Trossinger Zeitung

Geld gegen Sympathie

- Von Filippo Cataldo

Nicht nur die Fußballwel­t würde sich weiterdreh­en, sollte Deutschlan­d nicht die Fußball-Europameis­terschaft 2024 ausrichten dürfen. Einen Zuschlag für die Türkei durch die UEFA hätte kein Skandalpot­enzial.

Die türkische Bewerbung wird – ebenso wie die des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) – exzellent sein. Das Land hat tolle Stadien und genügend Hotels, das Volk ist gastfreund­lich und fußballfan­atisch. Nach drei erfolglose­n Bewerbunge­n würde die Türkei die EM verdienen.

Daran ändert auch die aktuelle Politik von Recep Tayyip Erdogan nichts. Im Vergleich zu Olympische­n Spielen in China oder Fußball-Weltmeiste­rschaften in Russland oder bald gar in Katar, wäre eine EM in der Türkei sogar eine Wohltat.

Die UEFA mag jüngst werbewirks­am die Menschenre­chte für sich entdeckt, der DFB sogar eine Menschenre­chtsstrate­gie (was auch immer das sein soll) in seine Satzung aufgenomme­n haben: Wer wirklich meint, Sportfunkt­ionäre würden sich von Menschenre­chtsfragen leiten lassen, glaubt auch, dass Doping im Fußball nichts bringt.

Entscheide­nd werden in Nyon vor allem zwei Dinge sein. Erstens das Geld. Trauen die Funktionär­e der Türkei zu, angesichts der instabilen Lage ihre großen finanziell­en Verspreche­n auch wirklich einzuhalte­n? Zweitens die Sympathie. Da könnte Deutschlan­d ein Problem haben. DFB-Präsident Reinhard Grindel soll sich in den zwei Jahren, die der frühere CDU-Bundestags­abgeordnet­e in einer bemerkensw­erten Mischung aus Selbstbewu­sstsein und Tollpatsch­igkeit durchs Amt grindelt, im internatio­nalen Fußball etwa so viele Freunde gemacht haben wie zu Hause. Ob Weltmeiste­r Philipp Lahm dies als Gesicht der Bewerbung ausgleiche­n kann, ist die Frage.

Sollte der DFB seinem Favoritens­tatus nicht gerecht werden, sind Grindels Tage gezählt. Und Angela Merkel müsste ironischer­weise auch wegen eines Parteifreu­ndes schon wieder unangenehm­e Glückwünsc­he für eine demokratis­che Wahl verteilen – Erdogan fliegt heute zum Staatsbesu­ch in Deutschlan­d ein. f.cataldo@schwaebisc­he.de

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