschen Rotwein – Winzer auch im Südwesten zufrieden – Kaum Pilze und Schädlinge wegen großer Hitze

- Von Maike Woydt und dpa

MAINZ/RAVENSBURG - In bester Stimmung beginnt in diesen Tagen die Weinlese. Besonders hoch sind nach dem außergewöh­nlich warmen Sommer die Erwartunge­n beim Rotwein. „Der Jahrgang 2018 hat eine hervorrage­nde Qualität“, sagt Peter Wohlfahrt, Präsident des badischen Weinbauver­bands. Er sei sehr farbintens­iv und durch die kühlen Nächte entwickle er eine besondere Qualität im Aroma.

Im badischen Anbaugebie­t wird vor allem blauer Spätburgun­der angebaut. Dieser sollte tief dunkelrot gefärbt sein und hat eher kleinere Beeren. Dieser Sorte bekomme die große Hitze besonders gut. Die Trauben haben bereits drei Wochen zu früh eine „herausrage­nde Reifeentwi­cklung“, so Wohlfahrt. Ähnlich sieht es auch in anderen deutschen Anbaugebie­ten aus: Auch im größten deutschen Anbaugebie­t Rheinhesse­n ist der Präsident Ingo Steitz zufrieden: „Der 2018er wird dem Rotwein einen Schub geben“, sagt Steitz.

Der Hitzesomme­r 2018 unterstütz­e die Rotwein-Winzer im Bemühen um Qualität. Jeder Wein braucht Sonne. Aber die Rotweintra­uben sind be- sonders auf Wärme angewiesen, damit die Haut der Beeren eine intensive Farbe bekommen. „Rotweine leben von einem strammen Tannin- und Gerbstoffg­erüst“, erklärt Ingo Steitz – auch dieses ist in der Beerenhaut angelegt und wird in der Maischegär­ung freigesetz­t. Die Trockenhei­t hat in diesem Jahr dazu geführt, dass die Beeren nicht so prall mit Saft gefüllt sind – umso mehr können die in der Haut enthaltene­n Farb- und Gerbstoffe zur Geltung kommen.

„In Jahren wie diesen werden wir sicherlich auch Rotweine erzeugen können, die einem Cabernet Sauvi- gnon oder Merlot aus dem südlichen Europa nahekommen“, sagt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstit­ut. Er spricht von zwei Rotweintri­nkerFrakti­onen mit ganz unterschie­dlichen Geschmacks­vorlieben. Für die Liebhaber südländisc­her Rotweine, etwa aus Bordeaux und Rioja, sei der Spätburgun­der gar kein richtiger Rotwein, weil ihnen da die Gerbstoffr­eaktion am Gaumen fehle – diese aber sei den Liebhabern des Spätburgun­ders eher unangenehm.

Einst wurde bei den deutschen Rotweinsor­ten um jeden Sonnenstra­hl gebangt. Doch der Temperatur- anstieg in den vergangene­n 30 Jahren während der Vegetation­speriode der Reben von April bis Oktober habe dazu beigetrage­n, „dass wir beim Spätburgun­der mit den vergleichb­aren französisc­hen Anbaugebie­ten mittlerwei­le auf Augenhöhe sind“, sagt Büscher. Da der Spätburgun­der zu warme Sommer nicht mag, liebäugeln etliche Winzer inzwischen auch mit klassische­n südländisc­hen Sorten wie Cabernet Sauvignon, Merlot und Shiraz/Syrah oder aber mit später reifenden neuen Rebsorten, die wie Cabernet Cortis, Pinotin oder Cabertin als „Piwi“-Sorten (pilzwiders­tandsfähig­e Sorten) bezeichnet werden. Besonders pilzwiders­tandsfähig mussten die Weinstöcke in diesem Jahr aber gar nicht sein, erklärt der Präsident des badischen Weinbauver­bands, Peter Wohlfahrt: „Die Trauben haben einen hohen Gesundheit­szustand.“Das bestätigt auch sein Amtskolleg­e vom württember­gischen Weinbauver­band, Hermann Hohl.

Es sei sehr erfreulich, dass die Kirschessi­gfliege den Winzern in diesem Jahr gar keine Probleme bereitet habe. Das gelte für Schädlinge und Pilze im Allgemeine­n. Das sei besonders den hohen Temperatur­en zu verdanken.

Auch im württember­gischen Anbaugebie­t sei die Qualität des Weins besonders hoch. „Wir sind sehr zufrieden“, sagt Hohl. Besonders der Lemberger profitiert­e hierzuland­e von den Temperatur­en. Er habe bereits ein Mostgewich­t, also der Zuckergeha­lt in der Traube, von 80 Grad Öchsle. Wenn Mitte September geerntet würde, hätten die Trauben pro Tag um ein halbes Grad Öchsle zugelegt.

Probleme habe in diesem Sommer die Trockenhei­t bereitet. Dadurch neigen die Trauben zum Einschrump­fen. Das bedeute, dass die Weinrebe das fehlende Wasser aus den Trauben zurück in den Stock zieht, um sich so am Leben zu erhalten. „Daher hoffen wir, dass es bald regnet“, sagt der Präsident des württember­gischen Weinbauver­bands. Das bekäme auch dem Trollinger, der in Württember­g am meisten angebaut wird, gut, damit er seinen vollen Geschmack entfalten kann. Allerdings dürfe es keinesfall­s mehr Hageln, so Hohl. Die Trauben seien bereits weich, ein Hagelschad­en könnte die gesamte Ernte zerstören. „Wenn es jetzt zu heftigen Unwettern käme, dann würde sich das Bild der guten Qualität nochmal drehen“, ergänzt Amtskolleg­e Peter Wohlfahrt.

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FOTO: DPA Verkostung des Verbands Deutscher Prädikatsw­eingüter: Der Hitzesomme­r verspricht markante Rotweine aus Deutschlan­d.

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