Ford stellt sich dem US-Senat
Streit um die Vorwürfe gegen Brett Kavanaugh zeigt die tiefe Spaltung in den USA
WASHINGTON - Für Deborah Dupont ist die Sache klar, bevor die Anhörung begonnen hat. „Ich glaube, er hat es getan. Und ich glaube, dass es ihn disqualifiziert“, sagt die Rechtsanwältin aus Washington. Brett Kavanaugh bewerbe sich ja nicht für ein xbeliebiges Amt, er wolle Verfassungsrichter werden, ernannt auf Lebenszeit. Ein selbstbemaltes Plakat in den Händen, steht Deborah Dupont in Sichtweite des Kapitols vor dem Dirksen Senate Building, das an diesem Donnerstag Schauplatz eines politischen Dramas ist.
Die 21 Mitglieder des Justizausschusses des Senats befragen sowohl Kavanaugh als auch Christine Blasey Ford, die Psychologieprofessorin, nach deren Aussage der Höchstrichter in spe versucht haben soll, sie zu vergewaltigen. Genauer gesagt, es fragen die zehn Demokraten, während die elf Republikaner, alles Männer, eine Expertin für Sexualverbrechen Fragen stellen lassen. Es soll nicht so aussehen, als hacke eine Männerrunde auf einer Zeugin herum.
„Er war es. Es ist wichtig. Stimmt mit Nein!“, hat Deborah Dupont auf ein Stück Pappe geschrieben. In einem Park in der Nähe halten Kavanaughs Anhänger mit Sprüchen dagegen, deren Tenor ein ganz anderer ist. „Ich stehe zu Brett!“„Liberale Scheinheiligkeit!“Nein, sagt Holly Audette, was bislang gegen den Mann vorgebracht worden sei, überzeuge sie nicht. „In Amerika ist es so: Es gilt die Unschuldsvermutung, solange es keine Beweise für das Gegenteil gibt.“Wie zerklüftet die politische Landschaft der Vereinigten Staaten ist, wird am Dirksen Building klar. In dem Streit bündelt sich vieles von dem, was das Land so tief spaltet: Generationenkonflikte, der Konflikt zwischen der Me Too-Bewegung und ihren Kritikern, der Konflikt zwischen Fans und Feinden Trumps, der Konflikt zwischen Demokraten und Republikanern.
Inzwischen sind es drei Frauen, die Kavanaugh vorwerfen, sie sexuell missbraucht oder zumindest belästigt zu haben. Während Holly Audette von einer Hexenjagd spricht, sagt Deborah Dupont: „Es gibt doch keinerlei Grund, dass sie lügen.“Es handle sich um erfahrene Frauen, erfolgreich in ihren Berufen, die es nicht nötig hätten, sich zu profilieren. Und denen es gewiss nicht leicht falle, über das zu reden, was ihnen widerfahren sei.
„Ich bin nicht hier, weil ich es möchte“, sagt Christine Blasey Ford, als sie im Saal des Ausschusses mit ihrer Aussage beginnt. „Es graut mir davor.“Gleichwohl halte sie es für ihre staatsbürgerliche Pflicht, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Im Sommer 1982 habe sich eine kleine Teenagergruppe spontan zu einer Party versammelt, in Chevy Chase, einem Vorort Washingtons. Kavanaugh, damals 17, habe sie, damals 15, in betrunkenem Zustand aufs Bett geworfen und versucht, ihr die Sachen vom Leib zu reißen. Als sie um Hilfe schrie, habe er ihr die Hand auf den Mund gelegt. Nachdem Bretts Kumpan auf das Bett gesprungen sei und Kavanaugh die Balance verloren habe, sei ihr die Flucht gelungen. Es sei vor allem das Lachen der beiden gewesen, antwortet sie auf die Frage eines Senators, der wissen will, was sich am tiefsten in ihr Gedächtnis eingegraben habe. „Sie hatten Spaß. Auf meine Kosten.“
Inzwischen habe sie Morddrohungen erhalten, sei gezwungen, sich von Leibwächtern beschützen zu lassen. Wer ihr politische Motive unterstelle, kenne sie nicht: „Ich bin niemandes Schachfigur.“Brett Kavanaugh bestreitet die Vorwürfe.