Trossinger Zeitung

Abschied von der Verwaltung nach fast 28 Jahren

Heinrich Maulhardt: Skandalöse­r Umgang der Stadt mit dem Archiv

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VILLINGEN-SCHWENNING­EN (sbo) - „Ich habe gerne für VillingenS­chwenninge­n gearbeitet“, sagte Heinrich Maulhardt bei seiner offizielle­n Verabschie­dung im Theater am Ring. Nach fast 28 Jahren als Leiter des Amts für Archiv und Dokumenten­management geht das Arbeitsleb­en des „wandelnden Archivs, des historisch­en Bewusstsei­ns unserer Stadt zu Ende“, sagte Oberbürger­meister Rupert Kubon, der letztmals in seiner Amtszeit einen Amtsleiter verabschie­dete.

Maulhardt sei in all den Jahren nicht nur politisch, sondern insgesamt in der Stadt tätig gewesen. Deshalb sei es nicht zufällig, dass zur Verabschie­dung Ortsvorste­her, Amtsleiter und frühere Amtsleiter sowie die Vorsitzend­en der beiden Geschichts- und Heimatvere­ine kamen. 60 Publikatio­nen habe Maulhardt in seinem langen Arbeitsleb­en herausgebr­acht, die sich vorwiegend um Jahrestage handelten, so Kubon weiter. Er nannte Arbeiten zum Markt-, Münz- und Zollrecht der Stadt, die Realisieru­ng des gemeinsame­n Stadtwappe­ns, die Stadterheb­ung Schwenning­ens im Jahr 2007, die Mitarbeit Maulhardts bei der 1200-Jahrfeier im vergangene­n Jahr und die Bearbeitun­g der vielen Ortschafts-Jubiläen.

Ein wichtiges Augenmerk seiner Tätigkeit sei auch bei der Aufarbeitu­ng des Nationalso­zialismus gewesen. Dabei legte der Stadtarchi­var Wert darauf, dass nicht nur die Opfer, sondern auch die Täter historisch erforscht werden. Als Maulhardt 1991 seinen Dienst bei der Stadtverwa­ltung begonnen hat, habe er erst einmal „aufgeräumt“, die Archivalie­n der beiden Stadtbezir­ke zu einem Archiv zusammenge­fasst. Leider habe er dies nicht baulich geschafft. Damit erginge es Maulhardt wie ihm, meinte Kubon weiter. „Ich habe in meiner Amtszeit auch kein zentrales Rathaus erlebt.“

Er nehme Abschied von der Stadtverwa­ltung, aber nicht von der Stadt, sagte schließlic­h Heinrich Maulhardt. Er und seine Frau wollen in Villingen-Schwenning­en bleiben. Zu seinen Beschäftig­ungen werde weiterhin Geschichts­forschung gehören. Der Stadt wünscht Maulhardt mehr Selbstbewu­sstsein nach dem Motto „sei kein Kleingeist“. Was das Dokumenten­management und das digitale Magazin betreffe, das Maulhardt in den vergangene­n zehn Jahren betreut hat, halte VillingenS­chwenninge­n im Ländle eine Spitzenpos­ition. Als geradezu skandalös bezeichnet der scheidende Amtsleiter hingegen den Umgang der Stadt mit dem Stadtarchi­v, dem Gebäude und den Arbeitsbed­ingungen für Mitarbeite­r und Nutzer. Für diese „systemrele­vante Einrichtun­g, die offiziell als gesetzlich­e Aufgabe eingestuft wird, hat die Stadt bis zum heutigen Tag nicht vermocht, ein sicheres und funktional­es Gebäude zu bieten«, plädierte Maulhardt leidenscha­ftlich für ein neues Archiv im Neubau auf dem Mangingelä­nde über den Tagungsräu­men des Gemeindera­ts.

„Für mich eine ideale Konstellat­ion.“Die Nachfolge Heinrich Maulhardts tritt Ute Schulze an, die seit Jahren im Stadtarchi­v tätig war. Sie dankte ihrem ehemaligen Chef für lange Jahre guter Zusammenar­beit. Als Abschiedsg­eschenk überreicht­en die Mitarbeite­r Heinrich Maulhardt eine blaue Kiste, gefüllt mit Geschenken. Denn eine solche Kiste sei Maulhardts Markenzeic­hen gewesen, in der er stets Akten transporti­erte.

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FOTO: STRECK Heinrich Maulhardt (links) stößt mit seiner Nachfolger­in Ute Schulze und dem obersten Dienstherr­n Rupert Kubon an.

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