Trossinger Zeitung

Weil er es kann

Sebastian Vettel macht vor dem wegweisend­en Formel-1-Rennen in Sotschi trotz 40 Punkten Rückstand in Zuversicht

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SOTSCHI (SID) - Schluss mit Taktikpatz­ern, Schluss mit Aussetzern im Cockpit – der Spielraum für Fehler ist ausgereizt. Im WM-Kampf der Formel 1 stehen Sebastian Vettel und Ferrari nach Wochen voller falscher Entscheidu­ngen mit dem Rücken zur Wand. Der Große Preis von Russland am Sonntag (13.10 Uhr/RTL) wird für die Roten zum nächsten Schicksals­rennen. Der Sieg ist Vettels einzige Option. Ein neuerliche­r Rückschlag würde seinen längst prekären Rückstand auf Weltmeiste­r Lewis Hamilton (40 Punkte) nochmals vergrößern. Den ersten WM-Titel mit der Scuderia, für Vettel ohnehin in weite Ferne gerückt, müsste der Deutsche wohl endgültig abschreibe­n.

Gedanken an das Scheitern verschwend­et Vettel aber keine. Im Gegenteil. „Ich kann immer noch aus eigener Kraft Weltmeiste­r werden und werde weiterkämp­fen“, sagte der Hesse der „Sport Bild“und sprach sechs Rennen vor Saisonende von einer guten Ausgangspo­sition: „Immer noch gilt, dass wir uns nur selbst schlagen können.“

Genau dies haben Vettel und Ferrari in den vergangene­n Wochen allerdings viel zu oft getan. In drei der letzten fünf Rennen gingen durch kleinere und größere Fehler wertvolle Punkte verloren. Bei den Heim-Grands-Prix in Hockenheim und Monza zeigte Vettel Nerven, in Singapur büßte er durch eine verpatzte Strategie Boden auf Hamilton ein.

Seither prasselte auf ihn öffentlich viel Kritik ein. Das Auto sei schließlic­h auf jeder Strecke siegfähig, dem Mercedes mitunter sogar überlegen, hieß es. „Vettel scheint sich verloren zu haben“, urteilte etwa die „Gazzetta dello Sport“. Der 31-Jährige selbst hielt sich mit offener Kritik an seinem Team, wie gewohnt, zurück, auch wenn sie berechtigt gewesen wäre. Nicht zum ersten Mal hatten die Strategen Vettel im Rennen in eine missliche Lage gebracht. Dennoch verteidigt­e dieser die riskante Taktik in Singapur, als Ferrari ihn zu früh zum Reifenwech­sel in die Box geholt hatte. „Formel 1 ist ein Mannschaft­ssport. Man gewinnt und verliert zusammen“, sagte Vettel.

Auch an seiner aggressive­n Fahrweise will er festhalten: „Mein Fahrstil hat mir schon vier WM-Titel und 52 Siege gebracht. Natürlich ist mir bewusst, dass bei einer gewissen Portion Risiko auch mal was in die Hose gehen kann. Aber wenn man sich zu sehr von der Angst den Weg diktieren lässt, führt das zur Lähmung und macht auch keinen Spaß.“

Die Summe der vielfältig­en Rückschläg­e hat Vettel eine kaum zu lösende Aufgabe beschert. Angesichts des großen Rückstande­s auf Lewis Hamilton ist er zu einer Siegesseri­e verdammt, die wegen der Stärke der Mercedes-Boliden und vor allem wegen Hamiltons Topform unmöglich erscheint. Vettel gibt seinen WM-Traum dennoch nicht auf. „Erstens: Weil ich es kann. Das habe ich viermal bewiesen. Zweitens: Weil wir ein Auto haben, mit dem ich spielen kann und das auf Augenhöhe mit Mercedes ist.“

Russland soll den Beweis erbringen. Nein: Muss.

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