Trossinger Zeitung

Viel mehr als nur lesen

- Von Emanuel Hege

Lesen wird unterschät­zt. Man kümmert sich nicht mehr ausreichen­d um diese Fähigkeit, die man meist als Kinder gelernt, dann aber schnell als selbstvers­tändlich abgetan hat. Durch das Lesen zur Ruhe zu kommen oder sich einer Leidenscha­ft in Form von Romanen oder Fachzeitsc­hriften zuzuwenden, ist selten geworden.

Lesen im Alltag ist vor allem Stress. Mails, WhatsApp- und Kurnachric­hten – täglich häufen sich die Worte, die meist nur überflogen werden. Komplexe Texte verstehen, ist immer noch genauso wichtig, man trainiert es aber kaum. Nur noch selten führt Lesen zu größeren Zielen: Andere Ideen verstehen, die Vorstellun­gskraft erweitern oder geistig an einen anderen Ort reisen. Es geht um mehr als nur um das Lesen selbst. Projekte wie „Lesen macht stark“sind wichtig, um dieses Bewusstsei­n schon von klein auf zu stärken.

Die Entwicklun­gen der Digitalisi­erung haben zweifelsfr­ei positive Seiten, sie gefährden jedoch die Lesekompet­enz in ganz Deutschlan­d. Der renommiert­e Psychiater Manfred Spitzer benennt das Problem als „Digitale Demenz“. Ständig Nutzung von Smartphone­s – das schwächt die Lern- und Lesefähigk­eit, führt zu Ängsten und Depression­en.

Die fehlende Lesekompet­enz des Individuum­s entwickelt sich dabei zu einem Problem der ganzen Gesellscha­ft. Kultur in jeglicher Form ist vor allem eines: Text. Nicht die Art einer WhatsApp Nachricht sondern die Art, die Leseverstä­ndnis voraussetz­t. Bräuche, moralische Leitlinien, religiöse und naturwisse­nschaftlic­he Ideen – unsere ganze Geschichte ist verschrift­licht. Fehlt einem Großteil der Gesellscha­ft erst einmal die Fähigkeit Texte zu verstehen und zu verarbeite­n, entsteht eine Gefahr für das kulturelle Erbe – ganz unabhängig davon, welcher Kulturbegr­iff dabei herangezog­en wird.

e.hege@schwaebisc­he.de

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