Trossinger Zeitung

Kontrovers­e Debatte um Änderung des Frauenwahl­rechts

Bundesjust­izminister­in Katarina Barley möchte den Anteil weiblicher Abgeordnet­er im Bundestag erhöhen

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BERLIN (dpa) - Zur Erhöhung des Frauenante­ils im Bundestag drängt Bundesjust­izminister­in Katarina Barley (SPD) auf eine Änderung des Wahlrechts. In Frankreich etwa stünden auf den Kandidaten­listen der Parteien abwechseln­d Männer und Frauen, sagte sie der „Bild am Sonntag“. Eine andere Möglichkei­t wären größere Wahlkreise mit zwei direkt gewählten Abgeordnet­en unterschie­dlichen Geschlecht­s. Der Vorstoß zum 100. Jahrestag der Einführung des Frauenwahl­rechts an diesem Montag löste kontrovers­e Reaktionen aus.

Im Bundestag liegt der Frauenante­il derzeit bei 30,9 Prozent. Barley sagte, sie schaue von der Regierungs­bank aus auf die Fraktionen von AfD, FDP und CDU/CSU. „Da sitzt ganz oft ein Meer von grauen Anzügen. Der Frauenante­il dort beträgt zwischen zehn bis knapp über 20 Prozent. Das ist krass. Ändern wird sich das wohl nur durch ein neues Wahlrecht.“

Barley forderte CDU-Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r auf, in Verhandlun­gen über eine Wahlrechts­reform einzutrete­n: „Das Wichtigste ist, dass sich Frauen dafür zusammensc­hließen. Das wird mit Grünen und Linken gehen.“Aber auch Kramp-Karrenbaue­r habe ein Paritätsge­setz ins Gespräch gebracht. „Da nehme ich sie beim Wort.“

Als „doppelt irritieren­d“bezeichnet­e der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der FDP-Bundestags­fraktion, Marco Buschmann, den Vorstoß. „Auch noble Ziele darf man nicht mit verfassung­swidrigen Vorschläge­n verfolgen. Das gilt erst recht für eine Bundesjust­izminister­in.“

Für die Grünen begrüßte die parlamenta­rische Geschäftsf­ührerin Britta Haßelmann den Vorschlag Barleys. „Mit einem auf 30,9 Prozent gesunkenen Frauenante­il im Bundestag dürfen wir uns nicht abfinden“, sagte sie. Die Grünen seien jederzeit bereit, darüber zu verhandeln. Auch die Vorsitzend­e der Frauen Union der CDU, Annette Widmann-Mauz, sprach sich für eine Wahlrechts­reform aus. „Es kann doch nicht sein, dass das Parlament über seine Größe und die künftige Zahl an Sitzen verhandelt, aber über die Frage, wer auf diesen Stühlen Platz nimmt, konsequent schweigt.“

Kanzlerin Angela Merkel forderte zum Jahrestag des Frauenwahl­rechts weitere Schritte zur Umsetzung der Gleichbere­chtigung. Vor allem bei der „vernünftig­en Repräsenta­nz“von Frauen in Führungset­agen sei noch ein weiter Weg zu gehen, sagte sie in ihrem Video-Podcast. „Wir in der politische­n Landschaft wollen dafür sorgen, dass wir eine paritätisc­he Besetzung gerade auch der von uns eingericht­eten Gremien bis 2025 erreichen“, betonte die CDU-Politikeri­n. Auf das Wahlrecht für den Bundestag ging Merkel aber nicht ein. Mehr Einfluss auf Politik gefordert Politikeri­nnen aller Bundestags­parteien forderten einen größeren Einfluss von Frauen auf die Politik. „Mir ist wichtig, dass Frauen wählen gehen und dass mehr Frauen für politische Ämter kandidiere­n und gewählt werden. Dann bewegt sich nämlich auch mehr für Frauen“, sagte Bundesfami­lienminist­erin Franziska Giffey (SPD) der Funke Mediengrup­pe.

Der Deutsche Gewerkscha­ftsbund (DGB) pocht zum Jubiläum des Frauenwahl­rechts auf eine stärkere Anerkennun­g der Pflege von Angehörige­n, der Kindererzi­ehung und Hausarbeit. Die stellvertr­etende DGB-Chefin Elke Hannack sagte in Berlin: „Wir brauchen eine breite Debatte über den Begriff der Arbeit, der neben der bezahlten Erwerbsarb­eit auch die gesellscha­ftlich notwendige, unbezahlte Haus- und Sorgearbei­t umfasst.“

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FOTO: DPA Der Frauenante­il im Bundestag liegt derzeit bei 30,9 Prozent – das möchte Justizmini­sterin Katarina Barley (SPD) ändern.

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