Früher Rivalen, heute Freunde
Harmonikamuseum plant Projekte mit dem anderen Harmonika-Weltzentrum Klingenthal
Harmonikamuseum plant Projekte mit Klingenthal.
TROSSINGEN - Animositäten, Spionage, Konkurrenzkampf - die Geschichte der beiden Harmonikazentren Trossingen und Klingenthal war lange von Rivalitäten geprägt. Inzwischen sind die zwei Städte freundschaftlich verbunden - und kooperienen 2019 sogar für das Klingenthaler Stadtjubiläum.
Eine Freundschaft, die seit mehr als 20 Jahren besteht, ist die zwischen Martin Häffner, Leiter des Harmonikamuseums, und Thorald Meisel, Redakteur der Klingenthaler Lokalzeitung „Freie Presse“und vielfältig in der dortigen Harmonikaszene aktiv. Meisel war am Montag zu Gast im Trossinger Museum, um gemeinsame Projekte zu planen. Anlass wird das Klingenthaler Jubiläum „100 Jahre Stadtrecht“im kommenden Jahr werden, das dort mit 100 verschiedenen Veranstaltungen begangen werden soll. „Für uns wird das der Aufhänger, im zweiten Halbjahr wieder einige große Projekte zu verwirklichen“, sagt Martin Häffner. Stadtrecht hatte Auswirkung auf Trossingen Neben einem Recherchebesuch und einer Exkursion nach Klingenthal im sächsischen Vogtland wird es eine Sonderausstellung zu den zwei großen Weltzentren der Harmonikaindustrie geben, die voraussichtlich in Klingenthal präsentiert wird. Außerdem will Häffner eine zweite, erweiterte Auflage des inzwischen vergriffenen Buches „Hohner, Seydel, Köstler, Koch und die vielen anderen noch“herausbringen, das vor 15 Jahren bereits die Harmonikafabrikanten der beiden Städte aufgriff. „Eine Neuauflage ist schon ewig geplant“, so Häffner.
Das Stadtrecht für Klingenthal ist in Trossingen auch deshalb ein großes Thema, weil Ernst Hohner diese Tatsache 1927 in Stuttgart als Argument anführte, auch Trossingen das Stadtrecht zu verleihen. Trossingen, damals Dorf, stünde sonst im Konkurrenzkampf schlechter dar, erklärte Hohner.
Derartige Wechselbeziehungen blieben über Jahre hinweg erhalten und erreichen Martin Häffner teils heute noch. Ein Trossinger names Matthias Hohner heiratete vor Jahrzehnten eine Klingenthalerin und wanderte ins Vogtland aus, wo er die Firma M. Hohner Mundharmonikas“gründete - bis die Trossinger Firma Hohner ihn zur Namensänderung zwang. Instrumente der Firma Schlott-Hohner, wie das Unternehmen fortan hieß, stellt das Harmonikamuseum aus. Und demnächst erhält Häffner Besuch von einem Nachfahren des Matthias Hohner. Dieser hatte ihn kontaktiert, um richtigzustellen, dass er nicht nur Namensvetter, sondern ein direkter Nachfahre des verarmten Zweigs der Trossinger Fabrikanten sei - und ließ sich erst durch einen von Geschichtsexperte Karl-Martin Ruff angeführten Stammbaum vom Gegenteil überzeugen.
Vor allem in Sachen Recherche arbeiten die beiden Städte gerne zusammen. So spionierte zum Beispiel Emil Schlägel drei Jahre lang, von 1930 bis 1933, für die Firma Hohner in Klingenthal und schickte wöchentlich Berichte über die dortige Industrie. „Eine tolle Quelle“, kommentiert Häffner. Meisel indessen schätzt die ausführlichen Archive in Trossingen. „Wir finden hier dank Hohner immer wieder geschichtliche Aspekte Klingenthals, die uns noch unbekannt waren“, sagt er und fügt hinzu: „Kontakte und Austausch sind eine sinnvolle Sache, und das Interesse ist da. Es gab eine Zeit, da liefen die Klingenthaler rot an, wenn der Name Trossingen fiel. Aber die neue Generation ist eine andere. Die Animositäten wie vor 25 Jahren gibt es nicht mehr.“ Einen virtuellen Stadtrundgang durch Klingenthal können Sie unternehmen unter
mein-klingenthal.de