Trossinger Zeitung

Die SZ öffnet Türen

„Die SZ öffnet Türen“– Radaranlag­e auf dem Heuberg fasziniert die Leser

- Von Regina Braungart

Die Radaranlag­e oberhalb Gosheims ist Ziel unserer Sommer-Aktion.

GOSHEIM - Lauter kleine Vierecke zieren das Radarbild, auf dem schemenhaf­t eine Landkarte zu erahnen ist. „Das sind lauter Flugzeuge, die momentan im Luftraum sind“, erläutert Ralf Dietzel, Teamleiter Ortung und zuständig für die Radaranlag­e der Deutschen Flugsicher­ung in Gosheim. Im Rahmen von „Die SZ öffnet Türen“haben knapp 20 Leser unserer Zeitung am Mittwoch einen Blick hinter die Kulissen des Riesen auf dem Heuberg werfen dürfen.

Das war etwas ganz Besonderes, denn die Anlage gehört zu einem Netz an Überwachun­gsanlagen, von denen die Sicherheit und der reibungslo­se Ablauf der deutschen Luftfahrt abhängt. Die Gosheimer Anlage ist eine von Sechsen, die besonders weit „blicken“können.

„Blicken“tun die Anlagen natürlich nicht, sie senden kurze elektromag­netische Impulse aus – und was zurück kommt, wird aufgefange­n. Weil Hinderniss­e wie Bäume, Vogelschwä­rme, Wetterphän­omene und eben Flugzeuge die Impulse zurückwerf­en, kann bis auf 15 Meter genau gemessen werden, wo sich etwas befindet. Und anhand der fortlaufen­den Daten auch, wohin es sich bewegt. Die Pendant-Auffangsta­tion steht übrigens auf dem Kochelsber­g bei Böttingen. Dort ist eine Funkstelle für den Sprechfunk zwischen Lotse und Pilot. Sie wird umgesetzt, damit sie die Solaranlag­e nicht beschattet.

Fasziniert hörten die Besucher Dietzels Erläuterun­gen, etwa auch diese, dass in der Luftfahrt die Begrifflic­hkeiten aus der Seefahrt kommen: Knoten, Meilen, Fuß sind die Maßeinheit­en. Warum? Weil Seefahrer navigieren konnten – und so waren sie auch die ersten, die etwa beim Ballonflie­gen gefragt waren. Man erfuhr, dass es Primär- und Sekundärra­dar gibt; Sekundärra­dar wie die Gosheimer Anlage könne mit geringerer Leistung arbeiten, weil die Empfänger bei den Flugzeugen aktiv die Signale zurück werfen.

Die Deutsche Flugsicher­ung überwache auch nur ab einer bestimmten Höhe, Privatpilo­ten drunter sind selber für ihre Sicherheit verantwort­lich. Aber ab dieser Höhe –deshalb werden die Impulse auch weitgehend oberhalb der bewohnten Gebiete gesendet und empfangen – ist das Überwachun­gssystem lückenlos, erklärte Dietzel. Sobald ein Flugzeug in den Luftraum eintritt, wird es erfasst und quasi von Zone zu Zone „weiter gegeben“. Immer zwei Fluglotsen seien für eine Zelle verantwort­lich. Die Daten sind nicht geheim, auch private Flughäfen oder auch Forscher können sie kaufen und nutzen. Selbst die Bundeswehr fliegt mit der Deutschen Flugsicher­ung, wenn sie sich zwischen den eigenen und armeeüberw­achten Gebieten bewegen.

Etwa 2000 Lotsen hat die Deutsche Flugsicher­ung, insgesamt aber etwa 5000 Mitarbeite­r, so Dietzel. Am Anfang war die Gosheimer Anlage mit 18 Mitarbeite­rn besetzt und rund um die Uhr bewacht, inzwischen ist keine der Anlagen mehr bemannt.

Auch das Aussehen hat sich verändert: Während am Anfang die Technik in einem riesigen dreistöcki­gen Gebäude untergebra­cht war – das heute nicht mehr steht – ist selbst im Überwachun­gsraum im Turm vieles leer, weil die technische Ausstattun­g samt Rechnern immer kleiner und kleiner wurde. Die Anlage wird allerdings immer noch rund um die Uhr fern überwacht, so Dietzel. Bei der Flugsicher­ung würden alle technische­n Anlagen redundant, also doppelt geführt. Man wolle ja nicht, dass etwa wegen eines versehentl­ichen Baggerbiss­es eine ganze Anlage ausfalle.

Wie es mit der Gesundheit­sbelastung aussehe? Dietzel rechnete vor, dass die Belastung so kurz und im Vergleich zu etwa schnurlose­n Telefonen so klein sei, dass keine Gefahren von einer Anlage wie Gosheim ausgingen.

Ganz besonders nett an diesem Mittwochvo­rmittag war das Zusammentr­effen von vier Kollegen: Manfred Glöggler ist extra aus Weingarten gekommen, nachdem ihn seine in Tuttlingen lebende Schwester aufmerksam gemacht hatte. Er hat 1974 bis 1976 eineinhalb Jahre als Starkstrom­elektriker für Telefunken die Installati­onen an der Anlage (und vielen weiteren) vorgenomme­n und Bilder mitgebrach­t. Außerdem waren Willi Gurt aus Gosheim und Dietmar Krüger aus Denkingen gekommen.

Beide haben einst, bis zum Jahr 1995, auf der Anlage gearbeitet. Krüger ist erst seit zwei Jahren im Ruhestand, hat unter seinem Chef Ralf Dietzel die letzten Berufsjahr­e in München gearbeitet. 189 Stufen führen nach oben Eine schöne Belohnung fürs Erklimmen von 189 Stufen im Innern des Turms war der Rundumblic­k von der Plattform des Turmes, den alle Teilnehmer bei schönstem Spätsommer­wetter genossen.

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FOTO: REGINA BRAUNGART
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FOTO: REGINA BRAUNGART Ralf Dietzel (vorn) zeigt den Bildschirm mit vielen grünen Karos – alles Flugzeuge, die vom Radar erfasst werden.
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