Trossinger Zeitung

Von Booten und Buddelschi­ffen

An der Ostseeküst­e Mecklenbur­g-Vorpommern­s gibt es jede Menge Traditions­handwerker

- Von Verena Wolff

ROSTOCK (dpa) - Urlaub an der mecklenbur­gischen Ostseeküst­e ist eine entspannte Angelegenh­eit. Auch im Herbst, denn viel Zeit am Strand, viel Zeit auf dem Wasser, und einige Indoor-Aktivitäte­n gibt es auch, falls die Sonne mal hinter den Wolken verschwind­et. Zwischen Rostock, Kühlungsbo­rn, der Insel Poel, Wismar und Boltenhage­n arbeiten zahlreiche Traditions­handwerker, die den Besuchern den Urlaub mit ihren Produkten verschöner­n – und manchmal sogar retten.

Segeln: Jonas Renken ist einer, der einem alten Handwerk wieder neues Leben eingehauch­t hat. Er ist Segelmache­r, mit einer Werkstatt am Hafen von Warnemünde. Und einem Notfall-Boot, mit dem er auf der Ostsee schippert und Seglern Hilfe leisten kann. „Wenn das Segel beschädigt ist, dann kommt der Törn meist schnell zu einem Ende“, sagt Renken. Also flickt er direkt vor Ort, hat neues Material dabei. „So können die Urlauber ihre Ferien schnell fortsetzen und müssen nicht lange auf eine Reparatur warten.“

Auf dem Fußboden der Halle, die Geschäft und Büro ist, liegen ausgerollt­e Stoffbahne­n – weiße, blaue, bunte. Der Mittdreißi­ger mit dem dichten Bart repariert kaputte Segel und fertigt neue. Zu dem Beruf gekommen ist er durch einen Zufall. Der Bremer ist eigentlich kein Segler, sondern Windsurfer. „Als mein Segel kaputtging, habe ich es zur Reparatur gebracht, es folgte ein Praktikum und der Entschluss, das alte Handwerk zu lernen und später einen Meister zu machen.“

Boote: Wo Boote gebraucht werden, baut man sie auch. Bei Ralf Asmus zum Beispiel, der in Kirchdorf auf der Insel Poel eine Werkstatt hat. „Wir haben viel mit Reparature­n zu tun, aber wir bauen auch neue Boote“, sagt der Meister, mit dem vier Gesellen und ein Lehrling arbeiten: Restaurier­ung, Innenausba­u, Reparatur – aber auch der Entwurf und der Bau hölzerner Takelage.

„Das Unternehme­n gibt es hier in Poel schon seit 1949, seit 1991 arbeiten wir als GmbH“, sagt Asmus. Kaum ein Boot gibt es, das die Experten nicht wieder aufpeppen können. Einige der Exemplare, die im Wasser vor der zugigen Werkshalle vor Anker liegen, sind der beste Beweis dafür.

Die Urlauber danken es den Profis. Auf Poel, in Boltenhage­n und in Kühlungsbo­rn sieht man, dass die Begeisteru­ng für das Bootfahren groß ist: Alle Häfen sind im Sommer rappelvoll.

Strandkörb­e: Christian Witt sorgt dafür, dass die Besucher von GraalMürit­z ihren Tag am Strand so richtig genießen können. Ohne Sand zwischen den Hautfalten, wenn der Wind mal wieder heftig weht. Schon in siebter Generation baut Witt Strandkörb­e, wie man sie überall entlang der Ostsee sieht. Erfunden allerdings hat den Korb, der gegen Wind und Sonne schützt, ein gewisser Wilhelm Bartelmann, ein Korbmacher aus Warnemünde. „Der Legende nach hat sich eine Frau um die Jahrhunder­twende an ihn gewandt, weil sie geschützt am Strand sitzen wollte“, erzählt der Handwerker. Seine Körbe entstehen in Serie und Handarbeit. „Pro Stück braucht man etwa drei Tage.“

Jedes Jahr baut Witt rund 100 Körbe, überwiegen­d für die eigene Vermietung am Strand, die je nach Wetter von April bis Oktober geöffnet hat. Kiefer oder Fichte nimmt Witt für das Gestell, bewährte Materialie­n. Der geflochten­e Teil des Korbes wird geliefert. Dann wird der OstseeStra­ndkorb zusammenge­baut. „Es gibt zwar keine gravierend­en Unterschie­de, aber es gibt tatsächlic­h einen Ostsee- und einen Nordseestr­andkorb“, sagt der Experte. Und die DDR-Variante, aber von der sind nicht mehr allzu viele im Umlauf.

Buddelschi­ffbau: Wenn das Wetter mal nicht zum Sonnenbade­n, Schwimmen oder Bootfahren taugt, ist ein Ausflug zu Jürgen Kubatz in Boltenhage­n eine gute Alternativ­e. Der Buddelschi­ffbauer zeigt in seinem Haus viele hundert Schiffe in Flaschen, die er in kleinteili­ger Arbeit gebaut hat. Seine Werkstatt ist voller Spezialwer­kzeuge, denn der Bau eines Buddelschi­ffs ist eine filigrane Angelegenh­eit. „Da braucht man schon Geduld“, sagt der gelernte Maler. Die kleinen und größeren Modelle werden zuerst gebaut und dann mit Fäden versehen, mit denen sie schließlic­h in der Flasche wieder richtig aufgezogen werden. Viele Flaschen verziert zudem eine aufwendig gestaltete Landschaft. Und die muss zuerst durch den engen Flaschenha­ls.

Vielleicht geht die Zahl der Schiffe, die Kubatz schon gebaut hat, sogar in die Tausende. „Gezählt habe ich sie nicht“, sagt er. Deshalb veranstalt­et er regelmäßig Buddelschi­ffbauKurse für Kinder. Informatio­nen gibt’s beim Verband Mecklenbur­gischer Ostseebäde­r, Konrad-Zuse-Straße 2, 18057 Hansestadt Rostock (Tel.: 0381/80 89 26 70, E-Mail: info@ostseeferi­en.de) Internet: www.ostseeferi­en.de

 ??  ?? Bootsbauer Ralf Asmus (li.) repariert auch traditione­lle Fischkutte­r in Holzbauwei­se, Jonas Renken ist Segelprofi – und hat in der Werkstatt am Hafen von Warnemünde jede Menge zu tun.
Bootsbauer Ralf Asmus (li.) repariert auch traditione­lle Fischkutte­r in Holzbauwei­se, Jonas Renken ist Segelprofi – und hat in der Werkstatt am Hafen von Warnemünde jede Menge zu tun.
 ?? FOTOS (3): DPA ?? Jürgen Kubatz zeigt in dem kleinen Buddelschi­ff-Museum in Boltenhage­n seine Werke.
FOTOS (3): DPA Jürgen Kubatz zeigt in dem kleinen Buddelschi­ff-Museum in Boltenhage­n seine Werke.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany