In Spaichingen geht die Post nicht ab
Briefe brauchen immer länger – das nervt die Bürger
SPAICHINGEN - Die Spaichinger ärgern sich in den vergangenen Wochen immer häufiger über die Deutsche Post. Auch Bürger im ganzen Landkreis beschweren sich, dass ihre Zeitschriften, die amtliche Post und Urlaubskarten oft zu spät oder gar nicht eintreffen. An anderen Tagen stellen sie fest, dass der Briefkasten auch mal komplett leer bleibt. Die Post bleibt in dieser Sache eisern. Die Verordnung sei klar, sechs Tage die Woche wird zugestellt. In Spaichingen zeigt sich jedoch, in der Not werden Abstriche gemacht. Personalsorgen in Spaichingen „Unsere Personaldecke ist in einigen Gebieten sehr dünn“, erklärt der Pressebeauftragte der Deutschen Post in Baden Württemberg, Hugo Gimber. So auch in Spaichingen, wo es Ende September und Anfang Oktober „immer wieder zu Engpässen bei der Briefzustellung“kam. Personalausfälle hätten nicht rechtzeitig aufgefangen werden können, sodass in „einigen Gebieten nicht jeder Haushalt an jedem Werktag beliefert wurde“.
Das Ehepaar Trinkner gehört zu den verärgerten Kunden, mit denen diese Zeitung gesprochen hat. „An manchen Tagen kommt nichts, dann wieder ein ganzer Stoß“, meint Günter Trinkner. Den Mitarbeitern der Post will er keinen Vorwurf machen: „Bei uns gibt es einen neuen Zusteller, der braucht natürlich noch etwas länger.“
Seit Monaten sucht die Post in der Region über verschiedene Rekrutierungskanäle neue Mitarbeiter. Die Arbeitsbedingungen und Löhne findet Gimber dabei „alles andere als schlecht“. Entgegen dem Trend der Branche werden für Spaichingen derzeit unbefristete Vollzeit-Stellen mit einem Stundenlohn von 13,37 Euro ausgeschrieben.
Ein weiterer Streitpunkt – viele Bezirke der Zusteller wurden in diesem Jahr vergrößert. Den Vorwurf einer Mehrbelastung weist Gimber jedoch zurück: „Es geht nicht nur um die Größe des Bezirks.“So berücksichtige die Deutsche Post unter anderem die speziellen Sendungsmengen und die Strukturen der Wohngebiete.
„Der Status Quo der schlechten Arbeitsbedingungen wird beibehalten oder sogar verschlechtert“, meint hingegen Oliver Buttler von der Verbraucherzentrale BadenWürttemberg und spricht dabei vor allem die Gebietsvergrößerungen an. Aufgrund der gesammelten Beschwerden habe man aus Verbrauchersicht durchaus das Gefühl, das Unternehmen mit über 500 000 Mitarbeitern arbeite in erster Linie für die eigene Wirtschaftlichkeit. „Es gibt Berichte, dass Briefe in bestimmten Wohnabschnitten erst dann zugestellt werden, wenn sich eine lohnende Menge angesammelt hat“, erklärt Buttler. Dazu werden die Mehreinnahmen durch das stetig wachsende Paketgeschäft laut der Verbraucherzentrale kaum genutzt. „Die Post zeigt insgesamt wenig Verbesserungsbereitschaft“, so der Verbraucherschützer.
Die Frage bleibt, ob die Deutsche Post die Briefzustellung systematisch vernachlässigt. Laut Buttler achte die Aktiengesellschaft wohl verstärkt auf den Paketversand, der ist nun mal deutlich lukrativer. Darüber hinaus nehme die versandte Briefmenge durch die Konkurrenz der E-Mails immer weiter ab. Unterschiede zwischen ländlichem Raum und Metropolen gebe es dabei keine. Antworten für die Zukunft Auf der Suche nach Lösungen stellte die Deutsche Post 2017 ihr Projekt „Deine Zustellung“vor. Kunden könnten so in Zukunft wählen, an welchen Tagen sie Post erhalten möchten. Auch der Einsatz von unterstützenden Zustellrobotern wurde erprobt. Wie geht es weiter mit Zeitschriften, Briefen und Urlaubskarten? Die Politik hält weiterhin an der Dienstleistungsverordnung für die Post fest. In diesem 20 Jahre alten Leitfaden wird unter anderem die Zustellung an sechs Tagen versichert. „Wenn die Probleme zunehmen, müsste der Gesetzgeber handeln“, sagt Buttler. Jährliche Zusammenkünfte aller Interessensgruppen gibt es seit Längerem. Konkrete Vorstöße, die Gesetze zu ändern, seien derzeit jedoch nicht geplant. Ein Video sehen Sie bei www.schwaebische.de/ postaerger