K.o. den tückischen Tropfen
Zwei Wirte, ein Verband, ein Thema: Zum Schutz der Gäste
VILLINGEN-SCHWENNINGEN (sbo) - Zwei Wirte, zwei Betroffene, ein Thema: Wolfgang Schrenk vom Restaurant Bildergasse und Nachbar Andreas Pfaff (Café Rebstock) haben ihre eigenen Erfahrungen mit K.O.Tropfen gemacht. Klare Sache für sie: Bei der Aktion des Opferschutzverbandes Weißer Ring sind sie dabei.
Was steckt hinter der Aktion? Um die Bevölkerung zu sensibilisieren, stellt die Außenstelle des Weißen Ring im Kreisgebiet für Gaststätten Präventionsmaterial zur Verfügung: Es gibt Bierdeckel, eine Cocktailkarte „Lass dich nicht K.-O. tropfen!“und Spikeys. Letzteres, erklärt Jochen Link, seien Stopfen, die als spezieller Getränkeschutz dienen. „Sie werden in den Flaschenhals gedrückt, um einen Strohhalm hineinzustecken. So soll vermieden werden, dass jemand unbemerkt K.o.Tropfen ins Getränk mischt“, erklärt der Leiter der Außenstelle.
Ein paar Gastronome ziehen bereits mit: Wolfgang Schrenk und Max Erdmann vom Restaurant Bildergasse sowie Andreas Pfaff vom Café Rebstock unterstützen diese Aktion. Alle weisen darauf hin, dass man sich bei einem Verdacht jederzeit ans Personal wenden kann. Filmriss nach Barbesuch Nicht umsonst greift der Opferschutzverband das Thema auf: „Wir haben immer wieder solche Fälle“, erläutert Jochen Link. Wenn es um das heikle Thema geht, kann auch Gastronom Wolfgang Schrenk einiges erzählen. Noch gut in Erinnerung ist ihm der Abend in einer Frankfurter Hotel-Bar, gemeinsam mit seiner Frau. „Wir hatten zwei Getränke, das war es.“Das war es dann auch, an was er sich noch erinnern kann. „Am nächsten Morgen wachte ich drei Stockwerke tiefer im Hotel auf einem Sofa auf.“Seine Frau im Hotelbett. „Was zwischendurch passiert ist, daran kann ich mich nicht mehr erinnern, ich hatte einen Filmriss“. Gleiches erlebt seine Frau Birgit.
Erinnern können sich beide nur noch an die Dame hinter der Bar, „wir waren ja die einzigen Gäste“. Gestohlen habe man zwar nichts. Doch Schrenk ist sich sicher: „Vermutlich ist der Täter oder die Täterin gestört worden.“
Nachbar Andreas Pfaff kann auch seine ganz eigene Geschichte über K.o-Tropfen erzählen, in die sein Bruder bei einem Junggesellenabschied verwickelt worden sei. Wie bei Wolfgang Schrenk erlebt auch Pfaffs Bruder einen Filmriss in einer „besseren Bar“. Nach dem Abschied darf sich der Bräutigam auch von seiner Kamera verabschieden: „Die war weg.“Andreas Pfaff zieht seine ganz persönlichen Konsequenzen aus den Erfahrungen seines Bruders: „Ab 23 Uhr dürfte eigentlich keiner der Gäste mehr sein Getränk mit auf die Straße nehmen, wenn jemand zum Beispiel eine Zigarette rauchen möchte.“Doch ihm ist der Schutz seiner Kunden vor K.O.-Tropfen wichtiger: „Bei mir dürfen die das. Punkt.“ Im Zweifelsfall zum Arzt Was passiert mit den Opfern? K.-o.Tropfen im Getränk, so Jochen Link, führen zu einem Kontrollverlust bis hin zu einem kompletten Blackout. Täter können das Opfer sexuell missbrauchen oder bestehlen, ohne dass die Betroffenen sich wehren können. Wie viele Personen Opfer werden, sei dabei schwer zu sagen. Es gebe keine zuverlässige Statistik, da viele überhaupt nicht oder erst sehr spät bemerken, „dass ihnen etwas ins Getränk getan wurde und die Tropfen nur für kurze Zeit im Blut nachweisbar sind“, erklärt Link.
Die Tropfen sind farblos, sowie geruchs- und geschmacksneutral. Bereits nach zehn bis 20 Minuten setzen Schwindelgefühle und Übelkeit ein. Auch ein Gefühl der Euphorisierung könne die Folge sein. Typisch sei ein Gedächtnisverlust, das Opfer habe keinerlei Erinnerungen.
Wie kann man sich vor K.-o.-Tropfen schützen? Max Bammert (Präventionsbeauftragter Weißer Ring) und Außenstellen-Leiter Jochen Link raten: Glas oder Flasche sollten nie unbeobachtet bleiben. „Wenn man sich unsicher ist, lieber das Getränk unausgetrunken stehen lassen.“Und: „Von Unbekannten keine offenen Getränke annehmen.“
Falls Kneipenbesucher sich unwohl fühlen oder es einem schlecht werde: „Sprechen Sie sofort Freunde oder Personal an und bitten Sie um Hilfe. Haben Sie den Verdacht, K.-o.Tropfen zu sich genommen zu haben, vertrauen Sie sich einem Arzt an oder gehen Sie in die Notfallambulanz. Im Zweifel immer die 110 (Polizei-Notruf) oder die 112 (Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst) anrufen“, raten Link und Bammert.