Fitnessstudio statt Apotheke
Neue Serie „Fit im Alter“– Spaichinger Senioren trainieren regelmäßig ihre Physis
SPAICHINGEN - In einer kleinen Serie beschäftigen wir uns mit dem Thema Altersfitness. Früher bedeutete Alterssport Spazierengehen und ein wenig Gymnastik. Inzwischen hat ein Umdenken eingesetzt. Die Serie soll unter anderem zeigen, welche Angebote es für Spaichinger Senioren gibt und worauf sie achten müssen. Zum Auftakt ein Besuch bei der Altersfitnessgruppe im FitnessFreizeit-Park an der Max-PlanckStraße.
Der durchtrainierte 72-Jährige schiebt die Gewichte nach oben. Drei Mal, vier Mal, fünf Mal. Hochkonzentriert, immerzu der gleiche Bewegungsablauf. Neun Mal, zehn Mal. Geschafft. Weiter zum nächsten Gerät. Ingwer Borg ist Stammgast in dem Spaichinger Fitnesscenter. „Vor fünf Jahren habe ich mir beim Skifahren einen Lendenwirbelkompressionsbruch zugezogen – es hieß, ich sollte meine Muskulatur stärken, vor allem am Rücken“, erzählt der Mann aus Hausen ob Verena. Erst habe er eine Physiotherapie gemacht, jetzt geht er jede Woche drei Mal ins Fitnessstudio – „montags, mittwochs und freitags je eine Stunde“. Regelmäßiges Training ist entscheidend „Es ist wichtig, dass man regelmäßig trainiert – man muss es genau takten und durchhalten“, sagt Borg. „Wenn man zwischendurch Pausen macht, bringt es nichts.“Auch der Spaichinger Wolfgang Schwedes ist zwei Mal die Woche hier. „Man braucht das im Alter umso mehr, weil sich die Muskeln zurückbilden“, sagt der ebenfalls 72-Jährige. Er beginnt nach dem Warmmachen stets mit dem Training für den Oberkörper. „Ich wechsle ab zwischen leichter und schwieriger.“Wie Borg nutzt er größtenteils die Geräte, macht weniger Hanteltraining. „Das ist für ältere Menschen besser, weil es durch die jeweiligen Einstellungen kontrollierter ist als Hanteln“, erläutern die beiden Senioren. Diese seien eher etwas für Bodybuilder, „dabei kann man sich leicht verletzen – viele Leute nehmen zu schwere Gewichte, und dann kommen die Muskelverletzungen“.
Das spezielle Altersfitnesstraining bietet der Fitness-Freizeit-Park seit vier Jahren an. Solange ist Alfred Leopold, seit 2017 auch Studioleiter, dort Trainer. Zehn Prozent der 900 Mitglieder, also rund 90 Senioren aus Spaichingen, vom Heuberg oder aus Seitingen-Oberflacht, nähmen daran teil. Das Seniorentraining ist montags bis freitags von 9 bis 12 Uhr, Leopold überwacht es und leitet es an. „An den stärksten Tagen, montags und mittwochs, kommen bis zu 30 Senioren.“Er habe bei älteren Menschen das Bewusstsein wecken wollen, „dass sie nicht zur Apotheke gehen sollen, sondern ins Fitnessstudio – das kostet genauso viel Geld, ist aber für die Gesundheit viel besser“. 40 Euro müssten Senioren monatlich zahlen, „dafür können sie jeden Vormittag trainieren sowie samstags und sonntags unbegrenzt“.
Ziel ist es laut Leopold, selbst bereits 69 Jahre alt, „das Leistungsvermögen für den Alltag und die Körperhaltung zu verbessern – die Senioren sollen sich besser fühlen“.. Kraftsport verändere alte Menschen, „von der Psyche her, und sie bekom- Altersfitnessgruppe men ein viel besseres Körpergefühl“. Neueinsteiger bekämen eine Einweisung an den Geräten, Ziele würden abgefragt. Neue machen zudem ein Probetraining, erläutert Leopold, „um sich an das Machbare ran zu tasten, damit keiner überfordert ist“. Dann würden auf die Person zugeschneiderte Trainingspläne geschrieben. Diese seien auf geführte Geräte ausgerichtet, bei denen ein bestimmtes Steckgewicht eingestellt werden kann – „kein Freihanteltraining, wo man umfallen könnte, wenn man die Balance verliert“.
Auch oder gerade, wer sich im Berufsleben wenig bewegt habe, sei nicht fehl am Platz. „Wir messen zunächst den Blutdruck und, wenn gewünscht, mit speziellen Geräten Körperfett und Muskelmasse“, berichtet Leopold. „Man muss Rücksicht nehmen und darf die Leute nicht zu sehr belasten.“Jede Übung habe drei Teile: Aufwärmen, dann eine mittlere Belastung von 50 Prozent und eine stärkere von 80 Prozent – bis zu zehn Mal pro Gerät. „Aber nie 100 Prozent im Seniorenalter“, betont der Studioleiter. Jeder Trainingsplan fange mit den Rumpfmuskeln an, „mit Bauch und Rücken, das ist das wichtigste, dann kommen die Beine, dann die Arme“.
„Früher hat man alten Leuten geraten, sich wenig zu bewegen“, sagt Leopold mit Blick auf Verschleißerscheinungen. Dadurch seien Probleme entstanden an den Gelenken von Knie, Hüfte, Schulter. „Die Gelenke haben sich fast versteift“, so der Studioleiter. „Heute hingegen raten Ärzte selbst bei Arthrose zu Bewegung – sonst verkümmert das Gelenk.“Ganzkörpertraining, „von Yoga bis zu Bauch/Beine/Po“, steht auch bei Seniorenkursen montags bis mittwochs mit Gruppen von zehn bis zwölf Teilnehmern an, „die alle das gleiche machen“. Eine Altersgrenze für Fitnesssport gebe es nicht, sagt Leopold. „Unsere älteste Dame ist die Spaichingerin Hildegard Köberle – sie ist 86.“ Ein Video sehen Sie bei www.schwaebische.de/ spaichingen
„Die Senioren bekommen ein viel besseres Körpergefühl.“Studioleiter Alfred Leopold