IWF-Chefin Lagarde rüffelt Trump
Französin fordert, das Handelssystem zu reparieren und nicht zu zerstören
NUSA DUA (dpa) - IWF-Chefin Christine Lagarde hat der Wirtschaftspolitik von Donald Trump und dessen Angriffen auf die eigene Zentralbank eine deutliche Abfuhr erteilt. Sie eröffnete die Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds und Weltbank am Donnerstag mit scharfer Kritik am Vorgehen des US-Präsidenten. Das System des weltweiten Handels dürfe nicht zerstört werden, sagte Lagarde zu Beginn des Treffens in Nusa Dua (Indonesien) vor dem Hintergrund einer sich abschwächenden Weltkonjunktur. Auf der Insel Bali kommen noch bis zum Samstag mehr als 30 000 Vertreter der internationalen Finanzelite zusammen – unter anderem auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), der sich mit seinen Amtskollegen der G20 berät.
Trump hatte erklärt, die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) sei wegen ihrer raschen Zinserhöhungen „verrückt geworden“. Lagarde entgegnete hierauf, Notenbank-Chef Jerome Powell und der Fed-Vorstand wirkten sehr solide und seriös. „Ich würde ihn nicht mit Verrücktheit in Verbindung bringen“, sagte die IWFChefin dem US-Sender CNBC.
Die IWF-Chefin hatte bereits zuvor betont, Zentralbanken müssten ihre Zinsbeschlüsse gemäß ökonomischen Indikatoren treffen. Wenn das Wachstum stark und die Arbeitslosigkeit extrem niedrig sei, müssten sie „die Entscheidungen treffen, die sie treffen“, betonte die frühere französische Finanzministerin. Die Fed hat in diesem Jahr schon drei Mal den Leitzins in den USA erhöht, ein vierter Schritt gilt als wahrscheinlich. Trump befürchtet offensichtlich vor den Kongresswahlen, dass der Boom in der US-Wirtschaft dadurch gebremst werden könnte. Am Mittwoch war es zu einem deutlichen Kurssturz an den US-Börsen gekommen. Trump spricht im Wahlkampf stets von Börsenrekorden während seiner Präsidentschaft.
Auch beim Streit um angebliche Wechselkurs-Manipulationen Chinas stellte sich Lagarde nicht auf die Seite Trumps. Die jüngsten Ungleichgewichte hätten viel mit dem starken Dollar zu tun, sagte sie. Im Vergleich zu einem Korb mit mehreren Währungen habe der chinesische Yuan nicht im selben Maße verloren wie zum Dollar.
Der starke Dollar und die steigenden Zinsen in den USA sind allerdings ein Problem für die Weltwirtschaft. Der IWF befürchtet etwa Kapitalabflüsse aus Entwicklungs- und Schwellenländern. Zudem könnten in US-Dollar aufgenommene Schulden für diese Staaten und dort angesiedelte Unternehmen sehr teuer werden.
Lagarde räumte einen Reformbedarf des Handelssystems unter dem Dach der Welthandelsorganisation (WTO) ein – wie schon tags zuvor deren Präsident Roberto Azevêdo. Ihre Forderung: „Repariert es, aber zerstört es nicht.“Die Regeln des Welthandels hätten allen Nationen genutzt. Weltbank-Präsident Jim Yong Kim hatte erklärt, die Welt brauche „mehr Handel, nicht weniger“. Die Globalisierung habe Millionen Menschen aus der Armut geführt. Dies müsse weitergehen.
Scholz gab sich am Rande der Tagung überzeugt, dass der deutsche Haushalt gut aufgestellt ist für eine mögliche Eintrübung der Konjunktur und gegebenenfalls wieder steigende Zinsen auch in Europa. Er bekräftigte, die Bundesrepublik stehe zum Ziel, 2019 zum sechsten Mal in Folge einen Haushalt ohne neue Schulden („schwarze Null“) aufzustellen.