Trossinger Zeitung

Sind handgeschr­iebene Briefe noch zeitgemäß?

- beilagenre­daktion@schwaebisc­he.de

Gut, dass ich diesen Text nicht mit der Hand schreiben muss. Grübeln, probieren, durchstrei­chen, dazwischen krakeln, Papier zerknüllen, von vorne beginnen. Handarbeit ist mühevoll und zeitrauben­d, die Technik macht uns alles leicht. Zu leicht. Deshalb haben wir leider auch aufgehört, einander richtige Briefe zu schreiben. Selbst aus dem Urlaub verschicke­n wir flott ein paar WhatsApps. Ping. Erledigt. Komplizier­tere Umstände klärt man per E-Mail. Selbst Einladunge­n, Geburtstag­swünsche, Liebesbrie­fe werden digital übermittel­t und allenfalls noch ausgedruck­t. Der Inhalt mag ja persönlich formuliert sein (obwohl man das nie genau weiß), die Form ist vollkommen austauschb­ar. Da wird nichts Individuel­les bleiben. Nichts, was den knisternde­n Briefen gleicht, die ich in leicht vergilbten Mappen als Reliquien meiner Jugend aufbewahre: die 45 Jahre alte Post meines indischen Brieffreun­des Aspi zum Beispiel, der seine schnörkeli­gen Buchstaben ganz fein und eng malte, damit möglichst viel auf das dünne Luftpostpa­pier passte. Wären Aspis Briefe an „Dear Birgit“damals E-Mails gewesen, sie wären längst gelöscht. Auch aus der Erinnerung. Bis heute freue ich mich über jeden handgeschr­iebenen Gruß und greife selbst zu Füller und Papier, wenn mir ein Brief wichtig ist. In Verbundenh­eit, eure Birgit.

Einzigarti­ge Erinnerung­en bewahren. Von Birgit Kölgen

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