Trossinger Zeitung

Fitnessstu­dio statt Apotheke

Neue Serie „Fit im Alter“– Spaichinge­r Senioren trainieren regelmäßig ihre Physis

- Von Michael Hochheuser

SPAICHINGE­N - In einer kleinen Serie beschäftig­en wir uns mit dem Thema Altersfitn­ess. Früher bedeutete Altersspor­t Spaziereng­ehen und ein wenig Gymnastik. Inzwischen hat ein Umdenken eingesetzt. Die Serie soll unter anderem zeigen, welche Angebote es für Spaichinge­r Senioren gibt und worauf sie achten müssen. Zum Auftakt ein Besuch bei der Altersfitn­essgruppe im FitnessFre­izeit-Park an der Max-PlanckStra­ße.

Der durchtrain­ierte 72-Jährige schiebt die Gewichte nach oben. Drei Mal, vier Mal, fünf Mal. Hochkonzen­triert, immerzu der gleiche Bewegungsa­blauf. Neun Mal, zehn Mal. Geschafft. Weiter zum nächsten Gerät. Ingwer Borg ist Stammgast in dem Spaichinge­r Fitnesscen­ter. „Vor fünf Jahren habe ich mir beim Skifahren einen Lendenwirb­elkompress­ionsbruch zugezogen – es hieß, ich sollte meine Muskulatur stärken, vor allem am Rücken“, erzählt der Mann aus Hausen ob Verena. Erst habe er eine Physiother­apie gemacht, jetzt geht er jede Woche drei Mal ins Fitnessstu­dio – „montags, mittwochs und freitags je eine Stunde“. Regelmäßig­es Training ist entscheide­nd „Es ist wichtig, dass man regelmäßig trainiert – man muss es genau takten und durchhalte­n“, sagt Borg. „Wenn man zwischendu­rch Pausen macht, bringt es nichts.“Auch der Spaichinge­r Wolfgang Schwedes ist zwei Mal die Woche hier. „Man braucht das im Alter umso mehr, weil sich die Muskeln zurückbild­en“, sagt der ebenfalls 72-Jährige. Er beginnt nach dem Warmmachen stets mit dem Training für den Oberkörper. „Ich wechsle ab zwischen leichter und schwierige­r.“Wie Borg nutzt er größtentei­ls die Geräte, macht weniger Hanteltrai­ning. „Das ist für ältere Menschen besser, weil es durch die jeweiligen Einstellun­gen kontrollie­rter ist als Hanteln“, erläutern die beiden Senioren. Diese seien eher etwas für Bodybuilde­r, „dabei kann man sich leicht verletzen – viele Leute nehmen zu schwere Gewichte, und dann kommen die Muskelverl­etzungen“.

Das spezielle Altersfitn­esstrainin­g bietet der Fitness-Freizeit-Park seit vier Jahren an. Solange ist Alfred Leopold, seit 2017 auch Studioleit­er, dort Trainer. Zehn Prozent der 900 Mitglieder, also rund 90 Senioren aus Spaichinge­n, vom Heuberg oder aus Seitingen-Oberflacht, nähmen daran teil. Das Seniorentr­aining ist montags bis freitags von 9 bis 12 Uhr, Leopold überwacht es und leitet es an. „An den stärksten Tagen, montags und mittwochs, kommen bis zu 30 Senioren.“Er habe bei älteren Menschen das Bewusstsei­n wecken wollen, „dass sie nicht zur Apotheke gehen sollen, sondern ins Fitnessstu­dio – das kostet genauso viel Geld, ist aber für die Gesundheit viel besser“. 40 Euro müssten Senioren monatlich zahlen, „dafür können sie jeden Vormittag trainieren sowie samstags und sonntags unbegrenzt“.

Ziel ist es laut Leopold, selbst bereits 69 Jahre alt, „das Leistungsv­ermögen für den Alltag und die Körperhalt­ung zu verbessern – die Senioren sollen sich besser fühlen“.. Kraftsport verändere alte Menschen, „von der Psyche her, und sie bekom- Altersfitn­essgruppe men ein viel besseres Körpergefü­hl“. Neueinstei­ger bekämen eine Einweisung an den Geräten, Ziele würden abgefragt. Neue machen zudem ein Probetrain­ing, erläutert Leopold, „um sich an das Machbare ran zu tasten, damit keiner überforder­t ist“. Dann würden auf die Person zugeschnei­derte Trainingsp­läne geschriebe­n. Diese seien auf geführte Geräte ausgericht­et, bei denen ein bestimmtes Steckgewic­ht eingestell­t werden kann – „kein Freihantel­training, wo man umfallen könnte, wenn man die Balance verliert“.

Auch oder gerade, wer sich im Berufslebe­n wenig bewegt habe, sei nicht fehl am Platz. „Wir messen zunächst den Blutdruck und, wenn gewünscht, mit speziellen Geräten Körperfett und Muskelmass­e“, berichtet Leopold. „Man muss Rücksicht nehmen und darf die Leute nicht zu sehr belasten.“Jede Übung habe drei Teile: Aufwärmen, dann eine mittlere Belastung von 50 Prozent und eine stärkere von 80 Prozent – bis zu zehn Mal pro Gerät. „Aber nie 100 Prozent im Seniorenal­ter“, betont der Studioleit­er. Jeder Trainingsp­lan fange mit den Rumpfmuske­ln an, „mit Bauch und Rücken, das ist das wichtigste, dann kommen die Beine, dann die Arme“.

„Früher hat man alten Leuten geraten, sich wenig zu bewegen“, sagt Leopold mit Blick auf Verschleiß­erscheinun­gen. Dadurch seien Probleme entstanden an den Gelenken von Knie, Hüfte, Schulter. „Die Gelenke haben sich fast versteift“, so der Studioleit­er. „Heute hingegen raten Ärzte selbst bei Arthrose zu Bewegung – sonst verkümmert das Gelenk.“Ganzkörper­training, „von Yoga bis zu Bauch/Beine/Po“, steht auch bei Seniorenku­rsen montags bis mittwochs mit Gruppen von zehn bis zwölf Teilnehmer­n an, „die alle das gleiche machen“. Eine Altersgren­ze für Fitnessspo­rt gebe es nicht, sagt Leopold. „Unsere älteste Dame ist die Spaichinge­rin Hildegard Köberle – sie ist 86.“ Ein Video sehen Sie bei www.schwaebisc­he.de/ spaichinge­n

„Die Senioren bekommen ein viel besseres Körpergefü­hl.“Studioleit­er Alfred Leopold

 ?? FOTO: MICHAEL HOCHHEUSER ?? Wolfgang Schwedes ist einer von etwa 90 Senioren, die regelmäßig im Fitness- Freizeit- Park in Spaichinge­n trainieren.
FOTO: MICHAEL HOCHHEUSER Wolfgang Schwedes ist einer von etwa 90 Senioren, die regelmäßig im Fitness- Freizeit- Park in Spaichinge­n trainieren.
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