Viel mehr als nur lesen
Lesen wird unterschätzt. Man kümmert sich nicht mehr ausreichend um diese Fähigkeit, die man meist als Kinder gelernt, dann aber schnell als selbstverständlich abgetan hat. Durch das Lesen zur Ruhe zu kommen oder sich einer Leidenschaft in Form von Romanen oder Fachzeitschriften zuzuwenden, ist selten geworden.
Lesen im Alltag ist vor allem Stress. Mails, WhatsApp- und Kurnachrichten – täglich häufen sich die Worte, die meist nur überflogen werden. Komplexe Texte verstehen, ist immer noch genauso wichtig, man trainiert es aber kaum. Nur noch selten führt Lesen zu größeren Zielen: Andere Ideen verstehen, die Vorstellungskraft erweitern oder geistig an einen anderen Ort reisen. Es geht um mehr als nur um das Lesen selbst. Projekte wie „Lesen macht stark“sind wichtig, um dieses Bewusstsein schon von klein auf zu stärken.
Die Entwicklungen der Digitalisierung haben zweifelsfrei positive Seiten, sie gefährden jedoch die Lesekompetenz in ganz Deutschland. Der renommierte Psychiater Manfred Spitzer benennt das Problem als „Digitale Demenz“. Ständig Nutzung von Smartphones – das schwächt die Lern- und Lesefähigkeit, führt zu Ängsten und Depressionen.
Die fehlende Lesekompetenz des Individuums entwickelt sich dabei zu einem Problem der ganzen Gesellschaft. Kultur in jeglicher Form ist vor allem eines: Text. Nicht die Art einer WhatsApp Nachricht sondern die Art, die Leseverständnis voraussetzt. Bräuche, moralische Leitlinien, religiöse und naturwissenschaftliche Ideen – unsere ganze Geschichte ist verschriftlicht. Fehlt einem Großteil der Gesellschaft erst einmal die Fähigkeit Texte zu verstehen und zu verarbeiten, entsteht eine Gefahr für das kulturelle Erbe – ganz unabhängig davon, welcher Kulturbegriff dabei herangezogen wird.
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