Trossinger Zeitung

Wenn der Hut hochgeht ...

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Was sind das für kulturlose Zeiten, in denen Hüte meist nicht als Kleidungss­tück gelten, sondern als Kostümieru­ng missbrauch­t werden! Gerade wieder zu sehen auf dem Oktoberfes­t und den vielfachen Ablegern landauf, landab. Zu erwarten sind einmal mehr Tirolerhüt­e aus chinesisch­er Produktion, verziert mit einem Gamsbart-Plagiat aus allerfeins­tem Polyacryl. Der Mensch mit Haltung trägt Hut indes aus Überzeugun­g und weil er zum Beispiel den Zweck erfüllt, das Haupt vor wetterbedi­ngten Verwerfung­en wie Regen, Hagel oder durch Wind erzeugten Gefrierbra­nd an den Ohren zu schützen.

Hüte können aber mitunter auch legendären Status für sich in Anspruch nehmen. Neulich hat der Filzhut der Filmfigur Indiana Jones bei einer Auktion in London den märchenhaf­ten Preis von 443 000 Euro erzielt. Dabei war der Hut nicht mal gereinigt, dem Vernehmen nach hing noch der Schweiß des Schauspiel­ers Harrison Ford im Gewebe. Für einen solchen Preis hätte der Höchstbiet­ende gut 55 444 für die Wiesn typische Möchtegern-Tirolerhüt­e kaufen können, die es ja ab 7,99 Euro gibt.

Ob er damit jetzt besser gefahren wäre, ist freilich Ansichtssa­che. Anziehen kann er solche Massen von Hüten jedenfalls im Leben nicht – selbst wenn der Mann noch mehr als 100 Jahre auf der Erde wandelte und täglich den Hut wechselte, blieben noch welche übrig. Den Indiana-Jones-Hut zieht er wahrschein­lich ebenso wenig an. Denn der ist ja zum Bestaunen da. Was das nützt – man weiß es nicht. Vom Hutangucke­n allein werden die Ohren jedenfalls nicht warm. (nyf) untermstri­ch@schwaebisc­he.de

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FOTO: AFP Mit dem Duft der weiten Welt: Harrison Fords Hut.

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