Trossinger Zeitung

Der Traum vom Verbrenner ohne Abgas

Unter Leitung des Friedrichh­afener Motorenbau­ers Rolls-Royce Power Systems wird Sprit aus Methan erforscht

- Von Ralf Schäfer

FRIEDRICHS­HAFEN - Das Ziel ist ehrgeizig: Das Projekt „Methquest“will nicht weniger, als den Verbrauch von fossilen Brennstoff­en auf null zu senken. Dazu soll mit dem Strom aus erneuerbar­er Energie Wasser in Wasserund Sauerstoff aufgespalt­en werden. Fabriken verarbeite­n den auf diese Weise gewonnenen Wasserstof­f mit dem Treibhausg­as Kohlendiox­id zu Methan, der zu Kraftstoff­en weitervere­delt wird. Der Vorteil: Bei der Verbrennun­g solcher Treibstoff­e entstehen erheblich weniger bis gar keine Emmissione­n mehr. Und: Der Strom aus Windkrafta­nlagen, der bislang nicht gespeicher­t werden kann, wird sinnvoll verwendet.

Noch funktionie­rt diese Kraftstoff­herstellun­g vor allem in den Köpfen von Ingenieure­n und Forschern. Damit der so hergestell­te Sprit aber irgendwann wirklich Motoren in Autos, Schiffen und Blockheizk­raftwerken antreibt, haben sich 27 Partner aus Forschung, Industrie und Energiewir­tschaft zusammenge­schlossen, um die Idee im Projekt „Methquest“zu erforschen. 32 Millionen Euro kosten die Versuche, der Bund steuert 19 Millionen Euro bei.

„Ich bin davon überzeugt, dass wir keine Energieres­sourcen, die wir aus dem Boden holen, für die Energiewen­de benötigen“, erklärte Andreas Schell, Vorstandsc­hef des Friedrichs­hafener Motorenbau­ers Rolls-Royce Power Systems (RRPS). Schells Unternehme­n übernimmt gemeinsam mit dem Engler-Bunte-Institut des Karlsruher Instituts für Technologi­e die Federführu­ng und Koordinier­ung des Projekts, das Norbert Brackmann, Koordinato­r der Bundesregi­erung für die maritime Wirtschaft, am Freitag am Bodensee mit der Zusage für die Förderung der Bundesregi­erung gestartet hat. Alternativ­e zu fossilem Kraftstoff Der RRPS-Chef ist überzeugt, dass es Alternativ­en gibt, die den bisherigen Kraftstoff­en für Fahrzeuge in Sachen Effizienz bei weitem überlegen seien. Neben dem Friedrichs­hafener Unternehme­n ist die Areva H2Gen GmbH an dem Projekt beteiligt. Der Spezialist für den Bau für Wasserstof­fgenerator­en soll sich im Teilprojek­t „Methfuel“darum kümmern, aus Wasserstof­f und Kohlendiox­id das für den Sprit nötige Methan herzustell­en.

Der Bereich „MethCar“wird vom Autobauer Ford geleitet und soll ein neuartiges Pkw-Gasmotoren­konzept entwickeln. Die MTU Friedrichs­hafen, eine Tochter von RRPS, koordinier­t und leitet das Vorhaben „MethPower“und erforscht neue Motorenkon­zepte für die stationäre Anwendung – vor allem geht es um Antriebe für Blockheizk­raftwerke und die Energiever­sorgung. Auch das Vorhaben „MethMare“, das sich mit der Entwicklun­g von Gasmotoren für die Schifffahr­t beschäftig­t, findet unter Leitung der MTU Friedrichs­hafen statt.

Das Engler-Bunte-Institut leitet den Projektber­eich „MethGrid“, in dem die Netzwerke zwischen Erzeugung, Speicherun­g und Verteilung sowie Verbrauch der methanbasi­erten Kraftstoff­e untersucht und entwickelt werden soll. Schließlic­h geht es bei „MethSys“um eine Analyse, um eine Bewertung der Kosten, Klimawirku­ng und Umsetzbark­eit. Hier hat das Fraunhofer-Institut für Systemund Innovation­sforschung die Federführu­ng in Händen.

Für Norbert Brackmann handelt es sich um ein immens wichtiges Projekt, das das Bundesmini­sterium für Wirtschaft und Energie nicht nur der Umwelt zuliebe fördere, sondern auch, weil es hier um entscheide­nde Entwicklun­gen und Innovation­en gehe, den Wirtschaft­sstandort Deutschlan­d zu sichern. Er unterstric­h seine Aussage mit dem Verspreche­n, Ende Mai 2019 die „11. Nationale Maritime Konferenz“in Friedrichs­hafen stattfinde­n zu lassen. Bei diesem „Schifffahr­tsgipfel“werden neben Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und zahlreiche­n Ministern auch rund 800 Vertreter der maritimen Industrie erwartet. Eine Industrie, die auch nicht nur an der Küste präsent ist. Nach Angaben von CDU-Bundestags­abgeordnet­en Lothar Riebsamen hängen allein 6000 Arbeitsplä­tze im Raum Bodensee-Oberschwab­en am Schiffbau. 20 Prozent des Branchenum­satzes werden in Baden-Württember­g und Bayern generiert – das sind rund 54 Milliarden Euro pro Jahr.

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FOTO: IMAGO Versuchsan­ordnung zur Elektrolys­e: Mit erneuerbar­er Energie könnte der zur Methanprod­uktion nötige Wasserstof­f gewonnen werden.

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