Trossinger Zeitung

„Unkraut kann niemanden erschlagen“

Rund 11 000 Bäume müssen regelmäßig auf Standsiche­rheit geprüft werden

- Von Sebastian Heilemann

TUTTLINGEN - Wenn Jürgen Klement den Blick nach oben wendet und den Himmel nicht sehen kann, ist das ein gutes Zeichen. Mit orangener Uniform, Jutehut auf dem Kopf und einem Tablet vor der Brust, steht er auf dem Schulhof der Schrotensc­hule. „Bei einem gesunden Baum sieht man den Himmel nicht“, sagt er und blickt am Stamm einer Hainbuche in die Höhe. Klement sorgt dafür, dass in Tuttlingen kein Baum umfällt. Klement ist Baumkontro­lleur und einer von 24 Mitarbeite­rn, die für die Stadtgärtn­erei täglich im Einsatz sind.

Tag für Tag macht er sich auf den Weg und begutachte­t Rinde, Wurzeln und Baumkronen. Fein säuberlich tippt er unter anderem den Stammumfan­g, geschätzte Höhe und den Zustand des Baumes in eine elektronis­che Karte auf dem Tablet ein. Dort sind alle Bäume auf öffentlich­en Flächen in Form von kleinen Kreisen verzeichne­t – rund 11 000 in ganzen Stadt. Auch die Hainbuche auf dem Schulhof der Schrotensc­hule, an der er empor schaut. „Das Laub ist schon verfärbt“, sagt er. „Er kränkelt ein bisschen vor sich hin. Aber im letzten Jahr war es schlimmer.“ Bäume als Gefahr Jeden einzelnen Baum schaut sich Klement gründlich an: Er sucht nach Fäulnis oder Schäden an der Rinde. Ausgelöst durch zum Beispiel lange Trockenhei­t oder späten Frost. Ist ein Baum geschädigt, trägt er das in die Datenbank ein. Die Standsiche­rheit der Buche auf dem Hof der Schrotensc­hule sei trotz der Krankheit gut. Und darauf kommt es an. Die Bäume dürfen nicht zur Gefahr werden. Nur ein bisschen Totholz müsse hier entfernt werden.

Zur gleichen Zeit auf der anderen Seite der Stadt. Silas Schilling ist am Berliner Ring in der Nordstadt mit großem Gerät zu Gange. Mit einem Kran schwebt der Baumpflege­r mit einem leisen Surren in die Krone eines Baumes, fährt die sechseinha­lb Meter lange Säge aus und schiebt die scharfen Zacken des Sägeblatte­s vor und zurück, bis der trockene, daumendick­e Ast zu Boden fällt. Dass der Baum sogenannte­s Totholz, also abgestorbe­ne Äste, enthält hat Schilling aus der Baumkarte abgelesen, die der Baumkontro­lleur zuvor befüllt hat. Bäume, bei denen eine Baumpflege nötig ist, sind dort orange markiert. Davon gibt es momentan rund 1000 in Tuttlingen.

Die Stadtgärtn­erei ist für die rund 11 000 Bäume, 25 000 Meter städtische Hecke, 50 Blumenkübe­l, 4000 Quadratmet­er Blumenbeet­e und eine Rasenfläch­e so groß wie 85 Fußballfel­der zuständig. „Die größte Herausford­erung für uns ist die Baumpflege“, sagt Klaus Schmid-Doullier. Er ist Einsatzlei­ter der Stadtgärtn­erei und koordinier­t die 24 Mitarbeite­r. „Es geht dabei um Sicherheit und den Erhalt der Bäume“, sagt Schmid-Doullier. Da müssten schon mal Prioritäte­n gesetzt werden. „Wir müssen jetzt erst mal schauen, dass wir die Bäume auf den Schulhöfen fertig bekommen“, sagt SchmidDrou­llier. Überall gleichzeit­ig könne man eben nicht sein. Auch, wenn sich der ein oder andere Bürger auch mal bei der Stadt über zu viel Unkraut am Straßenran­d beschwere. „Von Unkraut wird niemand erschlagen“, sagt der Stadtgärtn­er-Chef. Dem Unkraut an den Kragen Unkraut ist für die Stadtgärtn­er aber dennoch ein Thema. Auch an diesem Tag sind mehrere Trupps unterwegs, die sich um den Wildwuchs in der Stadt kümmern: Die Blumenbeet­e und Wege von Unkraut befreien. Für die Gärtner Thomas Baur und Alexandra Hipp ist es an diesem Morgen bereits die zweite Station. Los geht es morgens um sieben Uhr mit einer Besprechun­g, dann schwärmen die Teams aus. Hipp und Baur sind am Blumenband im Donaupark zu Gange und ziehen das Unkraut zwischen den Blumen aus der Erde. Sie sorgen dafür, dass es fast das ganze Jahr über blüht in der Stadt. Die Stadtgärtn­erei pflanzt rund 20 000 Blumen im Frühjahr, nochmal so viele Sommerblum­en, und im Herbst kommen um die 30 000 Blumenzwie­beln für das kommende Jahr in die Erde. Alexandra Hipp ist nun schon vier Jahre bei der Stadtgärtn­erei. Sie hat bereits ihre Ausbildung dort gemacht. „Ich wusste, dass ich etwas handwerkli­ches machen möchte. Arbeiten an der frischen Luft und mit Pflanzen fand ich schon immer gut“, sagt Hipp.

Eine große Aufgabe sei auch das Gießen während der heißen Sommermona­te gewesen. Bis zu 20 000 Liter pro Tag Wasser verteilten die Mitarbeite­r mit bis zu drei Fahrzeugen in der Stadt – ein Knochenjob. Einen, den die Stadtgärtn­er aber mit Herzblut verrichten. „Tuttlingen soll einfach eine schöne, bunte Stadt sein“, sagt Schmid-Droullier. Und das Ergebnis der Arbeit erfreue die Bürger – darauf werde er öfter angesproch­en. „Wir tun etwas für die Lebensqual­ität in Tuttlingen.“

 ?? FOTOS: SEBASTIAN HEILEMANN ?? Alexandra Hipp und Thomas Bauer (Bild oben links) kümmern sich um das Blumenband im Donaupark. Baumkontro­lleur Jürgen Klement erfasst die Daten eines Baumes auf dem Schulhof der Schrotensc­hule (oben rechts). Baumpflege­r Silas Schilling ruft Informatio­nen aus der Baumdatenb­ank ab und kümmert sich um die Entfernung von Totholz aus einem Baum (Bilder unten).
FOTOS: SEBASTIAN HEILEMANN Alexandra Hipp und Thomas Bauer (Bild oben links) kümmern sich um das Blumenband im Donaupark. Baumkontro­lleur Jürgen Klement erfasst die Daten eines Baumes auf dem Schulhof der Schrotensc­hule (oben rechts). Baumpflege­r Silas Schilling ruft Informatio­nen aus der Baumdatenb­ank ab und kümmert sich um die Entfernung von Totholz aus einem Baum (Bilder unten).
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Klaus SchmidDrou­llier

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