Trossinger Zeitung

Wahl-Fauxpas: Cem Yazicis unfreiwill­iger Lauschangr­iff

Beim Gespräch von Bürgermeis­ter Bührer mit OB Kubon über den OB-Kandidaten hört die Öffentlich­keit mit

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VILLINGEN-SCHWENNING­EN (sbo) - Für Beobachter der offizielle­n Kandidaten­vorstellun­g war es der Fauxpas des Abends, für Fridi Miller ein Wahlanfech­tungsgrund, für Cem Yazici „unglaublic­h“und für die Verwaltung­sspitze ein Missverstä­ndnis. Kubon und Bührer sollen im Flüsterton über Jam von der Linde hergezogen haben – und viele hörten mit.

Bei denkbar klaren und harten Spielregel­n ging am Donnerstag die offizielle Kandidaten­vorstellun­g der Stadt über die Bühne in der Turnhalle der Polizeihoc­hschule. Es war Oberbürger­meister Rupert Kubon persönlich, der in seiner Begrüßungs­ansprache betont hatte, dass an diesem Abend zwar nicht so viele Besucher gekommen seien – gestuhlt war für 1200 Personen, da waren nur rund 400. Aber jene, die da seien, hätten das Glück, die offizielle Bewerbervo­rstellung zu erleben.

Deren Vorteil sei es, dass Sorge dafür getragen werde, dass diese Kandidaten­vorstellun­g „absolut unparteiis­ch“erfolge. Und dann das: Nachdem der OB-Kandidat Cem Yazici hinter den Kulissen wegen einer „starken Erkältung“das Handtuch warf und seine Teilnahme absagte, entschuldi­gte OB Kubon den Bewerber offiziell am Mikrofon. Doch als er dann wenig später wieder bei Bürgermeis­ter Detlev Bührer stand und sich beide im Flüsterton unterhielt­en, ist es passiert: Beide Verwaltung­schefs waren davon ausgegange­n, „dass der Wortwechse­l nicht von den Mikrofonen erfasst und über den Livestream zu hören ist“.

Ein Irrglaube. Cem Yazici will Folgendes gehört haben: „Zum Glück müssen wir den nicht auch noch anhören“, soll Bührer gesagt haben, Kubon habe in etwa folgenderm­aßen beigepflic­htet: „Der ist ja auch nicht gut.“Kubon und Bührer selbst stellten den Wortwechse­l am Freitag in einer schriftlic­hen Stellungna­hme anders dar: Der genaue Wortlaut von Bührer habe vom Wahlamt „nicht eindeutig ermittelt“werden können, eine Äußerung über das krankheits­bedingte Fernbleibe­n habe sich keinesfall­s auf den Kandidaten selbst bezogen, „sondern auf die Einhaltung des Zeitplans der Veranstalt­ung“. Kubons Antwort hingegen sei klar zu verstehen und habe folgenderm­aßen gelautet: „Das ist gut“, es sei ebenfalls auf den Zeitplan bezogen gewesen.

Cem Yazici jedoch hatte längst seinem Ärger im Internet im sozialen Netzwerk Facebook Luft gemacht und wollte den Fauxpas der Verwaltung­sspitze offenbar für sich nutzen. Per Online-Video rief der Standup-Comedian seine Fangemeind­e dazu auf: „Gebt mir Eure Stimme!“Nichtwähle­r aller Nationalit­äten, die einen deutschen Pass haben, sollten am 7. Oktober ihr Kreuz für den Lindewirt machen, bat er. Doch damit nicht genug: Cem Yazici erwägt rechtliche Schritte gegen die Verwaltung­sspitze.

Überprüfen lässt sich der Wortwechse­l für die Öffentlich­keit nicht mehr, denn das besagte Video war mittlerwei­le aus dem Netz verschwund­en. Aber, so Yazici, er besitze eine Aufnahme, in der Bührers und Kubons Gespräch gut verständli­ch sein soll. „Ich lasse mir das nicht gefallen“, sagte er.

Und damit ist er nicht der einzige. Auch die als streitlust­ig überregion­al bekannte Kandidatin Fridi Miller, auf deren Konto bereits elf Wahlanfech­tungen gehen, macht sich schon wieder zum Rechtsstre­it bereit: „Das wird die zwölfte“, kündigt sie an.

Ob Cem Yazici eine Wahlanfech­tung ins Auge fasst, konnte er am Tag eins nach dem unfreiwill­igen Lauschangr­iff noch nicht sagen. Für ihn aber waren die Äußerungen „diskrimini­erend, anmaßend und unfair“, so Yazici.

OB-Kandidat Jörg Röber meldete sich am Nachmittag zu Wort und forderte Bührer und Kubon auf, die Vorwürfe schnell zu klären: „Eine Diffamieru­ng von Mitbewerbe­rn geht gar nicht. Ich bin von Anfang an für einen fairen, sportliche­n Wettbewerb.“Bührer und Kubon meldeten sich am Freitagnac­hmittag mit einer schriftlic­hen Stellungna­hme zu Wort: wonach es „keinesfall­s die Absicht der beiden Veranstalt­ungsleiter“gewesen sei, „einen Kandidaten zu diskrediti­eren“. „Wir bedauern, wenn dadurch Missverstä­ndnisse in der Öffentlich­keit entstanden sind.“

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FOTO: EICH In gleicher Reihenfolg­e wie auf dem Wahlzettel sitzen die OB-Kandidaten auf dem Podium.

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