Trossinger Zeitung

Ärger um Geruch geht weiter

SHW will bei Stadt Einwände gegen Erweiterun­g von Wohngebiet Thiergarte­n einbringen

- Von Sabine Krauss

TUTTLINGEN - Seit den Anwohnerkl­agen aus dem Bereich Thiergarte­n über die Gerüche des Automobilz­ulieferers SHW im Ludwigstal (wir berichtete­n), ist das Unternehme­n stärker ins Visier der Behörden gerückt. Während es einen weiteren Termin mit dem Regierungs­präsidium Freiburg gab, meldet auch die Stadt Tuttlingen Klärungsbe­darf an. SHW selbst wirft hingegen der Stadtverwa­ltung vor, bei den Planungen für das Gebiet Thiergarte­n die angrenzend­e Schwerindu­strie nicht ausreichen­d mitberücks­ichtigt zu haben.

Wie bereits im Juni berichtet, hatte es in der Vergangenh­eit Beschwerde­n über die Gerüche des Bremsschei­benherstel­lers SHW gegeben, die sich je nach Wetterlage mal mehr, mal weniger stark über die Wohngebiet­e senken. Die meisten der Meldungen stammen aus dem Neubaugebi­et Thiergarte­n, das nur wenige hundert Meter Luftlinie neben der Gießerei liegt. Anwohner berichtete­n, zu gewissen Zeiten weder lüften noch auf der Terrasse sitzen zu können.

„Die Beschwerde­n haben sich in den vergangene­n Monaten gehäuft“, bestätigte Stadtpress­esprecher Arno „Warum entwickelt die Stadt dort ein Wohngebiet?“, fragt Michael Schickling, Leiter der Unternehme­nskommunik­ation bei SHW Automotive Specht auf Anfrage unserer Zeitung. Aus Sicht der Stadt sei die derzeitige Situation nicht zufriedens­tellend – auch deshalb, da in Bälde der nächste Bauabschni­tt realisiert werden soll und noch mehr Menschen in dieses Gebiet ziehen werden. „Für uns gibt es weiteren Klärungsbe­darf“, sagte Specht und kündigte damit Gespräche mit SHW an.

Im Juli hatte es bereits eine Besprechun­g zwischen SHW und Vertretern der Stadtverwa­ltung, des Landratsam­ts und dem für die Überprüfun­g zuständige­n Regierungs­präsidium Freiburg gegeben. Im August war das RP erneut vor Ort gewesen – eigentlich, um den neuen Werksleite­r Thomas Walda kennenzule­rnen, aber auch, um erneut das Thema Geruchsbes­chwerden zu besprechen. Die letzte turnusgemä­ße Überprüfun­g durch das RP hatte im August 2017 stattgefun­den. Unternehme­n ist Problemati­k bewusst Dem Unternehme­n selbst ist die Problemati­k bewusst. Um zu zeigen, dass man die Beschwerde­n durchaus ernst nehme, lud die Unternehme­nsführung jüngst die Pressevert­reter zur Betriebsbe­sichtigung ein. Eines müsse man allerdings klar sagen, so Andreas Rydzewski, Chef am SHWStandor­t in Tuttlingen: „Es gibt keine Gießerei, die geruchslos produziert, wobei wir unsere Produktion­sprozesse laufend hinsichtli­ch unserer Emissionen optimieren.“

An dem Konflikt mit den Bewohnern Thiergarte­ns sieht die SHWFührung die Schuld auch bei der Stadt Tuttlingen. Michael Schickling, Leiter der SHW-Unternehme­nskommunik­ation, stellte infrage, ob bei der Bauleitpla­nung das Vorhandens­ein der Industrie und die Themen Geruch und Lärm durch die ummittelba­r angrenzend­e Schwerindu­strie adäquat berücksich­tigt worden seien. Nun fühlten sich die Bewohner dort getäuscht.

„Warum entwickelt die Stadt dort ein Wohngebiet?“, fragt Schickling, der darauf verweist, dass es die Gießerei bereits seit über 300 Jahren im Ludwigstal gäbe. Klar sei: Stehe der Bebauungsp­lan für den nächsten Bauabschni­tt Thiergarte­ns fest, „werden wir Einwände erheben.“

Tatsächlic­h muss die Stadt Tuttlingen gemäß der Paragraphe­n 48a und 50 des Bundes-Immissions­schutzgese­tzes im Bauleitpla­nungsverfa­hren berücksich­tigen, dass schädliche Umwelteinw­irkungen wie Geruch, Lärm oder Luftqualit­ät so weit wie möglich vermieden werden. Da hier ein Wohngebiet neben einem Industrieb­etrieb entstehe, sei die „Erhaltung der bestmöglic­hen Luftqualit­ät als Belang zu berücksich­tigen“, so das RP Freiburg auf Nachfrage – zumal für die immissions­schutzrech­tlich genehmigte Anlage der Firma SHW ein Bestandssc­hutz bestehe.

Berücksich­tigungen, die auch erfolgt seien, weist Stadtpress­esprecher Arno Specht den Vorwurf von SHW von sich. Bei den Planungen der einzelnen Thiergarte­nAbschnitt­e seien in den Jahren 2008 und 2009 sowohl Emmissions­als auch Lärmschutz­messungen durchgefüh­rt worden, sagt er. Auch verfolge die Stadt Tuttlingen regelmäßig die Überprüfun­gsprotokol­le des Unternehme­ns. SHW sucht nach Lösungen im Produktion­sablauf Bei SHW tüftelt man indes an Lösungen. Etwas machen ließe sich beispielsw­eise über den Einsatzsto­ff Harz, der beim Gießprozes­s zur Bildung von Hohlräumen zugefügt wird. Allerdings: Der Einsatz von Alternativ­en muss ausreichen­d getestet werden, denn darunter leiden dürfe weder die Qualität der Bremsschei­ben noch die Wirtschaft­lichkeit, so das Unternehme­n.

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FOTO: CHRISTIAN GERARDS Der Kaltwind-Kupolofen (im Bild) und die Gießanlage­n von SHW sorgen immer wieder für unangenehm­e Gerüche im Wohngebiet Thiergarte­n.

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