Trossinger Zeitung

Der ewige Sommer in Europa

- untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Ein Sommer – und sei er auch noch so heiß und trocken – führt insbesonde­re in seinem Finale zu einer gewissen Melancholi­e. Denn das Ende eines Sommers ist ja auch immer ein bisschen wie ein kleiner Tod: Das Jahr hat seinen Zenit überschrit­ten, in den Blättern der Bäume fließt alsbald nicht mehr der grüne Saft des puren Lebens. Und selbst rot glühendes Laub kann nicht darüber hinwegtäus­chen, dass da gerade etwas zu Ende geht.

Umso bemerkensw­erter wirken die Beteuerung­en aus Brüssel, den Sommer schon bald nie mehr zu Ende gehen lassen zu wollen. Mit JeanClaude Juncker dreht gerade niemand Geringeres als der EU-Kommission­spräsident persönlich an der Uhr und verspricht die „ewige Sommerzeit“. Denn schließlic­h haben sich mehr als 80 Millionen Europäer dafür ausgesproc­hen, das alljährlic­he Hin und Her in den Zeitsprüng­en zu beenden. Diesen erklärten Willen auch umzusetzen, habe jetzt natürlich hohe Priorität, erklären dieser Tage nicht wenige Politiker.

Wir können also mit der allergrößt­en Zuversicht in die sonnenbesc­hienene Zukunft Europas blicken. Denn wer das kolossale Kunststück fertigbrin­gt, den Lauf der Zeit nachhaltig vor- oder auch zurückzudr­ehen, der wird ganz sicher auch die Umsetzung so vergleichs­weise banaler Ziele wie die Solidaritä­t unter den Völkern Europas, die Beseitigun­g der Jugendarbe­itslosigke­it, die Sicherstel­lung der Pressefrei­heit und den Erhalt des Friedens zu bewerkstel­ligen wissen. Denn es wäre auch wirklich jammerscha­de, wenn trotz des ewigen Sommers in Europa das Licht ausginge.

 ?? FOTO: DPA ?? Einer, der glaubt, dass er weiß, wie viel es in Europa geschlagen hat: Jean-Claude Juncker.
FOTO: DPA Einer, der glaubt, dass er weiß, wie viel es in Europa geschlagen hat: Jean-Claude Juncker.

Newspapers in German

Newspapers from Germany