Weiterbilden in Eigenregie
Veränderte Jobprofile erfordern ständiges Lernen – Doch nicht in jedem Betrieb gibt es entsprechende Angebote
Lebenslanges Lernen ist in der heutigen Berufswelt wichtig: Durch die Digitalisierung und technische Neuerungen verändern sich auch die Jobprofile. So stehen derzeit viele Tätigkeiten auf dem Prüfstand. „Wir müssen damit rechnen, dass sich die Arbeitswelt in den nächsten Jahren stark verändert“sagt Paul Ebsen, Sprecher der Bundesagentur für Arbeit. Ein Grund mehr, sein Wissen aufzufrischen und Neues zu lernen. Und da Weiterbildungen längst nicht in jedem Betrieb Standard sind, müssen Mitarbeiter die Sache auch selbst in die Hand nehmen.
„Weiterbildung ist ja erst einmal alles, auch wenn ich mich im Internet informiere oder Sachbücher lese“, sagt Alrun Jappe von der Stiftung Warentest. Daneben gibt es eine riesige Auswahl an Kursen verschiedenster Anbieter – etwa zu Führungstechniken, Computerprogrammen oder Konfliktmanagement.
Welcher Kurs der richtige ist, hängt von der individuellen Situation ab. Drängt der Arbeitgeber darauf, dass ich mich weiterbilde, bietet aber intern keine Kurse an? Möchte ich in der Firma aufsteigen und benötige einen höheren Abschluss? „Man sollte sich genau Gedanken darüber machen, was man lernen will, und dann gezielt danach suchen“, rät Jappe. Je konkreter Anbieter Kursinhalte und Lernziele beschreiben, desto besser. Denn je nach Anbieter, Inhalt und Referent können sich Kurse qualitativ stark unterscheiden. Nachfragen lohnt sich – etwa dazu, welche Qualifikationen der Referent hat. Richtigen Zeitpunkt finden Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Fortbildung? „Eigentlich sollte man sich ständig weiterbilden“, sagt Jappe. Sinn machen die Lernangebote besonders dann, wenn man das Gefühl habe, in der Firma nicht weiterzukommen, sagt Ebsen. Er war mehrere Jahre lang als Weiterbildungsberater bei der Arbeitsagentur tätig. Je nach Lerntyp und persönlichen Wünschen sind unterschiedliche Kursangebote geeignet – so gibt es reine E-Learning-Angebote, Präsenzkurse sowie auch Mischformen unter dem Stichwort Blended Learning.
Wie viel Raum Arbeitnehmer zum Lernen bekommen, hängt vom Chef ab. Es gebe keinen generellen rechtlichen Anspruch auf Weiterbildung, betont Rechtsanwältin Nathalie Oberthür, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). „Der Freistellung und der Finanzierung muss der Arbeitgeber zustimmen.“In den meisten Bundesländern können Arbeitnehmer aber Bildungsurlaub beantragen – ihn darf der Chef nicht ohne Weiteres ablehnen. Diese Option werde bislang selten wahrgenommen, sagt Jappe. Möglicherweise, weil in manchen Unternehmen zusätzliche Fehlzeiten nicht gerne gesehen sind. Mögliche Betriebsvereinbarung Unter Umständen gibt es außerdem in der Betriebsvereinbarung Passagen, die den Wunsch nach Weiterbildung stützen. Dann können sich Beschäftigte darauf berufen. Der Betriebsrat ist die richtige Anlaufstelle. Wer beim Chef vorspricht, sollte gute Argumente parat haben. „Man muss die Vorteile für den Betrieb erklären können“, sagt Ebsen. Dabei helfe es, den Wunsch vorzutragen, dass man in der Firma vorwärtskommen oder mehr verantwortliche Tätigkeiten übernehmen möchte. Ob der Betrieb mitspielt, hängt auch von der Wirtschaftslage ab. „Momentan sind die Betriebe vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels wohl eher dazu bereit“, sagt Ebsen. Falls nicht, bieten auch Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer zahlreiche berufsbegleitende Kurse außerhalb der Arbeitszeit an.
Stimmt der Vorgesetzte dem Anliegen zu, steht die nächste Hürde an: die Finanzierung. Manche Kurse sind nicht gerade billig, schon an einem Tag können mehrere Hundert Euro fällig werden. „Die Chancen auf eine Förderung stehen gut“, sagt Katrin Schönrock, Beraterin beim Infotelefon zur Weiterbildung des Bildungsministeriums. Die Palette reicht vom Aufstiegs-BAföG über Bildungsprämie und -gutschein bis hin zu landesspezifischen Förderprogrammen. Förderungswürdige Kurse Oft sind die Förderungen auf bestimmte Zielgruppen abgestimmt. Die Bildungsprämie etwa deckt die Hälfte der Kurskosten ab. Sie beträgt maximal 500 Euro und gilt für Arbeitnehmer mit einem Jahresgehalt bis zu 20 000 Euro. Auch die Arbeitsagentur übernimmt mit dem Programm WeGebAU für manche Arbeitnehmer einen Teil der Kosten und zahlt zusätzlich an den Arbeitgeber Zuschüsse. Berufstätige erfragen am besten vorab, ob der gewählte Kurs förderungswürdig ist. Oft können sie die Kosten auch von der Steuer absetzen.
In der Regel dürfte der Wunsch nach Weiterbildung bei Arbeitgebern auf Wohlwollen stoßen. Skepsis kommt höchstens auf, wenn der Chef denkt, dass der Angestellte sich auf eine andere Stelle vorbereiten will. In solchen Fällen gebe es häufig eine Rückzahlungsvereinbarung, erklärt Rechtsanwältin Oberthür. Wenn der Mitarbeiter dann innerhalb einer vorher festgelegten Zeit kündigt, muss er das Geld für Kurse auf Kosten der Firma wieder erstatten. Infotelefon zur Weiterbildungsberatung des Bildungsministeriums: www.bmbf.de/de/servicetelefon-zur-weiterbildung1369.html; Informationen zu Weiterbildungsangeboten, Förderungsmöglichkeiten, Beratungsstellen: www.iwwb.de; Deutscher Bildungsserver, Überblick zu Förderungsmöglichkeiten: www.iwwb.de/weiterbildung.html?seite=9; Stiftung Warentest zu Förderungen unter dpaq.de/K1WAE; Bundesagentur für Arbeit zu Fördermöglichkeiten: dpaq.de/5ScLb; Bundesagentur für Arbeit, Broschüre zu Fördermöglichkeiten: dpaq.de/6xyfB