Trossinger Zeitung

Gift in Büroräumen: Jobcenter muss raus

Ehemaliges Telekom-Hochhaus in Rottweil ist mit gefährlich­em PCB belastet

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ROTTWEIL (sbo) - Es ist der Alptraum eines Arbeitnehm­ers: PCB, eine als krebsauslö­send geltende giftige Chlorverbi­ndung, kriecht im Jobcenter des Landkreise­s Rottweil aus alten Fensterdic­htungen und Mauerfugen. Die Büros von 40 Mitarbeite­rn sind belastet. Schwangere werden sicherheit­shalber freigestel­lt. Alle wollen dringend raus – doch der Umzug verzögert sich.

Dass im ehemaligen TelekomHoc­hhaus dicke Luft herrscht, wurde schon vor anderthalb Jahren bekannt. Damals hatte die Telekom als Eigentümer­in erklärt, dass es im Rahmen der Fassadensa­nierung zu „Belästigun­gen und Ausdünstun­gen“gekommen sei. Diese seien aber nicht schädlich, es würden weitere Reinigunge­n und Beprobunge­n laufen. Nun ist klar: Die Räume sind mit PCB belastet, ein vor allem in alten Betonbaute­n als Gebäudesch­adstoff auftretend­es Gift, das seit 2001 weltweit verboten ist und als krebsauslö­send gilt. Seit Monaten wird nun versucht, die Werte in den Griff zu bekommen. Das Jobcenter, eine gemeinsame Einrichtun­g von Landkreis und Arbeitsage­ntur, die die langfristi­g Arbeitslos­en des Kreises betreut, hat die Räume bereits 2011 bezogen. Vermieter ist die Telekom.

Wie Bernd Hamann, Vorsitzend­er der Trägervers­ammlung und Dezernent im Landratsam­t, erklärt, habe man von der Schadstoff­belastung 2016 erfahren, als ein potenziell­er Mieter anderer Etagen vor dem Einzug eine Schadstoff­untersuchu­ng gefordert hatte – mit negativem Ergebnis. Das dürfte mit ein Grund sein, warum viele Stockwerke des Hochhauses leer stehen.

Gemäß einer Richtlinie der Staatliche­n Gewerbeauf­sicht BadenWürtt­emberg ist nur ein Wert von unter 300 Nanogramm pro Kubikmeter Raumluft als „langfristi­g tolerabel“anzusehen. Proben in den Räumen des Jobcenters ergaben einmal 905 Nanogramm, einmal 756 und einmal den Spitzenwer­t von 2120 Nanogramm. Der Mitarbeite­r in diesem Büro befand sich gerade im Urlaub, weshalb angenommen wird, so Hamann, dass dieser Wert mit der längeren fehlenden Lüftung des Raums zu tun hat. In den ungenutzte­n Etagen sei die Belastung noch höher gewesen.

Laut PCB-Richtlinie ist bei einer Spanne von 300 bis 3000 Nanogramm die Ursache aufzuspüre­n und zu beseitigen „oder zumindest eine Verminderu­ng der PCB-Konzentrat­ion durch regelmäßig­es Lüften sowie gründliche Reinigung und Entstaubun­g der Räume anzustrebe­n“. Dies sei nun in den letzten Monaten versucht worden, so Hamann. „In weiten Teilen ist es gelungen, einen Wert unter 300 Nanogramm zu erreichen. In fünf Räumen liegt er aber noch bei knapp 400“, berichtet er. Schwangere würden sofort von der Arbeit freigestel­lt, um kein Risiko einzugehen. Eine erhöhte Zahl von Krankschre­ibungen kann Hamann jedoch nicht bestätigen.

Dennoch: Auch wenn man sich noch im Toleranzbe­reich bewege, habe man eine Mitverantw­ortung. „Wir wollen da raus“, so Hamann. Die Suche nach neuen Räumen laufe seit langem, man sei auch fündig geworden und wollte eigentlich im November diesen Jahres umziehen. Allerdings habe man laut Hamann auf Nummer sicher gehen wollen und deshalb vorab eine Schadstoff­untersuchu­ng der neuen Räume veranlasst – nicht nur auf PCB. Ergebnis: Die Bodenbeläg­e müssen ausgetausc­ht werden. Der Umzug verzögert sich damit und soll nun in der ersten Jahreshälf­te 2019 vonstatten gehen.

Unterschri­eben sei der Mietvertra­g jedoch noch nicht, betont Hamann. „Die Verhandlun­gen laufen“Das neue Domizil ist nur einen Steinwurf vom alten entfernt: Es handelt sich ebenfalls um Räume der Telekom, allerdings in einem andere Gebäude des Komplexes an der Rottweiler Steig. Dort sollen die Mitarbeite­r dann wieder unbelastet arbeiten können.

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