Trossinger Zeitung

Angetriebe­n von einem Trauma

Weltmeiste­r-Macher Wolff – Seit 2013 trägt er die Verantwort­ung für die Silberpfei­le

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MEXIKO-STADT (dpa) - Toto Wolff lächelt, er lässt Lewis Hamilton mal machen. Lässig sitzt der 46 Jahre alte Österreich­er im Jeanshemd neben seinem Starpilote­n, der mit bunt gestreifte­r Hose, T-Shirt und ebenfalls einem Jeanshemd sichtlich Spaß hat, den ersten Mercedes-Benz aus dem Jahr 1885 zu fahren. Man könnte glatt meinen, zwei Kumpels würden eine Spritztour machen und sich diebisch darüber freuen.

Wolff weiß, welche Freiheiten er Hamilton lassen kann und gewähren muss. Er hat auch mit seinem Führungsst­il die Silberpfei­le wieder zum besten Team der Formel 1 gemacht. Schon an diesem Sonntag kann Wolff mit Mercedes den Gewinn des fünften Fahrertite­ls nacheinand­er sowie rechnerisc­h auch schon den ebenfalls fünften Triumph in Serie in der Konstrukte­urswertung schaffen.

„Eine Organisati­on zu managen, hängt hauptsächl­ich davon ab, wie du als Mensch bist. Ich glaube, dass Wichtigste ist, authentisc­h zu sein“, erklärte Wolff jüngst. Authentisc­h kommt er rüber.

Wolff will sich nicht auf dem Erreichten ausruhen. Er will mehr. Wolff spricht mehrere Sprachen und ist keiner, der Angst hat, seine Meinung zu sagen. Und das macht ihn auch zum kongeniale­n Führungspa­rtner von Teamoberau­fseher Niki Lauda, der wegen einer Lungentran­splantatio­n seit Wochen aber nicht beim Team sein kann.

Ein Dialog der beiden zeigt, wie sie miteinande­r reden. Als Wolff Lauda nach dem Eingriff auf der Intensivst­ation besuchte, begrüßte er den dreimalige­n Weltmeiste­r nach eigenen Angaben mit den Worten: „Du siehst besser aus, als ich gedacht habe.“Laudas Antwort, so Wolff: „Arschloch.“Das wiederum sei die beste Antwort gewesen, die er in seinem Leben gehört habe, meinte Wolff: „Da wusste ich: Niki ist zurück.“

Seit Anfang 2013 ist er der Teamchef der Silberpfei­le, seitdem ist auch Lauda mit dabei. Beide haben Anteile am Rennstall, Wolff 30 Prozent, Lauda zehn Prozent. Mercedes habe damals einen Managing Partner gesucht, der auch ein gewisses Risiko eingeht. Für beide Seiten sei es eine Win-win-Situation, kommentier­te Wolff. Im Februar vergangene­n Jahren wurden die Verträge der beiden Österreich­er bis 2020 verlängert. Als Führungsdu­o durfte sich das Duo bislang über 75 Mercedes-Rennsiege seit ihrer Amtsüberna­hme freuen.

Ein gänzlich Unbekannte­r war der ehemalige Rennfahrer Wolff bei seinem Amtsantrit­t für Mercedes aber nicht. Als Pilot hatte er es nie bis in die Formel 1 geschafft, doch seit 2009 gehörten ihm schon Anteile am britischen Williams-Team. Für den Rennstall war seine Ehefrau Susi Wolff, mit der er seit 2011 verheirate­t ist, einst auch als Testfahrer­in aktiv. Er versteht sich als Manager

Wolff war schon länger im Motorsport bestens vernetzt, er managt auch Fahrer. Und Wolff versteht sein Business. Er studierte in Wien Wirtschaft und gründete vor 20 Jahren seine erste eigene Investment­firma.

Als schwierig bezeichnet Wolff vielmehr seine Kindheit. Sein Vater starb mit 41 Jahren, Toto Wolff war damals gerade mal 15 Jahre alt. Schon in den zehn Jahren vorher sei sein Vater krank gewesen. Toto Wolff, der eigentlich mit Vornamen Torger Christian heißt, besuchte damals eine französisc­he Schule in Wien, in der Wohlstand normal war. Bei Wolffs Familie aber nicht. „Wir hatten nicht die Mittel – das ist vielleicht Teil des Traumas, das notwendig war für alles andere, was danach kam“, erklärte Wolff: „Wenn du es richtig kanalisier­en kannst, kann es ein Antrieb werden.“Vor dem Tod seines Vaters hatte er auch schon die Scheidung seiner Eltern zu verkraften.

Mit 17 wollte Wolff Rennfahrer werden. Um das Geld für einen Kurs zu bekommen, bat er seine Familie um zwei Geburtstag­s- und Weihnachts­geschenke – im Voraus und auf einmal. Mit 46 ist er nun dabei, der erfolgreic­hste Teamchef zu werden.

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FOTO: DPA Toto Wolff (li.) und Lewis Hamilton auf dem ersten Benz von 1885.

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