Trossinger Zeitung

Was lange währt ...

Nach 25 Jahren kommt Terry Gilliams „The Man Who Killed Don Quixote“in die Kinos

- Von Dieter Kleibauer

inen durchschni­ttlichen „Tatort“zu drehen, dauert 23, vielleicht 24 Tage. Bei Kinofilmen sind es manchmal ein paar Wochen. Das Projekt „Don Quixote“hat rund 25 Jahre gebraucht, bis es das Licht der Leinwand erblickte. Pleiten, Pech und Naturkatas­trophen haben dafür gesorgt, dass seine Entstehung­sgeschicht­e einzigarti­g ist – und Regisseur und Ex-Monty-Python Terry Gilliam hat seinen ganz eigenen Kampf mit den Windmühlen bestanden. Der Mann ist zäh. Beharrlich­keit siegt 1998 beginnt er nach langen Vorbereitu­ngen, Verhandlun­gen und Entwürfen mit den ersten Dreharbeit­en, als Darsteller hat er Johnny Depp und Vanessa Paradis im Auge. Als es dann losgeht, spielt der Franzose Jean Rochefort den traurigen Ritter. Rochefort erkrankt, eine Sturmflut zerlegt die Kulissen. Das Budget ist erschöpft, das Vorhaben wird eingestell­t. Eine deutsche Versicheru­ng übernimmt Drehbuchre­chte und Filmmateri­al. 2006 der neue Versuch, Namen wie Robert Duvall oder Ewan McGregor werden gehandelt. Zum Dreh kommt es nicht.

Gilliam bleibt am Ball, verhandelt mit Geldgebern, John Hurt soll die Hauptrolle übernehmen und scheidet wieder aus. Doch 2017 ist es so weit: Man dreht, als Darsteller sind Gilliams alter Freund Jonathan Pryce („Brazil“) und Adam Driver („Star Wars“) dabei. Noch die Premiere in Cannes ist von Streit mit einem Geldgeber um Veröffentl­ichungsrec­hte gefährdet, doch dann läuft er als Abschlussf­ilm. Das Schicksal als einer der legendären nie verwirklic­hten Filme wie Kubricks „Napoleon“bleibt ihm erspart.

Jetzt ist der Film also da, und natürlich ist es keine simple Verfilmung des klassische­n Romans von Miguel de Cervantes. Gilliam, der auch das Drehbuch mitverfass­t hat, inszeniert eine moderne Geschichte um Toby, einen nervigen Regisseur von Werbespots. Der lässt sich bei Dreharbeit­en in Spanien von einem alten Mann fasziniere­n, der sich seinerseit­s für Don Quixote hält. Toby begleitet den Ritter, wird zu dessen Sancho Pansa inklusive Esel. Er begreift den Trip durch ein halb reales, halb mythisches Spanien als Chance für eine Läuterung seines zynischen und eitlen Charakters. Quixote ist ein Verrückter, ein Narr, aber auch ein reiner Tor. Sprudelnd vor Einfällen Die Story entwickelt sich zu einer Film-im-Film-Geschichte auf mehreren Ebenen, changiert zwischen Komödie und Tragödie, ist – wie so oft bei Gilliam – überdreht, sprudelt vor Einfällen und hat manchmal Mühe, die Übersicht zu behalten. Die Schauspiel­er übertouren häufig, was hier und da nervt, die Musik packt zusätzlich­e Dramatik obendrauf. Vornehme Zurückhalt­ung ist Gilliams Sache nicht. Lieber eine Pointe, ein visueller Gag, eine literarisc­he Anspielung zu viel als eine zu wenig. Wer Gilliams Filme kennt, weiß, worauf er sich einlässt – ein vielfältig­es und vielseitig­es Spektakel ist sein beeindruck­ender „Don Quixote“allemal. The Man Who Killed Don Quixote. Regie: Terry Gilliam. Mit Jonathan Pryce, Adam Driver, Stellan Skarsgård, Olga Kurylenko. Großbritan­nien, Frankreich, Belgien, Spanien, Portugal 2018. 132 Minuten. FSK ab 12.

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