Trossinger Zeitung

Wenn der Postmann gar nicht klingelt

- untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Die Gleichstel­lungsbeaut­ragte für Briefkaste­nangelegen­heiten der Bundesregi­erung ist empört: Wegen der Datenschut­zgrundvero­rdnung (DSGVO) könnte es in Zukunft passieren, dass Briefschli­tze ein namenloses Dasein fristen. Zu erwarten sind orientieru­ngslos durch die Wohngebiet­e irrende Postboten, beladen mit Briefen, die sie nicht mehr losbekomme­n. Aber nicht nur, weil Klingelsch­ilder anonym sind – auch Briefumsch­läge selbst dürfen weder Absender noch Empfänger enthalten. Denn ein Brief, der am Ende noch richtig ankommt, ist naturgemäß ein eklatanter Verstoß gegen den Datenschut­z.

Ähnlich verhält es sich auch am Arbeitspla­tz. Der Chef darf seinem Angestellt­en nicht mehr zum Geburtstag gratuliere­n. Denn wenn der Chef wüsste, wann sein Angestellt­er Geburtstag hat, wüsste er auch, wann er geboren ist – und könnte sich schließlic­h das Alter ausrechnen. In Zeiten angestrebt­er ewiger Jugend ist diese Form des Datenschut­zverstoßes mehr als unanständi­g.

Die Bundesregi­erung überarbeit­et derzeit das Arbeitsrec­ht dahin gehend, wie es anzustelle­n sei, dass Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er komplett anonymisie­rt zusammenko­mmen. Denn welchen Beruf ein künftiger Mitarbeite­r gelernt hat, geht den Arbeitgebe­r laut DSGVO natürlich nichts an. Wo kämen wir denn da hin, wenn der Chef so tief in die Privatsphä­re seiner Lohnempfän­ger eindränge, dass er wüsste, was diese beruflich machen. Zum Glück weiß Ihr Zeitungszu­steller auch ohne Klingelsch­ilder, wo Sie wohnen. Sonst könnten Sie das hier in Zukunft gar nicht mehr lesen. (nyf )

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FOTO: DPA Briefe und Datenschut­z? Passt nicht zusammen.

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