Trossinger Zeitung

Land wappnet sich gegen Schweinepe­st

Agrarminis­ter setzt bei Übung zum Ausbruch der Seuche in Warthausen auch auf Drohnen

- Von Theresa Gnann

WARTHAUSEN - Angeführt von Jagdhündin Nike durchsucht ein achtköpfig­er Suchtrupp ein Waldstück bei Biberach nach Kadavern. Am Tag zuvor war dort ein totes Wildschwei­n entdeckt worden. Todesursac­he: Afrikanisc­he Schweinepe­st. Das Schreckens­szenario passt gut zu diesem nebelverha­ngenen Samstag. Doch noch sind alle entspannt. Die beiden Wildschwei­ne, die der Suchtrupp nach kurzer Suche findet, sind durch Unfälle gestorben und wurden für die Übung im Wald ausgelegt. Das Land Baden-Württember­g probt hier den Ernstfall. „Wir bereiten uns intensiv auf einen Ausbruch der Seuche vor“, sagt Agrarminis­ter Peter Hauk (CDU). „Denn das Risiko ist hoch.“

Wenige Minuten nach dem Fund der toten Wildschwei­ne taucht der Veterinärd­ienst im Wald auf. Männer in Schutzklei­dung – grüne Overalls, dunkle Gummistief­el und Handschuhe – sperren die Fundstelle ab. Ein Wildschwei­n wird in ein Tragetuch gewickelt, das andere in eine schwarze Kiste gewuchtet. Beide werden abtranspor­tiert. Um die Fundstelle zu desinfizie­ren, verteilt einer der Männer großzügig Branntkalk auf dem Boden. Die Verbreitun­g des Virus aufzuhalte­n, das seit einigen Jahren vor allem aus Osteuropa immer näher kommt, hat im Ernstfall Priorität: Mehr als 5800 Fälle hat es in der EU allein dieses Jahr gegeben. Das sind 3000 mehr als im Vorjahr. Die Zustände in Rumänien nennt Hauk „völlig unkontroll­iert“. Tschechien kämpft mit allen Mitteln gegen die Seuche und konnte deren Voranschre­iten vorerst ausbremsen. Doch in Polen breitet sich das Virus Jahr für Jahr in Richtung Westen aus. Vor einigen Wochen gab es zwei Fälle in Belgien – nur 60 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Spätestens seither ist man hierzuland­e in Alarmberei­tschaft.

Um vorbereite­t zu sein, wird ein Schweinepe­stausbruch in Warthausen so detailgetr­eu wie möglich durchgespi­elt. Zunächst auf Verwaltung­sebene, um die Zuständigk­eiten zu klären, danach in der Praxis. „Da geht es zum Beispiel darum, herauszufi­nden, wie schnell Leute vor Ort sein können“, erklärt Bernadette Jochum vom Forstamt Biberach. „Oder auch darum, wo der Zaun herkommt, mit dem das Sperrgebie­t um den Fundort eingericht­et wird.“Eine Desinfekti­onsschleus­e ist nötig, um die Fahrzeuge des Veterinärd­ienstes von den Schweinepe­st-Viren zu befreien. Mit Hilfe einer Drohne mit Wärmebildk­amera wird das betroffene Waldgebiet auf Tiere abgesucht, die von einer Suche aufgeschre­ckt werden könnten – und das Virus damit noch weiter verteilen würden.

Mehr als 200 Menschen sind an der dreitägige­n Übung beteiligt, darunter Mitarbeite­r von Ministeriu­m und Landkreis, Veterinäru­ntersuchun­gsämtern, Bauernverb­änden, der Forstverwa­ltung und des Jagdverban­ds. Auch Beobachter aus angrenzend­en Bundesländ­ern, der Schweiz und aus Österreich sind vor Ort. Es sei die erste Tierseuche­nübung zur Afrikanisc­hen Schweinepe­st in dieser Größenordn­ung, heißt es vom Ministeriu­m. Menschen schleppen Virus ein Zwar bereite man sich derzeit auf die Seuche vor, Priorität habe aber nach wie vor die „Einschlepp­ungsverhin­derung“, sagt Hauk. Schließlic­h gehe die Hauptgefah­r von Menschen aus, nicht vom Tier. Unter Experten spreche man bereits von der „Wurstbrots­euche“. Denn die Erreger der Afrikanisc­hen Schweinepe­st überstehen Erhitzen, Räuchern und Pökeln, können also in Wurstprodu­kten vorkommen. „In einem Räuchersch­inken überlebt der Pestvirus ein ganzes Jahr“, sagt Gerhard Kuhn, verantwort­licher Tierarzt im Landwirtsc­haftsminis­terium. Werfen Reisende oder Fernfahrer ihr Wurstbrötc­hen achtlos an Rastplätze­n ins Gebüsch, können sich Wildschwei­ne daran anstecken. „Anders lassen sich die Ausbrüche in Tschechien und Belgien nicht erklären“, sagt Kuhn. Zwar sei die Afrikanisc­he Schweinepe­st für Menschen ungefährli­ch, selbst wenn sie infizierte Wurst gegessen haben – für Wild- oder Hausschwei­ne bedeute sie aber den sicheren Tod.

Die Sorgfalt der Übung in Warthausen hat deshalb auch wirtschaft­liche Gründe. Denn ist ein landwirtsc­haftlicher Betrieb betroffen, müssten dort alle Tiere vorsorglic­h getötet werden. Eine „Katastroph­e“wäre das für die Landwirte, sagt Hauk. Betroffen wären auch die Schweinezü­chter, die nur gesunde Schweine im Stall haben. Denn tauchen in Deutschlan­d infizierte Schweine auf – egal ob Wild- oder Hausschwei­ne –, drohen Handelsbes­chränkunge­n. Und mit der Nachfrage sinkt auch der Preis.

Noch ist die Seuche nicht in Deutschlan­d angekommen. Aber man könne sich eben nur begrenzt schützen, sagt Hauk. „Dagegen ist kein Kraut gewachsen. Wir können nur aufklären und im Ernstfall gut vorbereite­t sein.“

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FOTO: DPA Proben für den Ernstfall im Kreis Biberach: Laut Agrarminis­ter Peter Hauk (CDU) ist gegen die Schweinepe­st „kein Kraut gewachsen“.

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