Große Pläne der Fluglinien
25 Maßnahmen gegen Verspätungen und Ausfälle
HAMBURG (AFP) - Mehr Fluglotsen, raschere Passagierkontrollen, dazu „Autobahnen der Lüfte“: Beim Luftfahrtgipfel in Hamburg haben Wirtschaft und Politik am Freitag Maßnahmen beschlossen, um Verspätungen und Flugausfälle zu verringern. Eine Situation wie in diesem Sommer dürfe sich nicht wiederholen, betonte Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU).
In diesem Jahr und besonders zur Hauptreisezeit mussten die Fluggesellschaften wegen Sicherheitspannen, Streiks und Personalmangels Hunderte Flüge streichen. Viele Maschinen starteten und landeten mit Verspätungen.
Auf dem Luftfahrtgipfel wurden 25 Maßnahmen vereinbart. Unter anderem soll der Luftverkehr stärker gebündelt und standardisiert werden. Die Verkehrsströme sollen so gleichsam auf „Autobahnen der Lüfte gelenkt werden“, heißt es in der Abschlusserklärung.
FRANKFURT - Flugausfälle und Verspätungen sollen im kommenden Jahr möglichst verhindert werden. Dazu haben Bund, Länder und Vertreter der Luftfahrt in Hamburg ein Paket an Maßnahmen verabschiedet.
Die Maßnahmen sollen an verschiedenen Eckpunkten ansetzen. Denn die wesentlichen Schwierigkeiten sind ja durch das in diesem Maße nicht vorhergesehene Wachstum des Luftverkehrs bedingt. Das hatte die Bundesregierung bis 2030 auf durchschnittlich drei Prozent geschätzt, allein 2017 waren es aber schon mehr als fünf Prozent, in diesem und wohl auch im nächsten Jahr wird die Prognose wohl auch überschritten.
Die Folge: In diesem Jahr sind schon deutlich mehr Flüge ausgefallen als 2017. Bis zum 22. September, so hat das Schadenersatzportal Airhelp ermittelt, waren es mehr als 14 000, im gleichen Zeitraum des Vorjahres 6870.
Zudem waren 167 000 von insgesamt 630 000 Flügen in Deutschland mehr als eine Viertelstunde verspätet. Die Passagiere haben deswegen Anspruch auf insgesamt 823 Millionen Euro Entschädigung. Mehr Fluglotsen Die Politik, also Bund und Länder, wollen sich einsetzen für eine Verkürzung der Regulierungszeiträume auf europäischer Ebene. In Brüssel werden mittelfristige Prognosen für die Entwicklung des Luftverkehrs erstellt und auf deren Basis dann Kostenvorgaben für die nationalen Flugsicherungen erarbeitet. Die wirken sich auch auf die Personalplanung aus. Für den aktuellen Zeitraum hat auch die EU ein zu geringes Wachstum veranschlagt.
Wenn diese Planungen kurzfristiger erstellt werden, kann man flexibler planen, also etwa rechtzeitig mehr Fluglotsen ausbilden. Auch die Zusammenarbeit zwischen den Flugsicherungen soll verbessert werden. Die Politik dringt darauf, dass die Flughäfen keinen Fluggesellschaften Rabatte gewähren, die wegen Verspätungen außerhalb der Tagesrandzeiten starten oder landen. Fluggastrechte stärken Die Fluggastrechte sollen europaweit neu geregelt werden. Und schließlich soll mehr Verkehr auf die Schiene verlagert werden, vor allem Kurzstreckenflüge und der Zubringerverkehr. Auch im Luftraum will man aufräumen: Um mehr Kapazitäten zu schaffen, soll übergangsweise der untere Luftraum genutzt werden. Außerdem sollen Flugrouten gebündelt und so Umwege weitgehend vermieden werden.
Fluglotsen sollen von Sonderaufgaben entlastet werden, da man wegen der langen Ausbildungszeiten kurzfristig nicht mehr Fluglotsen einstellen kann. Zudem sollen die Dienstpläne der Fluglotsen flexibler gestaltet werden, damit sie freiwillig mehr Überstunden leisten können. Bisher waren die Fluglotsen an einen bestimmten Sektor des Luftraums gebunden, künftig soll eher die genutzte Flugsicherungstechnik entscheidend dafür sein, wo ein Lotse eingesetzt werden kann.
Für die Passagiere ist vor allem die Abfertigung am Boden interessant. Hier hatte es in den vergangenen Monaten lange Schlangen gegeben. Nun will man sogenannte „fast lanes“einrichten, damit je nach Bedarf die Fluggäste schnell kontrolliert werden können. Für die Kontrollen will man zusätzliche Flächen bereitstellen und je nach Andrang das Personal verstärken.
Zudem sollen die Flugpläne entzerrt und die Flugzeuge vorausschauend gewartet werden.
Die Fluggesellschaften werden außerdem aufgefordert, die Passagiere schneller über Verspätungen oder Flugausfälle zu informieren, sei es über Apps oder „zentrale und kompetente Anlaufstellen“. Entschädigung für Passagiere Informationen zur Entschädigung, Beschwerden und Schlichtungen sollten die Fluggesellschaften übersichtlich online bereitstellen. „Verbraucher haben ein Recht darauf, ihre Ansprüche ohne Verlust von Zeit und Geld zu erhalten“, forderte Verbraucherschutzministerin Katarina Barley (SPD).
Diese Maßnahmen könnten kurzfristig vor allem den Stau am Boden etwas lindern, meinen Experten. Immerhin wollen Branche und Politik deren Erfolg kurz vor dem Sommerflugplan nochmals überprüfen. Den Streit zwischen der Lufthansa und vier großen deutschen Flughäfen um die Erweiterung der Kapazitäten hat man allerdings am Freitag ausgeklammert. Keiner ist zufrieden Die Lufthansa hatte gefordert, für einen Zeitraum von 24 Monaten weniger Slots anzubieten, damit die Flüge besser abgefertigt werden können. Über einen entsprechenden Antrag der Kranichlinie will das Bundesverkehrsministerium erst in den kommenden Tagen entscheiden.
Die „Situationsanalyse“sei klar, sagte Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) weiter: „Keiner ist zufrieden, jeder will Verbesserungen.“Die Probleme im Luftverkehr seien aber kein rein deutsches Problem, sondern eine europäische Herausforderung, denn: „Am Himmel wird’s eng.“