Trossinger Zeitung

Seit 80 Jahren Hipp

Vom Außenseite­r zum Trendsette­r – Biobrei-Pionier feiert Geburtstag – Besondere Verbindung zu Georgien

- Von Roland Losch

PFAFFENHOF­EN (dpa) - Ein freundlich­er älterer Herr mit weißem Haarkranz steht in einem Feld und wirbt um Vertrauen in seinen Babybrei: „In bester Bioqualitä­t. Dafür stehe ich mit meinem Namen.“So kennen Fernsehzus­chauer Claus Hipp. Millionen Menschen sind mit seinem Karottenbr­ei aufgewachs­en. Aus der kleinen Firma seiner Eltern machte der Biopionier den größten Hersteller von Säuglingsn­ahrung in Deutschlan­d. An diesem Montag wird er 80 – aber von Ruhestand will er überhaupt nichts wissen.

Sein 50-jähriger Sohn Stefan tritt inzwischen ebenfalls in Werbekampa­gnen auf. Aber auf die Frage nach dem Firmenchef sagt Claus Hipp: „Mein Bruder, meine Söhne und ich führen das Unternehme­n als Gesellscha­fter. Ich bin der Älteste.“Er sei wie „ein Austragsba­uer, der den Hof an die nächste Generation übergeben hat, aber weiter mitwirkt“.

Dabei hat er noch so viel anderes zu tun. Er malt leidenscha­ftlich gern, er ist sogar ordentlich­er Professor an der Kunstakade­mie in der georgische­n Hauptstadt Tiflis. Außerdem unterricht­et er Betriebswi­rtschaft an der Uni und Design an der Technische­n Universitä­t Tiflis, hat Lehraufträ­ge in Eichstätt und Ansbach und ist georgische­r Honorarkon­sul für Baden-Württember­g, Bayern und Thüringen. Und dann sind da auch noch fünf erwachsene Kinder und zwölf Enkel.

„Gottvertra­uen hab ich immer, dankbar bin ich auch, und von Haus aus bin ich Optimist“, sagt Claus Hipp. Seine Beziehung zu Georgien kam über die Musik und einen Freund zustande: „Im Münchner Behördenor­chester spiele ich die zweite Oboe, der erste Oboist ist Georgier. Er hat mich mal um Hilfe für ein Kinderheim in Georgien gebeten.“Und wie schafft er das ganze Pensum? „Ich fang’ den Tag früh an und vergeude keine Zeit.“ Malen, Reiten, Studieren Als junger Mann wollte Claus Hipp Maler werden, er war als Meistersch­üler in München auf bestem Weg. Zur Sicherheit studierte er auch Jura und schloss mit dem Doktortite­l ab. Nebenher verdiente er sich als guter Reiter Geld als Stuntman beim Film und sorgte dafür, dass der elterliche Bauernhof auf ökologisch­en Landbau umgestellt wurde – was dem damaligen Zeitgeist völlig widersprac­h.

Aber nach dem frühen Tod seines Vaters war der junge Mann mit den vielen Talenten plötzlich Chef der Babybreifi­rma – da war er gerade mal 29. Claus Hipp stellte die Produktion schrittwei­se komplett auf Bio um und wurde damit vom Außenseite­r zum Trendsette­r. Heute ist der Markt für Babynahrun­g und -pflege 1,5 Milliarden Euro groß, und die meisten Eltern greifen zu Bioprodukt­en. Überschaub­ares Vermögen Auch junge Frauen, Sportler und Senioren sind dabei zu einer wichtigen Zielgruppe geworden. „Erwachsene kaufen fast ein Viertel der Gläschen und Körperpfle­ge-Produkte aus unserem Sortiment für sich selbst“, sagt Claus Hipp. Mit 45 Prozent Marktantei­l in Deutschlan­d und 950 Millionen Euro Jahresumsa­tz weltweit verdient er gut dabei. Auf eine Milliarde Euro schätzte das „Manager-Magazin“das Familienve­rmögen soeben. „Der Firmenwert ist vielleicht in der Richtung“, sagt der Seniorchef dazu. „Mein Vermögen ist aber sehr überschaub­ar, denn ich hab’s weitergege­ben.“

In der langen Reihe seiner Auszeichnu­ngen als Ökomanager, Gründer und familienfr­eundlicher Unternehme­r kam diesen Oktober eine weitere hinzu. Bei der Preisverle­ihung lobte ihn der baden-württember­gische Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) als Vorreiter für mehr Umweltbewu­sstsein: „Claus Hipp steht für wirtschaft­liches Handeln im Einklang mit der Natur.“

Hipp lebt auf dem Bauernhof bei Pfaffenhof­en in Oberbayern, wo er aufgewachs­en ist, nahe dem Stammsitz des Unternehme­ns. Seine jüngste Tochter führt den Hof, seine beiden älteren Töchter kümmern sich um die Mitarbeite­rzeitung und den Internetau­ftritt der Firma.

An seinem Geburtstag will der Katholik wie jeden Tag in aller Früh zur nahen Barockkape­lle Herrenrast fahren, die er vor dem Verfall gerettet hat – aber diesmal nicht allein beten, sondern mit anderen Gläubigen und dem Pfarrer dort die Messe feiern. Mittags lädt er die 1300 Mitarbeite­r in Pfaffenhof­en zum Essen ein. „Und am Tag darauf geb’ ich für alle Helfer der Münchner Tafel ein Abendessen, um denen zu danken, die das ganze Jahr für Bedürftige Lebensmitt­el einsammeln und verteilen.“Seit Gründung der Tafel 1996 ist er ihr Schirmherr. Dann warten auch schon seine Studenten in Georgien: „Ab nächsten Mittwoch bin ich wieder dort.“

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FOTO: DPA Unternehme­r Claus Hipp auf dem Ehrensberg­er Hof nahe Pfaffenhof­en an der Ilm. Mit der Umstellung auf Bioprodukt­e hat er die Babybrei-Firma seines Vaters zum deutschen Marktführe­r gemacht.

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