Besuch beim Bienenfreund
In Rot a. d. Rot wird die Honigproduktion für jeden erlebbar gemacht
Bienenfreund“– so steht es hinten auf seinem Vereins-TShirt, und besser kann man die Leidenschaft des Hobbyimkers wohl kaum ausdrücken. Auch Wolfgang Höschele selbst mag es gerne hören. Das sei die Idee seiner Vereinskameraden gewesen, aber stolz darauf ist er allemal. „Seit ich 14 Jahre alt bin, beschäftige ich mich mit Bienen“, erzählt der 70-jährige Hobbyimker, der ursprünglich einmal GasWasser-Installateur gelernt hat und später 46 Jahre lang mit seiner Frau ein Busunternehmen in Rot a. d. Rot geleitet hat. „Urlaub mach’ ich keinen, hab’ schon genug gesehen auf der Welt“, meint der Bienenfreund, der jetzt den ganzen Tag Zeit für sein Hobby hat und sein Wissen gerne weitergibt: an Schulkinder, an zufällige Gäste vom naheliegenden Klostertagungshaus, an angemeldete Besucher, auch an Neuimker und solche, die es werden wollen.
„Ja, das Telefon klingelt sehr oft“, sagt er, „eine Menge Leute interessiert sich derzeit für Bienen, und der Bedarf an Information ist sehr groß.“Um Krankheiten geht’s dabei, um Standorte für die Kästen oder auch um Fütterung, das Honigmachen und die Bekämpfung der Varroa-Milbe. Bei Letzterem setzt Höschele auf 60-prozentige Ameisensäure: „Derzeit das beste Mittel dagegen.“
Allergiker kommen
Seine etwa 24 Bienenvölker, die rund um das Bienenmuseum in Rot an der Rot verteilt sind, danken ihm seinen Eifer – mit wenig Krankheiten und mit einer guten Honig- und Wachsausbeute. Handcremes, Seifen, Kerzen, Honig, Schnäpse und Liköre – eigentlich alles, was aus Wachs und Honig hergestellt werden kann, gibt es im Bienenmuseum zu testen oder zu besichtigen. „Sogar die Apitherapie bieten wir an“, erzählt der Bienenfreund und klärt im nächsten Satz auf. „Konzentrierte Bienenluft einatmen soll gegen Pollenallergien helfen.“Immer wieder reist jemand extra deswegen hierher.
Kapelle für den Schutzheiligen
Die meisten kommen aber, um Höschele und seinen Vereinskollegen bei ihrer täglichen Arbeit zuzusehen. „Derzeit sind wir mit der Ameisensäure beschäftigt“, beschreibt er seine momentane Hauptaufgabe, „das geht nur noch bis in den September hinein.“Dann zeigt er die abgestorbenen kleinen Milben auf einer weißen Platte und freut sich über jeden winzigen Punkt. Diese Milben schädigen die Brut und so kommt es zu Missgeburten. Aber nicht nur über Krankheiten referiert Höschele gern. „Ich kann locker zwei Stunden lang über Bienen reden“, sagt er, zeigt dann aber nach draußen auf die neu gebaute Kapelle für den Heiligen Ambrosius, den Schutzheiligen für Imker und Bienen. „Für den gab es im ganzen Kreis Biberach keine eigene Kapelle, das wollte ich ändern.“
Dann erzählt er von den Königinnen und dem Gelee royale, das ihnen die Ammen geben und das sie größer werden lässt als die anderen Bienen, von Arbeitsbienen und Drohnen, von Reinigungsflügen im Frühjahr, „die unbedingt nötig sind, damit sie sich entleeren können“, und von Schwänzeltänzen im Kasten, „von denen die anderen Bienen ablesen können, wo es Futter gibt“. Man hört mit Erstaunen, dass Bienen Durchfall haben können und er mit bloßem Auge sehen kann, wenn eine von ihnen im indischen Springkraut war, „weil sie dann hinten weiße Spuren hat – hier, sehen Sie?“
Mal eine Königin anschauen? „Klar.“Und er greift mit bloßen Händen in einen Kasten – „die sind ziemlich zahm, inzwischen züchtet man ja Rassen mit Sanftmütigkeit und Schwarmträgheit“– holt langsam Wabe für Wabe heraus und wird beim fünften Mal fündig. Die Königin ist doppelt so groß wie die anderen Bienen und hat einen roten Punkt auf dem Körper. Dass sie nach nur einmaligem Begatten bis zu 2500 Eier am Tag legen kann und für ein Volk von ungefähr 60 000 Tieren zuständig ist, macht den Betrachter regelrecht ehrfürchtig. Bis zu vier Jahre wird sie alt – ganz im Unterschied zu einer normalen Arbeitsbiene, die im Sommer nur zwei bis sechs Wochen lebt.
Neben vielen Informationen zum Bienenleben gibt es noch jede Menge Museales zu sehen. Handwerkszeug von anno dazumal, hundert Jahre alte Rauchpfeifen, eine Honigschleuder, „die nur noch ein bissle Riemenharz braucht“, damit sie wieder funktioniert, und ein Büchlein – „mein ältestes Stück“– aus dem Jahr 1834 mit dem Titel „Die praktische Bienenzucht“, das einem Altusrieder Pfarrer gehört hat. Fast genauso stolz ist der Vorsitzende des 62 Imker und Imkerinnen starken Vereins auf sein Gästebuch. Lobende Worte und Fotos von Politikern und Gästen aus der ganzen Welt stehen darin. Und auch von Ortsansässigen wie zum Beispiel Schulklassen oder „den Frauen vom Hennazuchtverein“. Eines seiner Lieblingsbilder zeigt einen Schüler beim Bekleben der Königin mit einem roten Punkt. „Sehen Sie, wie der schaut?“Völlig Fasziniert. Könnte daran liegen, dass der Zehnjährige etwas von der Ehrfürchtigkeit eines Wolfgang Höschele für seine Bienen gespürt hat, der abschließend zusammenfasst: „Was die leisten, das leistet sonst kein Mensch oder Tier.“
Das Bienenmuseum in Rot an der Rot ist offen für jedermann. Es werden Einzel- und Gruppenführungen angeboten, Besichtigungen während der Arbeitszeit sind jederzeit nach vorheriger Absprache möglich. Der dazugehörige Bienenlehrpfad an der Haslach ist etwa einen Kilometer lang und rund zwei Kilometer vom Museum entfernt, kann aber auch in Verbindung mit dem Museum angeschaut werden. Das Museum kostet keinen Eintritt. Spezielle Kinderführungen gibt es auch. Weitere Informationen erteilt Wolfgang Höschele unter Tel.: 08395/636
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