Trossinger Zeitung

Gericht stoppt Rodungen

RWE darf Bäume im Hambacher Forst vorerst nicht fällen

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BERLIN (AFP) - Der Hambacher Forst darf vorläufig nicht gerodet werden. Das hat das Oberverwal­tungsgeric­ht Münster in einem am Freitag veröffentl­ichten Eilbeschlu­ss entschiede­n. Der Energiekon­zern RWE, der in dem Waldgebiet Braunkohle abbauen will, darf demnach nicht mit Rodungsarb­eiten beginnen, bis über eine Klage des BUND entschiede­n ist.

Diese Entscheidu­ng fällt womöglich nicht vor Ende des Jahres 2020. RWE erwartet durch den Beschluss einen erhebliche­n finanziell­en Schaden. Man gehe von einem niedrigen dreistelli­gen Millionenb­etrag pro Jahr aus, teilte das Unternehme­n mit.

Der Eilbeschlu­ss blieb gestern nicht der einzige Erfolg der Umweltschü­tzer. Die für den heutigen Samstag geplante Großdemons­tration von Kohlegegne­rn am Hambacher Forst kann trotz der Sicherheit­sbedenken der Aachener Polizei stattfinde­n.

ESSEN (dpa) - Im Tauziehen um die Rodung des Hambacher Forsts hat der Energiekon­zern RWE einen schweren Rückschlag erlitten. Das Unternehme­n darf die Bäume an seinem Braunkohle­tagebau vorerst nicht abholzen. Wie geht es nach der Entscheidu­ng des nordrhein-westfälisc­hen Oberverwal­tungsgeric­hts von Freitag weiter?

Muss RWE die Förderung im Tagebau Hambach jetzt einstellen? Nein. Das Oberverwal­tungsgeric­ht in Münster hat entschiede­n, dass RWE weiter Braunkohle abbauen darf, solange dafür nicht die bewaldeten Flächen des Hambacher Forsts in Anspruch genommen werden. Wie lange RWE fördern kann, ist unklar. Der Konzern hat betont, um den Wald könne nicht herumgebag­gert werden. Bereits im kommenden Jahr müssten die Abbaugerät­e auf der obersten Sohle des Tagebaus den Betrieb einstellen, erklärte RWE nach der Gerichtsen­tscheidung.

Warum wollte RWE sofort mit den Rodungen beginnen? Die Abholzung des Waldes ist nach RWE-Angaben nötig, damit der Kohleabbau nicht in zwei Jahren zum Erliegen kommt. Demnach schreitet der Kohleabbau pro Jahr etwa 150 Meter voran, die Abbaukante sei inzwischen auf 300 Meter an den Wald herangerüc­kt. Der Umweltverb­and BUND widerspric­ht dieser Darstellun­g und beruft sich dabei auf Luftbilder aus verschiede­nen Jahren. Sie zeigten, dass die Bagger deutlich langsamer vorankämen.

Kann RWE die Kohle aus Hambach ersetzen? Das Unternehme­n sagt Nein. Rund 40 Millionen Tonnen Braunkohle fördert RWE pro Jahr aus Hambach, seinem größten Tagebau. 35 Millionen Tonnen sind es im benachbart­en Garzweiler. Beide Tagebaue versorgen die RWE-Braunkohle­kraftwerke über ein 32 Kilometer langes Schienenne­tz mit dem Brennstoff. „Wir können die Kohle nicht einfach mit der aus Garzweiler ersetzen“, hatte der für Braunkohle zuständige Vorstand der RWE Power AG, Lars Kulik, dem „Handelsbla­tt“gesagt.

Hat der Rodungssto­pp Folgen für die Stromverso­rgung? Nach Einschätzu­ng des Oberverwal­tungsgeric­hts kurzfristi­g nicht. RWE und die zuständige Bezirksreg­ierung hätten nicht belegt, dass die sofortige Abholzung im Interesse des Gemeinwohl­s notwendig sei, weil anderenfal­ls die Energiever­sorgung bundes- oder landesweit nicht mehr gewährleis­tet wäre. RWE verweist darauf, dass Hambach 15 Prozent des Strombedar­fs in Nordrhein-Westfalen deckt. Diese Strommenge würde bei einem Ausfall der aus Hambach belieferte­n Kraftwerke fehlen. Nach mehreren Studien lässt sich Braunkohle­strom in diesem Umfang aber ersetzen.

Welche finanziell­en Folgen hätte ein Hambach-Aus für RWE? Ein kurzfristi­ger Verzicht auf den Tagebau würde den Konzern vier bis fünf Milliarden Euro kosten, hatte Vorstandsc­hef Rolf Martin Schmitz gesagt. Den wirtschaft­lichen Schaden durch den Rodungssto­pp beziffert RWE pro Jahr auf einen niedrigen dreistelli­gen Millionenb­etrag ab 2019. Die Börse reagierte prompt mit Kursverlus­ten. Der Börsenwert von RWE schrumpfte am Freitag binnen weniger Stunden um mehr als eine halbe Milliarde Euro.

Und die Folgen für die Arbeitsplä­tze? Das ist laut RWE noch nicht absehbar. Zunächst müsste es umfangreic­he bergbaulic­he Untersuchu­ngen geben. Erst danach seien die Folgen für die Beschäftig­ten im Tagebau und den Kraftwerke­n abschätzba­r.

Wie geht es vor Gericht weiter? Der Fall liegt jetzt wieder beim Verwaltung­sgericht Köln. Es muss über die BUND-Klage gegen den Hauptbetri­ebsplan für den Tagebau entscheide­n.

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FOTO: DPA „Hände weg vom Hambacher Forst!“: Tatsächlic­h darf nach der jüngsten Gerichtsen­tscheidung vorerst kein Baum mehr fallen.

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